Soul

Berliner Soul-Queen Joy Denalane kommt mit neuem Album ins Metropol

Trauer, Verlust, Dankbarkeit, Tod und Freiheit: Auf „Willpower“, ihrem sechsten Studioalbum, nimmt uns die Berliner Soulsängerin Joy Denalane auf eine emotionale Entdeckungsfahrt zu den Quellen der eigenen Willenskraft und trifft Rap-Legende Ghostface Killah in Wien.

Joy Denalane. Foto: Timothy Schaumburg
Joy Denalane. Foto: Timothy Schaumburg

Berliner Legende? Joy Denalane mag es lieber bescheiden

Sie lacht, als ich sie als „Berliner Legende“ anspreche, Joy Denalane mag es lieber bescheiden. Ihren 50. Geburtstag feierte die in Schöneberg geborene Kreuzbergerin (die mittlerweile schon viele Jahre im alten Westen lebt) in diesem Sommer.

Anfang Oktober erschien ihr sechstes Soloalbum: „Willpower“, Willenskraft zu Deutsch. Etwas, von dem sie in ihrem Leben sehr viel aufbringen musste. „Ich habe schon früh in der sogenannten Dominanzgesellschaft erfahren, wie es ist, unterschätzt zu werden, kategorisiert zu werden“, sagt sie. „Das hat mich früh sensibilisiert zu schauen, wie ich an mein Ziel komme, ohne mich auf halber Strecke zu verlieren, weil mein Umfeld vielleicht nicht sehen kann was meine Idee ist oder es mir nicht zutraut.“ 

Es ist vielleicht auch genau diese Resilienz, dieser unbedingte Glauben an die eigene Idee, die Denalane immer noch antreibt: „Die Leidenschaft, die ich für Musik habe und die Dringlichkeit, die ich verspüre, mich musikalisch weiterzuentwickeln und immer neue Wege zu gehen, darin finde ich immer wieder diese Willenskraft.“ Die braucht es auch: Soul gehört nicht unbedingt zu den Topsellern im deutschen Musikmarkt, noch dazu singt Denalane mal auf Deutsch, mal auf Englisch und lässt sich ungern in eine Schublade packen. „Ich mache, was mir gefällt und ich weiß, dass das ein großes Privileg ist. Aber ich glaube nicht, dass das die meisten verstehen.“  

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Joy Denalane trägt ihr Herz auf der Zunge

Müssen sie auch gar nicht, Denalane zieht ihr eigenes Ding weiter durch. Und dass ihr Weg schon der richtige ist, so viel Selbstsicherheit hat sie mit ihren fünfzig Jahren mittlerweile. Dass vor ein paar Jahren dann auch das legendäre Soul-Label Motown anklopfte und ihr 2020 erschienenes Album „Let Yourself Be Loved“ veröffentlichte, half sicherlich auch. „Ja, das war schon ein besonderer Moment für mich“, sagt sie und lächelt verschmitzt, „es war eine Bestätigung, dass das, was ich mache, nicht ganz falsch sein kann.“

Sie trägt ihr Herz auf der Zunge. Das ist vielleicht das Berlinerischste an ihr, auch wenn ihr Sound, melancholischer und doch kraftvoller Soul, keiner ist, für den Berlin unbedingt bekannt wäre. Doch ihre ehrliche, direkte Art auch über unangenehme und schmerzhafte Erfahrungen im Leben zu sprechen und zu singen, wie etwa über den Tod ihres Vaters in dem ihm gewidmeten Song „Happy“, spiegelt ihre berlinerische Offenherzigkeit. In „Happy“ geht es um die Widersprüchlichkeit von Trauer, darum, sich glücklich zu schätzen, das Leben mit einem besonderen Menschen verbracht haben zu dürfen – auch wenn dies Worte sind, die erstmal anecken können, die sich zu widersprechen scheinen. 

Joy Denalane: „Ich bin Berlinerin durch und durch“

„All das, was ich verkörpere – als Mensch, als Frau, als Musikerin – ist natürlich sehr berlinerisch“, so Denalane, „ich würde sagen, ich bin Berlinerin durch und durch. Die Berliner:innen an sich tragen doch ihr Herz sehr auf der Zunge, sind etwas laut für andere Mentalitäten in Deutschland, wir sind schon ehrlich, nicht immer so ganz genau, dafür tolerant, und ich empfinde uns als einfach handlebar. Für andere Mentalitäten sind Berliner:innen vielleicht ein wenig zu offen und zu direkt. Ich sage was ich denke – man muss doch auch mal zum Punkt kommen!“

Sie lacht wieder breit, erinnert sich an Situationen, wie Musiker:innen aus anderen Teilen Deutschlands von so viel Ehrlichkeit überfordert schienen. Mit ihren über dreißig Jahren Erfahrung in der Musikindustrie gab es solche Situationen sicherlich mehr als einmal. Doch ohne Splitter und Schrammen kommt man nicht durchs Leben, wie sie in dem Song „Fly By“ erzählt. Und heute kann sie darüber lachen.

Ganz anders aber war da ihre Erfahrung mit der US-amerikanischen Rap-Legende Ghostface Killah, seines Zeichens Gründungsmitglied des Wu-Tang Clan, der auf dem schon erwähnten zentralen Titel „Happy“ ein Feature beisteuert. „Als ich diesen Song geschrieben habe, habe ich einfach sofort an Ghostface gedacht“, sagt Denalane, „er ist einfach ein unglaublich guter Storyteller und ich liebe seine Stimme!“ Da spricht nicht nur die Künstlerin, sondern auch ein lebenslanger Wu-Tang-Fan. „Das war seit langem ein Traumfeature und es war auch eine tolle Begegnung. Wir haben uns im Studio in Wien getroffen, ich habe ihm diesen Song gezeigt und er war schon sehr berührt und hat sich unglaublich viele Stunden Zeit genommen, diesen Text zu schreiben. Das war eine tolle, tiefe Begegnung.“ Berührende Tiefe: so könnte man auch „Willpower“ beschreiben. Zum runden Geburtstag hat sich Denalane eines der vielleicht besten Alben ihrer Karriere geschenkt. Eines ihrer ehrlichsten auf jeden Fall.

  • Platte: Joy Denalane Willpower“ (Four Music),
  • Konzert: Metropol Nollendorfplatz 5, Schöneberg, Fr 17.11., 20 Uhr, VVK 45 €, Tickets gibt es hier

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