Corona

Präsenzpflicht an Schulen aufgehoben: Senat macht’s sich leicht

Jetzt ist die Entscheidung gefallen, die Präsenzpflicht an Schulen ist (erstmal) aufgehoben. Bis Ende Februar steht es Schüler:innen frei, sich in Klassenzimmer zu setzen oder Zuhause zu bleiben. Eigentlich nichts Weltbewegendes. Für Bildungssenatorin Svenja Busse (SPD), die sich noch im vergangenen Jahr gegen Schulschließungen und Wechselunterricht aussprach, aber zumindest ein mittelgroßer Schwenk. Den hat es gebraucht. Täglich kletterten die Inzidenzen bei Kindern in immer absurdere Höhen. Eltern und Lehrende sind nervös, der Druck auf Busse wuchs. Allerdings ist die ausgesetzte Präsenzpflicht die einfachste Lösung. Vielleicht etwas zu einfach.

So leer wird es in den Klassenzimmer wahrscheinlich nur zu Schulschluss sein. Ist ja lediglich die Präsenzpflicht aufgehoben. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Keine Präsenzpflicht an Schulen, aber auch keine wirkliche Veränderung

Grundsätzlich ist es richtig, die Präsenzpflicht an den Berliner Schulen aufzuheben. Eltern können entscheiden, ob ihre Kinder Zuhause bleiben, was angesichts des Infektionsgeschehens beruhigend wirken dürfte. Lehrende könnte es wiederum entlasten, wenn die Klassenzimmer etwas leerer werden. Schüler:innen, denen die nötige Homeschooling-Ausrüstung fehlt, können zudem weiterhin am Unterricht teilnehmen. Bei einer berlinweiten Schulschließung wäre das nicht der Fall gewesen. Ist doch super.

Na ja, nicht ganz. Klar, der Senat setzt auf Freiwilligkeit, die gilt aber nur für gut Situierte. Für alle anderen herrscht weiterhin eine Präsenzpflicht, solange sie nicht den Anschluss verlieren wollen. Fair ist das nicht. Das Problem hätte eigentlich schon gelöst werden können, hätten Schulen die nötigen finanziellen Mittel für Leihgeräte bekommen. Doch nicht einmal für einen landesweiten Ausbau der digitalen Infrastruktur in Bildungseinrichtungen hat es gereicht, geschweige denn für Luftfilter.

Eigentlich wollte sich der Senat um das alles bereits im vergangenen Jahr kümmern, damals noch unter anderer Führung. Die Präsenzpflicht an Schulen aufzuheben ist also mehr eine Notlösung, noch dazu ist sie billig. Billig, weil es eben der kostengünstigste Weg ist. Weil es die drastischen Probleme schlicht nach hinten verschiebt. Und weil die Bildungssenatorin damit ihren Kurs „Wir halten die Schule offen“ weiterhin halten kann.

Linderung, aber keine Lösung

Dabei ist längst klar, dass das auf Dauer nicht funktionieren kann. Die Inzidenzen explodieren, Lehrkräfte fallen reihenweise aus, Eltern sind überfordert. Hinzu kommt der emotionale Druck für Schüler:innen. Nach einem positiven Selbsttest werden sie sofort ausgesondert und müssen schmachvoll von ihren Eltern abgeholt werden. Das allein ist bereits unangenehm, doch da muss es nicht aufhören. Auf vielen wird wahrscheinlich auch noch Wochen danach rumgehackt. Kinder können grausam sein.

Die Regelung sorgt hier für Linderung, logisch. Tun Schmerzmittel bei einem kaputten Zahn aber auch. Gezogen werden muss er irgendwann trotzdem. In dem Fall bedeutet das, dass in die Schulen investiert werden muss, der digitale Ausbau vorangebracht wird und die Klassenzimmer endlich coronasicherer gemacht werden, um in der Pandemie wirklich flexibel zu bleiben. Wäre nach rund zwei Jahren mal langsam angebracht.


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