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Neu im Kino

Die Filmstarts der Woche: Von „Whitney Houston – I Wanna Dance With Somebody“ bis „EO“

Auch kurz vor den Festtagen gibt‘s einige spannende Filmstarts: Eine Filmbiografie über einen Superstar, eine Geschichte von Aufstieg und Fall in Paris im 19. Jahrhundert, und die Lebensgeschichte eines Esels: das sind die wichtigsten Filmstarts der Woche im tipBerlin-Überblick. „Whitney Houston – I Wanna Dance With Somebody“ schildert das tragische Leben der großen Sängerin, „Verlorene Illusionen“ orientiert sich an dem berühmtesten Roman von Balzac, und „Eo“ von Jerzy Skolimowski stellt die Würde der Tiere in den Mittelpunkt.

Whitney Houston

„Whitney Houston – I Wanna Dance With Domebody“ von Kasi Lemmons. Foto: Sony

BIOGRAFIE The Voice – Die Stimme, so wurde Whitney Houston genannt. Sie erlebte eine atemberaubende Karriere, um dann ebenso atemberaubend abzustürzen. Wie erzählt man nun von so einem Leben, ohne mit dem Drogentod in der Badewanne zu enden? Vor ein paar Jahren hatte es Drehbuchautor Anthony McCarten leicht, als er im Queen-Biopic „Bohemian Rhapsody“ das Auf und Ab der Band mit dem legendären Live Aid-Konzert enden ließ. Beim Buch für „I Wanna Dance With Somebody“ muss er dagegen einige dramaturgische Volten schlagen, erzählt das Leben Houstons einerseits streng linear, rahmt die Haupthandlung allerdings mit Houstons 94er Auftritt bei den American Music Awards, der zu den Höhepunkten ihrer Karriere zählt.

Rettung vor den Dämonen: Whitney Houston war nicht zu helfen

Ein wenig schummeln er und Regisseurin Kasi Lemmons also in der Chronologie, aber wer will es ihnen verdenken? Zu spektakulär ist Whitney Houstons Stimme, ihr kometenhafter Aufstieg, der Anfang der 90er Jahre mit dem Singen der Nationalhymne beim Super Bowl und dem Mega-Kino- und Musik-Erfolg „The Bodyguard“ einen Höhepunkt fand, wie ihn wenige Künstler erleben. Danach folgte von allem zu viel: zu viel Druck, zu viele Schmarotzer im Umfeld, zu viele Drogen. Punkt für Punkt werden die wichtigen Momente in Houstons Leben abgehakt, konventionell, aber unterhaltsam, zumal Hauptdarstellerin Naomi Ackie eine überzeugende Houston abliefert. An ihrer Seite brilliert einmal mehr Stanley Tucci als ihr Entdecker Clive Davis, der versuchte, sie vor ihren Dämonen zu retten – aber scheiterte. Vor zehn Jahren starb Whitney Houston, ihre Musik ist geblieben. Und so endet ein oft mitreißendes Biopic konsequenterweise nicht mit dem Tod seiner Heldin, sondern mit einem glanzvollen, ekstatischen Moment. Michael Meyns

USA 2022; 146 Min.; R: Kasi Lemmons; D: Naomi Ackie, Stanley Tucci, Ashton Sanders; Kinostart: 22.12.

Verlorene Illusionen

„Verlorene Illusionen“ von Xavier Giannoli. Foto: Cinemien

LITERATURVERFILMUNG Der Roman „Verlorene Illusionen“ von Honoré de Balzac zählt zu den Schlüsseltexten über das 19. Jahrhundert. Zu Beginn ist Lucien, der sich mit einem im Grunde schon wertlosen Titel seiner Mutter schmückt, ein junger Mann aus der Provinz, der sich mit einer reichen Gönnerin nach Paris absetzt und dort mitten in das Gebrodel der Moderne gerät. Der Gegensatz zwischen Royalisten, also Anhängern der Monarchie und auch der vorrevolutionären Verhältnisse, und Liberalen durchzieht die ganze Gesellschaft, und ist doch für viele Figuren in Xavier Giannolis neuer Verfilmung von „Verlorene Illusionen“ nur ein Anlass zu frivolem Opportunismus. Bei den französischen Filmpreisen, den Césars, hat der Film in diesem Jahr ziemlich abgeräumt: nach 15 Nominierungen gab es Trophäen in sieben Kategorien.

