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K-Pop in Berlin: Wer sind die Fans und wo trifft man sie an?

K-Pop, also Pop-Musik aus Südkorea, ist ein weltweites Phänomen. Doch wer ist die K-Pop-Community in Berlin, wo trifft man die Fans an und was macht die Kultur eigentlich für sie aus? Wir trafen Fans bei Fantreffen in Bubble-Tea-Läden, unterhielten uns mit einer K-Pop-Dance-Crew und den Organisatorinnen von Tanztreffen auf dem Alexanderplatz.

K-Pop in Berlin: Die Boyband Ateez im Februar 2023 in der Mercedes-Benz Arena. Foto: KQ Entertainment

K-Pop in Berlin: Bubble-Tea-Läden als Treffpunkte

Anfang April trafen sich im Tudo am Alex Fans von NCT Dream. Obwohl es ein verregnetes Wochenende war, standen die Fans lange draußen an, um noch in den Bubble-Tea-Laden reinzukommen. Wer einen Bubble Tea kaufte, erhielt eine Goodie Bag mit Fotos, Postkarten und Aufklebern der südkoreanischen Superstars. Der gesamte Laden war entsprechend geschmückt, man konnte über sein Lieblingsalbum abstimmen oder sich vor einer neongrünen Fotowand mit dem Schriftzug „7DREAM“ fotografieren. In einer anderen Ecke gab es Alben und Lightsticks. Ein Merchandise-Traum für alle K-Pop-Fans.

Bubble-Tea-Läden sind schon längst ein Treffpunkt für Anime-, Manga- und K-Pop-Fans. Für sie gehört das in Asien erfundene Süßgetränk mit den kleinen Bubbles und in verschiedenen Geschmacksrichtungen einfach dazu. Auch in diesem Sommer gibt es in Berliner Bubble-Tea-Läden wie The Alley in Mitte oder Charlottenburg neue Sorten, zum Beispiel die Smooth Taro Series. Das Tudo mit Standorten am Alex und am Zoo feiert gerade vierten Geburtstag. 

K-Pop und Bubble-Tea-Läden gehören also einfach zusammen. Hier kann man Mangas lesen, K-Pop hören und sich mit anderen Fans austauschen. Viele K-Pop-Veranstaltungen wie Dance Contests oder Fan-Treffen finden hier statt. Auch das koreanische Kulturzentrum am Potsdamer Platz bietet Veranstaltungen für K-Pop- und Korea-Fans an. Mitte Juni fand dort die K-Pop-Party in Zusammenarbeit mit den World Special Olympics statt. Apropos Partys: Berlin ist nicht nur für seine Techno-Partys bekannt, sondern hosted auch K-Pop-Partys, etwa im A Seven am Alexanderplatz.

Das Bubble Tea Café Tudo feiert seinen vierten Geburtstag mit Special-Edition-Bechern: Der Andrang war groß. Foto: Tudo
Das Bubble Tea Café Tudo feiert seinen vierten Geburtstag mit Special-Edition-Bechern: Der Andrang war groß. Foto: Tudo

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K-Pop: Perfekt produziert, glänzend und massentauglich

Hinter dem Fan-Treffen im Tudo am Alex stecken Aylin, Ally und Mo von K-Pop Events Berlin, wie sie sich auf Instagram nennen. Sie organisieren seit 2020 solche Veranstaltungen vor oder nach K-Pop-Konzerten und zu Geburtstagen von K-Pop-Stars. Neben dem Spaß und gelebter Fankultur geht es auch darum, sich zu vernetzen, in Berlin und deutschlandweit, denn was sie alle verbindet, ist die Leidenschaft für die südkoreanische Popmusik. Seit den 1990er-Jahren existiert K-Pop, der sich aus dem japanischen J-Pop entwickelte und für perfekt produzierten, glänzenden und massentauglichen Pop aus Asien steht. Die Musik ist längst ein weltweites Phänomen, die Konzerte von Bands wie Blackpink, die im Dezember 2022 in Berlin waren, Stray Kids oder BTS sind in Sekunden ausverkauft. „2022 waren acht der zehn meistverkauften Musikalben weltweit Alben von K-Pop-Gruppen“, weiß Wikipedia. Ein Riesengeschäft also und kein Wunder, dass das Phänomen auch in Berlin für Furore sorgt.  

„Diese Art von Fan-Events gab es früher selten in Deutschland, wir wollten das ändern“, erzählt Ally. Auch die älteren Fans, die sich an die Zeiten vor dem Erfolg von Psy und dessen Megahit „Gangnam Style“ oder dem Durchbruch  von BTS und Blackpink erinnern, wissen, wie wichtig solche Aktionen für die Fangemeinde sind.

