Interview

Der Aufstieg der Giant Rooks : Gitarren für die Generation Z

Die fünfköpfige Berliner Indie-Pop-Band Giant Rooks feiert einen schier unfassbaren Aufstieg: Vor wenigen Jahren spielten sie noch für ein paar hundert Menschen, heute bringen sie mit ihrer großen Headliner-Tour Bühnen von Paris bis New York und Los Angeles zum Beben. Wir haben Frederick Rade (Leadsänger) und Finn Schwieters (Gitarre) zum Interview getroffen.

Zurzeit läuft alles rund bei den Giant Rooks. Im Uhrzeigersinn: Fred Rabe,Finn Thomas, Luca Göttner, Finn Schwieters, Jonathan Wischniowski. Foto: Joseph Kadow

Giant Rooks: Endlich die große Europa-Tournee – inklusive Berlin

Im April, nur wenige Tage vor dem Beginn ihrer großen Tour findet unser Interview mit Fred und Finn, zwei Fünfteln der Giant Rooks, per Zoom statt. Finn sitzt mit einem Kaffee in der heimelig eingerichteten Küche, bei Fred sind, wie es sich für einen Musiker gehört, Instrumente im Hintergrund zu sehen: Keyboard und Gitarre. Kaum von der USA-Tour mit Milky Chance zurück, steht nun die eigene Tour an, dutzende Konzerte in Europa und Nordamerika.

Ihre ersten Headliner-Shows in der Größenordnung: An zwei aufeinanderfolgenden Nächten spielen sie ausverkaufte Konzerte in der Berliner Columbiahalle. Sowas machen sonst Indie-Rock-Größen wie die Arctic Monkeys. Auch in New York treten sie im Mai gleich zwei Mal auf. „Wir haben 2017 unsere erste Show vor 300 Leuten gespielt“, erzählt Finn. „Ein Jahr später waren es 1.000 Menschen, und jetzt wird unsere größte Tour stattfinden mit mehreren tausend Besucher:innen.“

In der Haupstadt spielen Giant Rooks gleich zwei Konzerte

Und das, obwohl es die Band erst seit wenigen Jahren gibt. Angefangen hat alles mit den beiden Cousins Fred und Finn in ihrer ursprünglichen Heimatstadt Hamm – und dem Wunsch, Musik zu machen. Die Suche nach weiteren Bandmitgliedern verlief holprig: „Es war gar nicht so einfach, Musiker zu finden, die einen ähnlichen Geschmack haben und sich auch vorstellen können, mehrere Monate auf Tour zu sein“, sagt Fred.

Trotzdem stoßen noch drei weitere Mitglieder zu der Gruppe, sodass die Giant Rooks 2014 in ihrer heutigen Konstellation zusammenfanden. „Wir haben im Keller von meinem Papa angefangen zu spielen und machen jetzt seit acht Jahren Musik“, erzählt Finn. Damals habe es aber noch keine Texte, bloß Wortfetzen gegeben. „Es gab dann mal eine Version vom Text, aber ich war viel zu aufgeregt, um mir alles zu merken“, erzählt Fred grinsend.

Die Giant Rooks fanden sich noch während ihrer Schulzeit in Hamm zusammen, erst Jahre später zog die Band nach Berlin. Foto: Joseph Kadow

Kaum vorzustellen, denn heute sind die englischsprachigen Lyrics ein elementarer Teil ihrer Musik geworden. Ob es die Giant Rooks in dieser Anfangsphase auch mal auf Deutsch probiert haben? Nie. „Das war Intuition. Wir sind ausschließlich mit englischsprachiger Musik aufgewachsen“, erklärt Fred. Das erste Konzert spielten sie dann für ihre Eltern. „Das war natürlich auch ein bisschen naiv“, meint Fred. „Natürlich sagen die eigenen Eltern, dass ihre Kinder das ganz toll gemacht haben.“

Und doch scheinen die Eltern mit ihrer Einschätzung richtig gelegen zu haben, denn wenige Jahre später standen die ersten großen Auftritte an: 2019 gingen die Giant Rooks mit AnnenMayKantereit auf Tour – ohne bis dato selbst ein Album veröffentlicht zu haben. Der Erfolg hört nicht auf. Im gleichen Jahr räumen sie den Preis für Popkultur in der Kategorie „Hoffnungsvollster Newcomer“ ab.

