Behörden

Copservation: Plattform dokumentiert kontroverses Polizeiverhalten

Die Plattform Copservation geht ein wichtiges gesellschaftliches Problem an: sie hält kontroverses Polizeiverhalten im Gedächtnis. Die Idee dahinter ist simpel wie clever: Die Verantwortlichen sammeln Berichte zu dem Thema und stellen sie gebündelt zur Verfügung. Das ist insofern praktisch, da viele sonst schnell in der Informationsflut des Internets verschwinden. Entsprechend kurzlebig ist die Entrüstung, wenn es mal wieder zu einem Vorfall kommt, seien es rechte Chatgruppen, Angriffe auf Demos oder Drogen, die in Beamtennasen verschwinden. Alles passiert, alles wieder vergessen. Copservation kramt solche Erinnerungen wieder hervor und hält sie fest.

Copservation sammelt Berichte zu kontroversen Vorfällen mit Polizei-Beteiligung. Denn nicht immer laufen Verhaftungen harmlos ab. Foto: Imago/Bildgehege

Copservation: Die Polizeibeobachter

Hinter der Plattform steckt eine Gruppe Freiwilliger, deren Ziel es ist, Fälle problematischen Polizeiverhaltens zusammenzuführen. Grundlage dafür sind journalistisch aufgearbeitete Artikel, etwa von Spiegel, Zeit und Taz, eben öffentlich zugängliche Print- und Onlinemedien. Dazu zählen beispielsweise Berichte über Ermittlungs- und Disziplinarverfahren sowie juristische Verurteilungen. Die Verantwortlichen bleiben dabei stets wertfrei. Wer hingegen Polizeikritik üben möchte, bekommt so aber eine Grundlage, um Argumente zu stützen.

Denn noch immer ist es so, dass von der Polizei ausgeübte Straftaten oft nicht zur Anzeige gebracht werden. Ebenso werden Ermittlungen gegen Beamte rasch eingestellt, zeigt etwa das Zwischenergebnis einer Studie der Uni Bochum. Demnach folgt auf 86 Prozent der Fälle mutmaßlich rechtswidriger Polizeigewalt kein Strafverfahren. Nur zwei Prozent landen letztlich vor Gericht.

Weil die Erfolgsaussichten so gering sind, gehen nur wenige gegen Vorfälle aktiv vor. Und weil so wenige Fälle vor Gericht landen, verschwindet ein mögliches strukturelles Problem hinter dem Einzelfall-Narrativ, obgleich die Berichterstattung seit Jahren auf anderes hindeutet. Die Gründe dafür sind vielseitig. Korpsgeist ist ein Thema. Beamt:innen sagen nur selten gegen eigene Kolleg:innen aus, hier sprach etwa der Berliner Polizeibeamte Oliver von Dobrowolski über das Thema. Zudem ist die Staatsanwaltschaft auf Ermittlungsergebnisse der Polizei angewiesen. Mit einer externen Kontrollinstanz könnte sich das ändern, bisher gibt es sie aber nicht.

Navigation auf Deutschlandkarte: Copservation und die Frage der Einzelfälle

Die Navigation auf Copservation ist einfach: Zuerst wird eine Deutschlandkarte angezeigt, auf denen dann alle Orte markiert sind, an denen es Vorfälle gab. Wer dann zum Beispiel eine Stadt wie Berlin anklickt, bekommt eine detaillierte Ansicht und kann arealbezogen die Fälle anzeigen lassen. Diese werden dann mit einer Zusammenfassung der Vorwürfe, Ort, Zeitpunkt, Quelle und weiteren Infos dargestellt. Im Stadtbereich Berlins sind derzeit 136 einzelne Vorkommnisse archiviert, mit wachsender Bekanntheit der Plattform dürften es schnell mehr werden. Alternativ lassen sich die Einträge zum gewählten Bereich statt als Karte auch als Liste anzeigen.

Möglich ist auch, nach bestimmten Delikten zu suchen, zum Beispiel mit Rassismus in Zusammenhang stehende Fälle. So lässt sich dann etwa schnell überprüfen, ob die oft zu „Einzelfällen“ erklärten Ereignisse in diversen Polizeidienststellen wirklich so einzigartig waren. Als Recherchetool in Sachen Polizeigewalt ist das entsprechend nützlich.

Natürlich erfassen kritische Berichte kaum die Gesamtheit polizeilicher Fehltritte. Die Dunkelziffer dürfte deutlich größer ausfallen. Trotzdem ist Corpservation ein nützliches Werkzeug, um Vorfälle wieder an die Oberfläche zu holen. Das regt Diskussionen an und hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge.


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