Anfang der Woche startete an den Berliner Hochschulen das Sommersemester. Es ist schon das dritte Online-Semester ohne Perspektive auf eine Öffnung der Hochschulen und eine Rückkehr an den Campus für Studierende und Dozierende. Im Öffnungsplan der Politik kommen die Hochschulen nicht vor. Wie viel perspektivloses Studium halten die Studierenden noch aus?
Studium online: Hochschulen sind kein Teil der Gesellschaft mehr
Universitäten sind eigentlich öffentliche Räume. Hier werden Meinungen gebildet, hitzige Diskussionen geführt, junge Menschen auf das Leben vorbereitet und es wird Wissen gelehrt. Die Universität soll ein Zuhause sein, ein Ort zum Wohlfühlen. Doch seit einem Jahr haben die meisten der Studierenden in Berlin ihre Hochschule nicht mehr von innen gesehen. Einige von ihnen sogar noch nie.
Es wurde zur Selbstverständlichkeit, den Weg zur Uni nur noch zwischen Bett und Schreibtisch zu bestreiten. Viele der Studierenden kommen nicht mehr aus ihrer Einraumwohnung oder ihrem WG-Zimmer heraus. Die Isolation vor dem eigenen Laptop führt vielfach zu psychischen und physischen Belastungen.
Der Austausch mit Kommiliton*innen ist ein wichtiger Teil des Studiums, der nun seit einem Jahr fast ganz wegfällt. Der gesellschaftliche Bildungsauftrag der Hochschulen kann nicht mehr gewährleistet werden, ganz zu Schweigen von der unzureichenden technischen Ausrüstung vieler Studierenden und Dozierenden.
Wo bleibt die Perspektive für die Studierenden?
Einen Ausblick auf Präsenzunterricht gibt es nicht. Mit dem Start des dritten Online-Semesters verlieren immer mehr Studierende und auch Dozierende die Hoffnung auf die Rückkehr zum normalen Hochschulalltag. Der Berliner Stufenplan für den Hochschulbetrieb unter Pandemiebedingungen hat sich seit September letzten Jahres nicht mehr geändert. Auf die Perspektivlosigkeit folgt Motivationsverlust. Viele stellen ihr Studium in Frage, einige brechen es ab. Oft auch aus finanziellen Gründen.
Viele Studierende sind am Limit. Sie finden in der öffentlichen politischen Debatte rund um die Corona-Pandemie nicht statt. Es ist viel zu normal geworden, dass sich das Studium für die meisten ausschließlich online abspielt. Ganz ungeniert werden die Universitäten geschlossen gehalten. Für viele Studierende und Dozierende scheint es der Politik wichtiger zu sein, die Mallorca-Flieger zu füllen und die Biergärten zu öffnen.
Die Initiative #nichtnuronline will aufmerksam machen
Seit einigen Wochen versucht die Initiative #nichtnuronline auf die gravierende Lage an den Berliner Hochschulen aufmerksam zu machen. Dabei fordern sie nicht die sofortige Öffnung der Berliner Hochschulen, sondern einen Dialog zwischen Politik, Hochschulleitungen und Studierenden, um die kommenden Semester zu gestalten.
Es geht um die schrittweise Rückkehr zur Präsenzlehre unter der Beachtung der Auflagen des Bundes und den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.
Im März startete die erste Demonstration der Initiative. Zusammengeschlossen aus vielen Hochschulen Berlins versammelten sich Studierende und Dozierende am 15.3.2021 vor dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität, um diese symbolisch zu versteigern. Was sei das Universitätsgebäude überhaupt noch wert, fragten sich die Demonstrierenden und verjubelten das Objekt für unter 100 Euro und zwei Flaschen Club Mate.
Natürlich ist die Debatte um die Öffnung der Universitäten groß. Problem für die Öffnungsdiskussion stellen vor allem die fast 200.000 Studierenden an den Berliner Hochschulen dar. Diese Größenordnung muss sicherlich anders beleuchtet werden als die Öffnung eines Kinosaals. Auch muss auf benachteiligte Gruppen Rücksicht genommen werden, die durch die Rückkehr in den Präsenzunterricht gefährdet würden. Wie überall lautet hier das Stichwort: Impfen!
Wie viel ist die Zukunft der jungen Erwachsenen wert?
In seiner Ansprache an die Studierenden zum Sommersemester 2021 fand Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 12. April Worte wie „Sie haben Enormes geleistet“, „Respekt“, er spricht von einer „riesigen Kraftanstrengung“ und er „verstehe die Ungeduld“. Perspektive bietet es den Hochschulen dennoch nicht. Gut ist, dass die Politik, oder zumindest der Bundespräsident in einer 25-minütigen Rede, in Kontakt mit den Studierenden zu treten versucht.
Es sei an der Zeit, dass die Solidarität der Studierenden wahrgenommen wird. Die Gesellschaft dürfe nicht mehr darüber hinwegsehen, wie die junge Generation aus der Krise der Pandemie hervorgeht, erklärte der Bundespräsident. Ein kleines bisschen Hoffnung machen diese Worte ja doch, oder?
Fahrraddemo zum gemeinsamen Start in das neue Semester und für mehr Perspektive für Studierende
Auch mit dem Start des neuen Online-Semesters lassen sich Studierende und Dozierende noch nicht ganz unterkriegen. So findet am Samstag, den 17.4., eine Fahrraddemo der Initiative #nichtnuronline statt. Es geht mit dem Fahrrad und FFP2-Maske von der Technischen Universität über die Universität der Künste bis zur Humboldt-Universität.
Um 14 Uhr startet die Demonstration am Steinplatz. Um 15 Uhr findet die Abschlusskundgebung am Bebelplatz statt. Eine kleine analoge Semesterbegrüßung soll den Studierenden helfen, auch dieses Online-Semester erfolgreich zu bewältigen.
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