Miniserie

„A Christmas Carol“ von Charles Dickens neu verfilmt: Grimmig und grob

Die BBC hat mal wieder Charles Dickens’ „Christmas Carol“ verfilmt, drei Stunden lang und nichts für sensible Gemüter. Die Miniserie mit Guy Pearce und Andy Serkis sieht grandios aus und hat jede Menge große Kinobilder, die Musik ist spooky und überaus passend. Und die Geschichte? Die ist ohnehin zeitlos. Die tipBerlin-Kritik zu „A Christmas Carol“.

Nichts für Zentralheizungsbesitzer: das London des Charles Dickens mit Guy Pearce als Ebenezer Scrooge in der Neuverfilmung von "A Christmas Carol". Foto: Robert Viglasky/FX
Nichts für Zentralheizungsbesitzer: das London des Charles Dickens mit Guy Pearce als Ebenezer Scrooge in der Neuverfilmung von „A Christmas Carol“. Foto: Robert Viglasky/FX

Charles Dickens’ „Ein Weihnachtslied in Prosa, oder Eine Geistergeschichte zum Christfest“ dürfte – neben den Weihnachtsgeschichten in der Bibel – zu den bekanntesten Werken über die schönste Zeit des Jahres zählen. Alleine die Wikipedia kennt 30 Verfilmungen von „A Christmas Carol“ – Parodien, Bühnen- und Hörspielfassungen nicht mitgezählt.

In der englischsprachigen Literatur ist die Hauptfigur, der knorrige Geizhals Ebenezer Scrooge, dem in der Weihnachtsnacht vier Geister begegnen, die ihn dazu bringen, sein Leben grundlegend zu ändern, so bekannt, dass er zur Vorlage für eine der berühmtesten Comicfiguren aller Zeiten wurde: Scrooge McDuck (in der deutschen Übersetzung zu Onkel Dagobert Duck geht der Gag leider verloren).

„A Christmas Carol“ ist fein besetzt und sieht grandios aus

Die alleroriginellste Idee war es also nicht, die knapp 100 Seiten lange Erzählung noch einmal zu verfilmen. Warum man sich die drei Stunden lange Neufassung trotzdem ansehen sollte? Um in der Sprache von Dickens zu bleiben: Production Values! Steven Knight („Peaky Blinders“) ist einer der ausführenden Produzenten bei „A Christmas Carol“, zusammen mit seinem Buddy Tom Hardy („Mad Max“) und der Filmlegende Ridley Scott („Alien“, „Blade Runner“, „Gladiator“).

Guy Pearce und Charlotte Riley in "A Christmas Carol". Foto: Robert Viglasky/FX
Guy Pearce und Charlotte Riley in „A Christmas Carol“. Foto: Robert Viglasky/FX

Dazu kommt eine ziemlich feine Besetzung: Guy Pearce gibt den Scrooge, Andy Serkis, Jason Flemyng und Charlotte Riley die Geister der vergangenen, zukünftigen und heutigen Weihnacht, Stephen Graham spielt Scrooges verstorbenen Partner Marley. Die Miniserie sieht grandios aus und hat jede Menge große Kinobilder, die Musik ist spooky und überaus passend.

Und die Geschichte, die sich ja eigentlich nur kritisch mit der britischen Ständegesellschaft im 19. Jahrhundert auseinandersetzte, entpuppt sich einmal mehr als zeitlos, gerade in diesem verflixten Jahr, in dem wir alle so viel verloren haben und etwas Trost brauchen können.

Sanftere Versionen findet man überall

Wer allerdings auf familienfreundliche Unterhaltung aus ist, sollte sich vielleicht doch lieber die Muppets-Version anschauen (mit einem gut aufgelegten Michael Caine als Scrooge). Oder die modernisierte 80er-Jahre-Fassung „Die Geister, die ich rief …“ (Dickens trifft Goethe, welcher Bildungsbürger hat sich das ausgedacht?), in der Bill Murray einen misanthropischen Fernsehproduzenten spielt.

Der Disney-Sender zeigt in diesen Wochen wiederholt das Dickens-Biopic „Der Mann, der Weihnachten erfand“, in dem viele Hintergrunde des „Christmas Carol“ erklärt werden. Allesamt sanftere Versionen der Geschichte, die 2019er-BBC-Fassung ist schon ziemlich „grim’n’gritty“.

Um mit den unsterblichen Worten von Charles Dickens himself zu enden: „Gott segne jeden von uns.“

Auf Sky verfügbar, ca. 170 Minuten, mehr Infos hier


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