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Ikone

60 Jahre Kino International: Moderne Architektur trifft auf glitzernde Filmwelt

Das Kino International wurde am 15. November 1963 eröffnet. Das Gebäude war ein Ausdruck des politischen Tauwetters nach dem Tod Stalins und diente als Bekenntnis zur europäischen Moderne. Es wurde zu einem der berühmtesten Kinos der Nachkriegszeit und gilt bis heute als das vielleicht schönste Kinogebäude der Stadt. Zum 60. Geburtstag des vom bedeutenden Architekten der Nachkriegsmoderne Josef Kaiser erbauten Kino International erinnern wir mit einer Bildergalerie an die Geschichte des Hauses.


Das Kino International heute

Das Kino International. Foto: Yorck Kinogruppe/ Daniel Horn
Das Kino International. Foto: Yorck Kinogruppe/ Daniel Horn

Nach den Festlichkeiten zum runden Geburtstag beginnt der Umbau: Im Frühling 2024 wird das Kino International für eine Generalsanierung geschlossen. An dieser weltweit bekannten Ikone der Kinoarchitektur sind sechs ereignisreiche Jahrzehnte nicht spurlos vorübergegangen. Eine denkmalgerechte Renovierung wird im Inneren durchgeführt und auch die gesamte Infrastruktur und Technik aktualisiert.


Die Anfänge in der Karl-Marx-Allee

Bauarbeiten in der Stalinallee, die später zur Karl-Marx-Allee wurde, Aufnahme um 1953. Foto: Imago/frontalvision.com
Bauarbeiten in der Stalinallee, die später zur Karl-Marx-Allee wurde, Aufnahme um 1953. Foto: Imago/frontalvision.com

Vorbilder der Stalinallee waren die großen Magistralen in Moskau und Sankt Petersburg (damals Leningrad), der Klassizismus des 19. Jahrhunderts und die Bauweise von Karl Friedrich Schinkel, einem der wichtigsten Architekten des preußischen Berlin. Die neuen Gebäude sollten den Erfolg des Sozialismus widerspiegeln und suggerieren, dass bald alle Menschen so luxuriös leben würden, wenn der Sozialismus erst richtig in Fahrt käme. Das Kino International wurde zum wesentlichen Teil des gigantischen Bauprojekts.


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Die Kinos in Ost und West: Zoo Palast

Der Zoo Palast in West-Berlin, 1963. Foto: Imago/Serienlicht
Der Zoo Palast in West-Berlin, 1963. Foto: Imago/Serienlicht

Schon vor dem Mauerbau begannen Ost und West einen architektonischen Wettstreit. Im Westen entstand im Rahmen der Interbau 1957 das Hansaviertel, im Osten wurde der Alexanderplatz städtebaulich neu erfunden. Auch das Kino International hatte in diesem Sinne ein Gegenstück im Westen: Das mondäne Premierenkino und Heimstätte der Berlinale – den 1957 eröffneten Zoo Palast. Berlins beste Kinos stellen wir hier vor.


Die Eröffnung des Kino International

Kino International, 1964. Foto: Yorck Kinos

Wer die DDR nicht miterlebt hat oder während ihres Bestehens nicht dort war, kann heute noch im Kino International einen Geschmack davon bekommen, wie repräsentative Gebäude des Sozialismus von innen aussahen. Bis 1990 diente es der DDR als Premierenkino. Aus großen Panoramafenster blickt man im ersten Stock auf die Karl-Marx-Allee, die holzvertäfelten Wände im Rücken und mächtige Kronleuchter über dem Kopf. Das Kino International war gebauter Luxus-Sozialismus. Die Geschichte der Karl-Marx-Allee erzählen wir hier.


Die Fassade: „Aus dem Leben heutiger Menschen“

Detailansicht der Fassade des Kino International in der Karl-Marx-Allee, 1964. Foto: Imago/Frank Sorge
Detailansicht der Fassade des Kino International in der Karl-Marx-Allee, 1964. Foto: Imago/Frank Sorge

Das Kino passte sich architektonisch nicht ohne Grund in die Umgebung rund um den Strausberger Platz ein, schließlich entwarf der Architekt Josef Kaiser gleich gegenüber das Café Moskau und ebenso das unweit stehende Kino Kosmos. Ein besonderes Augenmerk gilt zudem dem Relief an der Außenfassade mit dem Titel „Aus dem Leben heutiger Menschen“. Berühmte DDR-Architekten stellen wir übrigens hier vor.