Giannoli hält sich mit der Vorgeschichte in Angoulême nicht lange auf, mit der Balzac der ganzen Geschichte das wichtigste Motiv vorgibt: Denn Lucien kommt aus einer Welt der Druckerpressen, sein Metier ist von Beginn an die Vervielfältigung von Ideen. Und so geht es in „Verlorene Illusionen“ einerseits darum, wie sich ein junger Mann mit Talent, aber ohne größeren familiären Rückhalt („unser Ehrgeiziger“, wie Balzac mehrfach schreibt) in einer Welt bewegt, in der Liebe und Gefühle vor allem durch Standesregeln bestimmt werden; andererseits beschreibt Balzac am Beispiel von Lucien die Entstehung der bürgerlichen Öffentlichkeit im Schnelldurchlauf. Wobei das Verlagswesen nicht von ungefähr durch einen Mann verkörpert wird, der nicht lesen und schreiben kann. Gérard Dépardieu ist die ideale Besetzung für diesen Wüstling des Verlagswesens, eine Figur an der Kippe zwischen unwiderstehlicher Vitalität und grotesker Selbstparodie.

Xavier Giannoli macht mehr als deutlich, wie wichtig ihm die Vorlage ist: Eine Stimme aus dem Off ist in „Verlorene Illusionen“ die eigentliche Instanz, die Bilder sind häufig vor allem auch Illustrationen zu dem ausdrücklich Formulierten. Dadurch bekommt der Film ein wenig den Charakter einer Revue, eines Bilderbogens, auch einer Skizze, obwohl er mit zweieinhalb Stunden fast die Dauer eines Epos hat. Für eine tiefere Durchdringung der Motive, die „Verlorene Illusionen“ gerade auch für unser Zeitalter der sozialen Medien und der radikal beschleunigten Kommunikation bedeutsam machen, bleibt dabei nicht viel Zeit. Xavier Giannoli hat vielleicht gerade deswegen den Geist der Vorlage gut getroffen. Bert Rebhandl

F 2021; 141 Min.; R: Xavier Giannolli; D: Benjamin Voisin, Cécile de France, Jeanne Balibar; Kinostart: 22.12.

EO

„Eo“ von Jerzy Skolimowski. Foto: Rapid Eye Movies

FILMKUNST Gute Absichten haben nicht immer gute Wirkungen, das führen schon die ersten Szenen aus Jerzy Skolimowskis neuem Film vor Augen. Der graue Esel mit dem lautmalerischen und titelgebenden Namen EO lebt zwar nicht das artgerechteste Zirkusleben, aber eines, in dem er von der Artistin Kasandra umsorgt und geliebt wird. Dieser einzigen Bezugsperson wird EO von Tierschützern entrissen, und mit der „Befreiung“ aus dem Zirkus tritt der Esel eine Odyssee durch Europa an, mit verschiedensten Begegnungen mit Menschen. Von einem Bauernhof reißt er aus, landet auf einem Gestüt, wird in einer polnischen Kleinstadt erst zum Fußballmaskottchen und dann von Hooligans zusammengeschlagen. Er entgeht einem Tiertransport auf dem Weg zum Schlachthof, nur um sich als Packesel auf einer Pelztierfarm inmitten von zu Tode geängstigten Füchsen wiederzufinden. Schließlich wird er von einem jungen italienischen Priester auf der Straße aufgegabelt. Und seine Odyssee ist noch nicht vorbei.

Jerzy Skolimowski hat „EO“ als Hommage an „Au hasard Balthazar“ gedreht, doch anders als in dem Klassiker von Robert Bresson aus dem Jahr 1966 gibt es in „EO“ keine menschlichen Protagonisten, die eine Geschichte mittragen. Sie sind alle nur Nebendarsteller, die unvermittelt in das Leben des Esels eintreten und ebenso wieder daraus verschwinden. Einen Erzählstrang gibt es somit nicht wirklich, auch geredet wird nicht viel. Diese fehlende Narration wird aber kompensiert durch den beeindruckend experimentellen Einsatz von Bild und Ton; allein wegen der überwältigenden Musik und den oft surrealen, epileptischen Bildern und Kameraeinstellungen gehört „EO“ auf die große Leinwand. Paula Schöber

Polen/Italien 2022; 86 Min.; R: Jerzy Skolimowski; D: Sandra Drzymalska, Lorenzo Zurzolo, Isabelle Huppert; Kinostart: 22.12.

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