Der Gesandte des englischen Hofes ist ein Schwarzer. Der Hofmusikant im engsten Kreis der Königin ist erkennbar schwul. Ihr zweiter Gatte auch. Und die Untertanen ihrer katholischen Majestät sind überwiegend Protestanten
Doch Maria Stuart (Saoirse Ronan), ihres Zeichens Königin von Schottland in der Zeit von 1542 bis 1567, ficht all dies nicht an. Denn im opulenten Historienfilm von Regisseurin Josie Rourke, der künstlerischen Leiterin des Londoner Donmar Warehouse Theaters, kommt Maria geradezu supertolerant und modern daher.
Mit einem multiethnischen, multireligiösen LGBT-Hof hat sie in der äußerst komplizierten politischen und theologischen Gemengelage ihrer Zeit kein Problem. Nur ihr Temperament und den eigenen Dickkopf bekommt sie nicht ganz in den Griff: So verliert sie erst den Machtkampf im eigenen Land und verwickelt sich im englischen Exil in so viele Verschwörungen gegen Königin Elizabeth I., das diese schließlich die Geduld und Maria den Kopf verliert.
Ob sich die Details dieses großen Machtkampfs im 16. Jahrhundert tatsächlich so zugetragen haben – da möchte man ja vielleicht gelegentlich eher zweifeln. Doch jede Generation macht sich von historischen Persönlichkeiten ein neues zeitgemäßes Bild: Letztlich macht es keinen Sinn, lediglich alte Gewissheiten ständig wiederzukäuen. Und so sieht der exzellent fotografierte und ausgestattete Film die forsche Maria und ihre königliche Verwandte, die hier eher zögerlich agierende Elizabeth (Margot Robbie), weniger als tödliche Konkurrentinnen denn als Schwestern im Geiste, die sich in einem Machtpoker egoistischer männlicher Berater bewähren müssen.
Maria Stuart, Königin von Schottland GB 2018, 124 Min., R: Josie Rourke, D: Saoirse Ronan, Margot Robbie, Jack Lowden, Joe Alwyn, Start 17.1.