Nach beinahe 33 Jahren ist Schluss für den wohl bekanntesten Plattenladen in Ost-Berlin: Dodo Beach East schließt. Henry „Vossi“ Voss, der an der Danziger Straße 1991 schon im Vorgängerladen VoPo-Records Punk-Platten über die Theke reichte. Er zumindest bleibt uns erhalten, aber Plattenabende nach Ladenschluss? Sind nun Geschichte.
Von VoPo-Records zu Dodo Beach East: Plattenladen mit Geschichte
Gerade in diesen unsicheren Zeiten sehnt man sich nach Beständigkeit und Verlässlichkeit. Und nichts ist beständiger und ausdauernder als die gute alte Vinyl-Schallplatte, die in den vergangenen Jahren eine Renaissance erlebte.
„Und seien wir mal ehrlich, wer schaut sich schon ein winziges CD-Cover an oder blickt durch seine Musik-Dateien auf dem PC durch? Eine Plattensammlung im Regal sieht nicht nur schöner aus, da wählt man mit Bedacht“, sagte Henry Voss, den viele nur unter seinem Spitz- und DJ-Namen Vossi kennen. Seit 1991 betrieb er an der Danziger Straße 31 mit „VoPo-Records“ einen eigenen Plattenladen, der zu einer Instanz der rockenden Musikszene wurde. Der Name des Geschäfts ging auch auf das gleichlautende Label Mitte der 1990er-Jahre zurück, auf dem befreundete Punk- und Oi-Bands Sampler, Singles und Alben veröffentlichten.
Abschied auf Raten
___STEADY_PAYWALL___
2018 wurde es nach 26 Jahren ein Abschied auf Raten. Vossi musste seinen Laden an der Danziger Straße aufgeben. Seine Punkrock-Kompetenz konnte er aber noch in „Dodo Beach East“, einem Ableger des Schöneberger Plattengeschäfts „Dodo Beach“, hinüberretten, der an gleicher Stelle weitermachte. Dann kam die Pandemie, es durften höchstens Bestellungen abgeholt werden. Es lief schleppend. Das Virus wurde harmlos, alles ging seinen Weg, doch der Markt ist unnachgiebig. Der Schöneberger Betreiber beschloss dann überraschend, seine östliche Dependance bereits zum 13. Januar zu schließen. Und damit verschwindet auch der letzte Plattenladen für Gitarren- und Punkrock in der einst durch seine Subkultur bekannten Ecke in Prenzlauer Berg.
Oft schauten auch die Musiker, deren Platten hier in den Regalen stehen, auch selbst vorbei oder gaben Autogrammstunden. Wenn man Glück hat, konnte man Bela B von den Ärzten oder Arnim, den Sänger der Beatsteaks, hier antreffen. „Hier haben schon bekannte Musiker gespielt“, so Vossi. „Oft standen sie mit ihrer kompletten Band zwischen den Regalen: Muff Potter, Lokalmatadore oder auch die Berliner Rap-Crew K.I.Z und sogar Boss Hoss. Da staunten auch die Kunden“. Schauspieler Milan Peschel war Stammkunde. Immer trafen sich hier aber Gleichgesinnte und Freunde, die auf einen Schwatz vorbeikamen und bei einem Bier über Neuerscheinungen auf dem Vinylmarkt diskutierten. Entweder zog man dann anschließend zu einem Konzert einer befreundeten Punkband oder kehrte in einer der umliegenden Kneipen ein. Man wusste nie, wie diese Abende nach dem Ladenschluss enden würden. Nur dass es meist feuchtfröhlich ausging.
Vossi macht weiter
Doch Vossi macht natürlich weiter. Der Mann mit der platinblonden Wuschelfrisur steht drei Tage pro Woche bei „Dodo Beach“ in der Vorbergstraße hinterm Tresen. Und als DJ regelmäßig an den Plattentellern, zum Beispiel im Mokum oder am 20. Januar bei der „Rock Lobster“-Party im Kreuzberger Privatclub. Oder wenn ihn einer der befreundeten Musiker bucht. Nur die Abende im Plattenladen werden fehlen. Vinyl ist beständig und ein bisschen Punkrock schadet nie: Zeit, sich eine bei „Vopo-Records“ gekaufte Platte zu Hause aufzulegen.
- Dodo Beach East Danziger Str. 31, noch bis Sa 13. Januar 13–18 Uhr, Samstag ab 17 Uhr Pre-Listening-Party zum neuen Green Day-Album
- Dodo Beach Vorbergstr. 8, Schöneberg, Mi-Sa 13–19 Uhr, Fr bis 20 Uhr, online
Immer gut beraten seid ihr mit diesen Plattenläden in Berlin. Da tut sich was: Über Berlins Vinyl-Presswerke lest ihr hier mehr. Jedes Jahr im April: Beim Record Store Day wird die Schallplatte gefeiert. Die letzten Rocker im Wedding: Wir haben den Plattenladen Moondance besucht. Iro, Lederjacke, Sicherheitsnadel: Wir zeigen euch Berliner Punks in Ost und West.