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Zeitreise

Loveparade: Foto-Zeitreise durch die legendären Berlin-Jahre der Techno-Demo

Eigentlich hätte an diesem Wochenende groß gefeiert werden sollen: Der Zug der Liebe sollte den Geist der Loveparade in Berlin aufleben lassen. Deren Mitbegründer Dr. Motte ist involviert in das Projekt – das nun vorläufig um ein Jahr verschoben wurde. Denn ein Techno-Umzug in Zeiten einer globalen Krise ist nicht möglich. Zumal die Geschichte der Loveparade in Berlin eine des Erfolgs ist. Aus anfänglich 150 Teilnehmern, die unter dem Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ über den Ku’damm ravten, wurden mit den Jahren mehr als eine Million Menschen, die quer durch Berlin tanzten. Übrigens: eine echte Million Menschen, nicht die Fantasie-Millionen der Verschwörungstheoretiker*innen.

Kommt mit uns auf eine Bildreise – und freut euch auf den nächsten echten Zug der Liebe (der diesjährige wird zumindest online stattfinden).

Loveparade in Bildern – der Erfolg stellt sich schnell ein

Foto: Imago/Schneider

Stilistisch war bei der Loveparade schon immer so ziemlich alles möglich, was gefällt. Bunte Haare gehörten aber eigentlich zur Standardausrüstung – wie hier 1992. Nach drei Jahren des steten Wachstums – 1989 kamen 150 Menschen, im Folgejahr 2.000 und 1991 bereits 6.000, wurde es 1992 dann fünfstellig.

Foto: Imago/Pemax

1993 wurde der fünfte Geburtstag gefeiert – es kamen schon rund 30.000 Menschen. Die Loveparade hatte sich ihr Standing erarbeitet wurde inzwischen auch bundesweit beachtet. Sonnenblumen und knallige Farben gehörten dazu.

Foto: Imago/Tavel-Stock-Image

1994 tanzten die Demonstrant*innen noch unter der Führung eines lockeren Kollektivs – erst im Folgejahr wurde ein Verein gegründet, der sich umfassend um die Organisation kümmerte.

Eine Million Menschen an der Siegessäule – bei der Loveparade sogar wirklich

Foto: Imago/Schneider

Die Loveparade wurde zu groß für den Ku’damm, die Anwohnenden beschwerten sich über den Lärm, den Müll, verstopfte Nebenstraßen. Umzug also bis zum Brandenburger Tor – die legendären Bilder der vollen Straße des 17. Junis gingen um die Welt und manifestierten Berlin in der internationalen Wahrnehmung als eine Party-Hauptstadt. 1997 wurde die Million bei den Besucherzahlen geknackt – und unter uns: Es sah schon etwas anders aus als bei den Verschwörungstheoretiker*innen im Jahr 2020, die ähnliche Zahlen behaupteten.

Foto: Imago/Behrend

Menschen, Menschen, Menschen: Von Charlottenburg bis zum Brandenburger Tor zelebrierten die Raver*innen 1997 das Motto „Let the Sunshine In Your Heart“ – gern auch freizügig.

Foto: Imago/Heerde

Mit dem Erfolg kamen die Probleme: Nachdem die Demo für den Ku’damm zu groß geworden war, bekam sie um die Siegessäule mehr Platz – aber auch der wurde schnell sehr ausgelastet. Der angrenzende Tiergarten wurden zum Urinal zigtausender Menschen, Proteste über Müll, öffentlichen Sex und Drogenkonsum verärgerten viele. Tatsächlich hatte Berlin gut zu tun mit den Müllbergen.

Modisch extravagant bis speziell – und trotzdem kommt manches wieder

Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Wilde Frisuren, Trillerpfeifen, Glitzer und Sonnenbrille: 1999 war modisch gewöhnungsbedürftig – wobei viele Trends zurückkommen. Es kommt eben alles zurück, haben schon unsere Eltern gesagt.

Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Vorteil bei diesem Outfit: Nackt gerät nie so richtig aus der Mode.

Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Egal ob Zug der Liebe, „AfD wegbassen“ oder CSD – aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar für Jüngere, WIE voll es zur Glanzzeit der Loveparade wirklich war.

Tierische Outfits – von Kuhmuster bis ethisch fragwürdig

Foto: Imago/Müller

Die Loveparade hat die Jahrtausendwende überlebt, der vermeintliche Millenium-Bug die Computer der Techno-Produzenten verschont. Manch einer fragte sich allerdings, ob manch Outfit nicht eher ein Fehler in der Matrix war – alles Spießer, natürlich.

Foto: Imago/Rüttimann

Bei der Wahl des Outfits gab es kaum Grenzen – die Mitnahme lebender Tiere in den Techno-Dschungel war aber schon damals fragwürdig.

Die Loveparade wird Opfer ihres Erfolgs – und ist keine Demo mehr

Foto: Müller-Stauffenbger.

Auch die Wagen wurden immer aufwendiger, wie etwa dieser Wagon, der 2001 unter dem Motto der Parade „Join the Love Republic“ rollte.

Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Zwischen Zukunfts- und 90er-Ästhetik: 2001 war eine wilde Zeit.

Sex, Müll und Drogen – immer mehr Kritik an dem Event

Foto: Imago/Eisend

Diese Tänzerinnen machen 2003 Werbung für einen Kondom-Hersteller. Freie Liebe und Sex waren immer ein großes Thema der Loveparade, weiterhin auch zum Ärger der Sittenwächter, die über diverse Ausschweigungen im Tiergarten not amused waren.

Foto: Imago/Wagner

Anfang der 2000er hatte die Veranstaltung ihren Status als Demonstration verloren. Was dazu führte, dass die Anmeldeenden selbst für Müllentsorgung und andere Kosten aufkommen mussten, die bisher bei der Stadt lagen. Eine Entscheidung, die die Loveparade nachträglich beschädigte: 2003 war Schluss.

Wegzug aus Berlin, die Tragödie – und die Erinnerung der Hauptstadt

Foto: Imago/Schroth

Ein einmaliges Comeback in Berlin im Jahr 2006 war zwar mit mehr als einer Millionen Besucher statistisch ein Erfolg, verlief aber in der Hauptstadt ins Leere. Eine große Fitnesskette hatte die Führung übernommen – es gab später Probleme in der Organisation des 2007er-Events. Der Umzug ins Ruhrgebiet endete dann mit einer Tragödie. Die Loveparade 2010 in Duisburg forderte 21 Todesopfer sowie mindestens 652 Verletzte und besiegelte das Schicksal des großen Raves.

Foto: Imago/Photopress Müller.

An die Erfolge in Berlin hatte man nie anknöpfen können, die Tragödie von Duisburg beendete die Geschichte der Loveparade. Für die Hauptstadt und vor allem für Mitbegründer Dr. Motte bleibt sie aber Teil der Nachkriegsgeschichte und Ausdruck eines Lebensgefühl in den 90ern. In der alten Münze eröffnete Dr. Motte im Juli 2019 eine Ausstellung – auf dem rechten Poster ist ein Bild der allerersten Parade zu sehen. 2020 wollte er es mit dem „Zug der Liebe“ noch einmal wissen, nachdem es unter dem Namen immer wieder Anläufe gab. Die Pandemie sorgte für eine Verzögerung – es soll nun 2021 so weit sein.

Der Zug der Liebe – ein-Projekt

2019 hatte Dr. Motte, der 2020 seinen 60. Geburtstag feierte, das Projekt „Rave The Planet“ vorgestellt – auch, wie es finanziert werden soll. Derzeit ist es für Raver*innen eher schwierig, zu tanzen. Die Clubs sind auf Alternativ-Konzepte ausgewichen, selbst das Berghain wird demnächst Schauplatz einer Boros-Ausstellung. Die vielen illegalen Raves empfinden manche als Revolution – sie sind aber vor allem ein Problem. Für viele Menschen ist die Clubkultur wichtig – und deutlich mehr als Bumsen, Ballern und Berghain.

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