Volles Programm beim NCT Dream Fantreffen im Tudo, kurz bevor das Konzert in der Mercedes Benz-Arena stattfand. Foto: Josephine Bährend
Volles Programm beim NCT Dream Fantreffen im Tudo, kurz bevor das Konzert in der Mercedes Benz-Arena stattfand. Foto: Josephine Bährend

K-Pop wird zum Mainstream

„Anfangs war das aufgrund ihrer Größe eine eng verflochtene Community. Alle kannten sich. Man sah fast immer die gleichen Gesichter“, erklärt K-Pop-Fan Vladi im Tudo. Da es damals nicht viele Fans gab, brachten gemeinsame Aktivitäten die Leute zusammen. Es entstanden Freundschaften, man ging koreanisch essen, schaute K-Dramas oder Shows der Lieblingsbands an. „Sowas schweißt zusammen und es entstehen wertvolle Beziehungen, besonders, wenn man für andere Leute wegen seiner ‚komischen’ Interessen als anders gilt“, sagt sie. Momo, ein Freund von Vladi, ergänzt: „K-Pop hat mir auch das Gefühl gegeben, dass es okay ist, anders zu sein.“

Doch der Erfolg der koreanischen Bands änderte alles. „Die Menschen werden ohne Umwege auf bekannte Gruppen aufmerksam gemacht und die Neugier verleitet einen dazu, sich näher mit dem Thema auseinanderzusetzen“, sagt Vladi. Und natürlich gibt es mehr als bloß die „catchy Songs“, die K-Pop bietet. K-Pop ist ein facettenreiches Genre geworden. Damals setzte es sich noch aus westlicher und japanischer Musik zusammen. Mit der Zeit entwickelte man in Südkorea aber einen eigenen Stil – und daraus eine Industrie. Die „Hallyu“ – die Welle, wie die Ausbreitung von K-Pop-Musik heißt – überrollte ab den 2000er-Jahren den Planeten.

Melike, Ella und Lisa von KMUSIC Berlin veranstalten Random Dances auf dem Alexanderplatz. Foto: KMUSIC Berlin
Melike, Ella und Lisa von KMUSIC Berlin veranstalten Random Dances auf dem Alexanderplatz. Foto: KMUSIC Berlin

Vladis Weg in die K-Pop-Community sah um 2010 noch ganz anders aus als so mancher Fanweg heute: Sie war bereits Fan von Animes und Mangas und gelangte über einen Anime-Blog zu der Musik. Doch was macht die koreanische Popmusik eigentlich aus und weshalb begeistert sie auch Menschen, die vorher nicht viel über Korea wussten? Natürlich ist die Musik „catchy“, die Balladen rühren zu Tränen, während die schnelleren Titel zum Tanzen und Mitsingen ermutigen und gute Laune verbreiten. So ähnlich dürfte es Fans von britischen oder US-amerikanischen Boybands wie One Direction oder Backstreet Boys auch gehen. Für K-Pop-Fans ist es aber noch viel mehr.

Ally von K-Pop Events Berlin erklärt es so: „Es sind nicht nur singende Männer und Frauen, die einfach gute Musik produzieren. Sie geben dir das Gefühl, dass du nicht unwichtig bist und dass jeder Mensch wertvoll ist.“  Vladi geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt, dass das Fan-Sein mit einer intensiven Bindung zu den eigenen Favorit:innen einhergeht. Laut ihr geben die Idols, wie die K-Pop-Stars bezeichnet werden, den Fans eine enorme Kraft, sodass sie „jede einzelne Sekunde des Tages“ mit der Musik verbringen und sich mit den Bands beschäftigen möchten. 

„K-Pop ist bunt, es ist Vielfalt, es sind umfassende Choreografien und aufwändige Musikvideos, K-Pop ist die Fangemeinde an sich“, beschreibt es Lisa im Rahmen eines K-Pop-Events in Berlin. „Ich mag an K-Pop das ganze Drumherum, das Sammeln der Alben, die Musikvideos, die Tänze, die man lernen kann, die Konzerte, das Merchandise und dass man sich mit anderen Fans drüber austauschen kann.“

K-Pops Schattenseiten: Trainieren bis zur Perfektion

Sich über die Faszination austauschen, das tun auch Ella, Lisa und Melike, die in Berlin hinter einigen „K-Pop Dance Contests“ stehen. Sie gründeten 2017 die Initiative KMUSIC Berlin und haben seitdem sieben K-Pop-Feste veranstaltet, zu denen zwischen 200 bis 400 Fans kamen. Unterstützung erhalten sie dabei vom JugendAktionsRaum Alexanderplatz, kurz JARA. Gemeinsam veranstalten sie Random Dances und Tanzwettbewerbe, bei denen sowohl Solist:innen als auch Gruppen K-Pop- Choreos von verschiedenen Bands aufführen. „Beim K-Pop-Fest geht es darum, dass die Community ihre Leidenschaft zur Musik und zum Tanz ausleben kann, ohne Gebühren oder starken Druck, dafür aber mit viel Unterstützung und in einem angenehmen Klima“, erklären die drei.