Auf der gemeinsamen Tour haben Giant Rooks und AnnenMayKantereit auch zusammen musiziert und ein Cover von Suzanne Vegas „Tom’s Diner“ veröffentlicht, das in den Staaten viral ging. Auch im internationalen Vergleich können Giant Rooks also problemlos mithalten. Erst ein Jahr später, 2020, folgte dann ihr heiß ersehntes Debutalbum „Rookery“.

Was die Giant Rooks als Vorband für AnnenMayKantereit und dieses Jahr aufs Neue mit Milky Chance beweisen konnten: dass es sich wirklich lohnt, sie live spielen zu sehen. Jede Performance ist einzigartig. „Immer wenn wir wieder auf Tour gehen, verspüren wir den Drang, unsere Songs umzukrempeln für die Bühne“, erklärt Fred. Die Energie, mit der die Giant Rooks auf die Bühne gehen, elektrisiert. Manche Lieder wie „New Estate“ sind vollgepackt mit Rhythmus und guter Laune. Da kann man nicht anders, als mitzusingen und zu tanzen. Andere Stücke wie „All Good Things (Come To An End)“ sind gefühlvoll, und die Lyrics klingen nostalgisch.

Sänger Fred weiß aber nicht nur mit seiner Stimme umzugehen. Bei manchen Liedern schnappt er sich gerne zusätzlich das Schlagzeug, Rasseln oder eine Gitarre. Bei „Into your Arms“ setzt er sich sogar ganz allein ans Klavier. „Da darf ich dann kurz einen Schluck Bier trinken und ʼne Zigarette rauchen, das ist ein guter Moment“, sagt Finn. „Und natürlich, weil Freds Performance super gut ist“, schiebt er dann noch hinterher. Fred muss lauthals lachen.

Die Leere nach dem Menschenmeer

Trotz der Tour-Erfahrungen, die Giant Rooks bereits sammeln konnten, sind ihre Konzerte immer noch keine Routine. Finn erinnert sich an den bisher größten Auftritt ihrer Karriere zurück, mit 20.000 Zuschauer:innen: „Das konnte man gar nicht fassen, das war einfach ein riesiges Meer aus Menschen. Ich weiß noch, dass danach einfach nur Leere war, denn das Gefühl auf der Bühne war so krass, dass danach alle Emotionen aufgebraucht waren.“

Kein Wunder also, dass sie alle noch immer vor jedem Auftritt nervös sind. „Ich brauche immer so 30 Sekunden, in denen ich ganz allein bin, um kurz in mich zu gehen, um voll im Moment zu sein“, sagt Fred. Auch Finn brauche seine Zeit allein. Trotzdem sei es wichtig, auch einen Moment zusammen zu verbringen. „Das Ziel vor jedem Auftritt ist es, den Zustand zu erreichen, wo wir als Einheit auf die Bühne gehen“, erklärt Finn. „Wenn man das nicht tut, kann es sein, dass man es erst beim dritten Song erreicht – oder auch gar nicht“, ergänzt Fred.

Die Giant Rooks wissen wie man live Musik macht – Von der Gitarre, über das Keyboard bis hin zu Rassel und Trommel findet alles seinen Weg auf die Bühne. Foto: M.Kremer/Future Image

Zu neuer Musik können sich die beiden leider noch nicht äußern. Sie seien in den letzten zwei Jahren aber viel im Studio gewesen. „Die Songs existieren, es ist nur eine Frage, wann wir sie rausbringen“, kündigt Fred an. Bis Ende Juli sind die Giant Rooks erstmal auf Tour. Um es in Freds Worten auszudrücken: „Wir wissen noch nicht, was uns erwartet, aber wir sind maximal gespannt.“ Und wir erst.

  • Columbiahalle Columbiadamm 13, Tempelhof, Di 26.4. + Mi 27.4., 20 Uhr, 35 €, ausverkauft, gegebenenfalls Restkarten, mehr Infos hier
  • Tipp Die Giant Rooks verstecken eventuell wieder zwei Golden-Tickets irgendwo in Berlin, Updates gibt es in der Instastory von den Giant Rooks.

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