Kino in der DDR

Parkende Autos vor dem Kino International, 1970er-Jahre. Foto: Imago/Gerhard Leber

Das Kino International wurde als erstes Kino der DDR durch Formgebung, Materialauswahl und die Maße zu einem der erfolgreichsten Kinobauten der Nachkriegszeit. Die neuesten Defa-Filme wurden hier uraufgeführt, oft in Anwesenheit der SED-Bonzen. So auch Konrad Wolfs „Solo Sunny“ (1980), der mit 15 ausverkauften Wochen und rund hunderttausend Besucher:innen der erfolgreichste Film in der Geschichte des Kino International war.


Blicke auf Hollywood

Schlange am Kino International, 1980er-Jahre. Foto: Imago/Dieter Bauer
Schlange am Kino International, 1980er-Jahre. Foto: Imago/Dieter Bauer

Bereits vor der Wende diente das Kino International auch als Fenster zur Welt und präsentierte ausgewählte westliche Produktionen, darunter „Cabaret“ (1972) und „Jenseits von Afrika“ (1985). Im Jahr 1987 wurde der legendäre Tanz- und Liebesfilm „Dirty Dancing“ in sechs täglichen Aufführungen gezeigt und war über Wochen hinweg ausverkauft.


Mauerfall und LGBT

Militärparade zum 40. Jahrestag der DDR vor dem Kino International, 1989. Foto: Imago/Sven Simon
Militärparade zum 40. Jahrestag der DDR vor dem Kino International, 1989. Foto: Imago/Sven Simon

„Coming Out“, der erste queere Film der DDR, wurde am 9. November 1989 veröffentlicht. Als der Vorhang fiel, fiel auch die Mauer, und die Zukunft des Landes war wie das Haus weit offen. Im Jahr 1990 wurde das Kino in die Liste der Denkmäler der Stadt Berlin aufgenommen und wurde ein wichtiger Ort für die LGBT-Community. So fanden hier viele legendäre Teddy-Partys während der Berlinale statt und die regelmäßige Kinoreihe „Mongay“ zeigt immer montags queere Filme, seit mehr als 25 Jahren.


Ein Kino zwischen Ost und West

"Good Bye, Lenin!" läuft im Kino International. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg
„Good Bye, Lenin!“ läuft im Kino International. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Seit 1992 betreibt die Yorck Kinogruppe das Filmtheater und hat es seitdem als anspruchsvolles Kino mit hauptsächlich europäischem Programm positioniert. Die Auseinandersetzung mit der deutsch-deutschen Vergangenheit zieht sich wie ein roter Faden durchs Program. Zu den erfolgreichsten Filmen der Nachwende-Geschichte gehören u.a. das Stasidrama „Das Leben der Anderen“ und die Tragikomödie „Good Bye, Lenin!“.


60 Jahre Kino International: Panorama Bar

Panorama Bar in der Abenddämmerung. Foto: Yorck Kinogruppe/ Daniel Horn
Panorama Bar in der Abenddämmerung. Foto: Yorck Kinogruppe/ Daniel Horn

Zu den eindrucksvollen Räumlichkeiten gehört neben dem Kinosaal auch das Foyer und der Barbereich. Im Obergeschoss gibt es im einladenden Foyer Panoramafenster zur Karl-Marx-Allee mit schlanken goldenen Fensterrahmen. Die vier Leuchter aus Kristall stammen aus Glaswerkstätten in der Tschechoslowakei.


Das Foyer

Der Eingangsbereich. Foto: Yorck Kinogruppe/ Daniel Horn
Der Eingangsbereich. Foto: Yorck Kinogruppe/ Daniel Horn

Hollywood-Diven, lebende Legenden, Stars und Sternchen sind hier schon langgegangen, ebenso wie wohl Millionen von „ganz normalen“ Kinofans. Im Zentrum des Eingangsbereichs befindet sich eine Sitzgruppe in Form eines Rings, die mit schwarzem Leder gepolstert ist. Ein absoluter Hingucker und wesentlicher Bestandteil der eleganten Innenarchitektur.


60 Jahre Kino International: Der Zukunft zugewandt

Kino International, 2023. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Kino International, 2023. Foto: Imago/Jürgen Ritter

60 Jahre nach der Eröffnung steht das Kino International immer noch stolz an der Karl-Marx-Allee. Es fiel weder der Abrissbirne noch Spekulanten oder dubiosen Umnutzungen zum Opfer. Auch wenn sich alles drumherum verändert hat… und verändern wird: Eine spannende neue Nachbarschaft wird durch das Haus der Statistik und zusätzliche geplante Pavillons geschaffen und nach der Sanierung im Jahr 2025 wird das Kino International als kultureller Leuchtturm in alter Pracht neu strahlen.

  • Kino International Karl-Marx-Allee 33, Mitte, Programm und weitere Informationen zum Jubiläum hier

Mehr Architektur und mehr Film

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