Die Berliner Tanz-Crew Serenity tat sich 2021 zusammen, um am K-Pop World Festival Berlin teilzunehmen; einem internationalen Tanzfestival organisiert vom koreanischen Außenministerium. Serenity erkämpften sich damals den zweiten Platz. Ein großer Erfolg für die Berliner K-Pop-Community.

Nina spricht im Namen der Gruppe mit uns und versucht, ihre Beziehung zu K-Pop zu beschreiben. „K-Pop ist für mich eine Art Kunst“, sagt sie, „man erkennt die Arbeit, die in die Songs und Projekte der Artists eingeht, und schätzt es wert, wie sehr diese Menschen an ihren Träumen arbeiten.“ Es geht ihr dabei auch um die Anforderungen, die von der Branche an die K-Idols gestellt werden. Darum, wie sie ausgebildet werden, wie sie debütieren und welcher Druck auf ihnen lastet. „Perfektion wird im K-Pop großgeschrieben“, erklärt sie. Viele junge Menschen gäben ihre Kindheit auf, um schon in jungen Jahren von einem der großen Musik-Entertainments, wie YG Entertainment, SM Entertainment, Big Hit und weiteren, in Südkorea entdeckt und unter Vertrag genommen zu werden.

Ney, Naya, Chacki, Nina, Loan, Duy und Sophia stecken hinter der Dance Crew Serenity. Foto: Kristof Nikifor Kristiforovits
Ney, Naya, Chacki, Nina, Loan, Duy und Sophia stecken hinter der Dance Crew Serenity. Foto: Kristof Nikifor Kristiforovits

Denn hinter dem, was sich die Fans auf Konzerten, in Musikvideos, Shows und vielem mehr anschauen, steckt jahrelanges Training. Die Zeit und Energie, die die Trainees, wie sie anfangs genannt werden, in ihre Ausbildung stecken, sind enorm. Nur die Besten kommen weiter und können dann als Band debütieren. Es gibt Unterricht in verschiedenen Sprachen, wie zum Beispiel Englisch, Japanisch und Chinesisch, sowie natürlich Tanz- und Gesangsunterricht. Für jede Performance, jedes Lied, jedes Album gibt es ausgeklügelte Konzepte, es werden teure Musikvideos gedreht, ausgefallene Kleidung getragen, komplizierte Choreos präsentiert, die bei einigen Bands erst einmal mit mehr als zehn Personen bis zur Perfektion einstudiert werden müssen. Den einzelnen Bandmitgliedern wird eine bestimmte Rolle zugeteilt: Der Leader, der Jüngste (Maknae), der Lead Vocal, der Visual, der Rapper, der Tänzer. Nichts ist dem Zufall überlassen.

Dass dabei nicht alles perfekt läuft, wie es gerne vorgegeben wird, erkennt man an der immer wieder aufkommenden Kritik an dem System K-Pop. Die Idols stehen unter einem gewaltigen Leistungsdruck, der sich auch auf die psychische Gesundheit auswirkt. Sowohl unter den Fans als auch unter den Künstler:innen gab es Suizide, wie im Fall des erst kürzlich verstorbenen Moon Bin von der Boyband Astro oder dem 2017 verstorbenen Kim Jonghyun von der Band SHINee. 

„Persönlich würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass Idole für ihre Musik und ihr Können gefeiert und gestützt werden, unabhängig des Gewichts oder Aussehens, und dass die Privatsphäre von Idolen mehr respektiert wird“, sagt Nina.  

Ein K-Pop Random Dance Contest am Neptunbrunnen, veranstaltet von KMUSIC Berlin. Foto: KMUSIC Berlin
Ein K-Pop Random Dance Contest am Neptunbrunnen, veranstaltet von KMUSIC Berlin. Foto: KMUSIC Berlin

Trotz der Schattenseiten ist der Triumph von K-Pop in der Welt, und auch in Berlin, überwältigend. Dafür stehen die ausverkauften Arenen, die die Bands auch in Berlin füllen. Noch vor zehn Jahren wurden K-Pop-Konzerte in kleinere Venues wie dem Columbia Club gebucht. Heute finden sie zumeist in der gut 20-mal größeren Mercedes-Benz Arena statt.

Es ist heute wesentlich leichter, seiner K-Pop-Leidenschaft nachzugehen. „Als ich 2015 erstmals mit der K-Pop-Community zu tun hatte, war es eher eine introvertierte Stimmung. Wir blieben unter uns, mit der Befürchtung, dass wir, wenn wir anderen zeigen, dass wir K-Pop mögen, aufgezogen werden“, gibt Nina zu. 

Die Community ist selbstbewusst

Dass K-Pop heute akzeptierter und weit verbreitet ist, läge laut der Tänzerin an den sozialen Netzwerken und an Corona. Durch die Pandemie musste man sich zurückziehen, das Leben fand hauptsächlich online statt und alle tauschten sich auf sozialen Plattformen wie Instagram und Tiktok aus. Insbesondere durch Tiktok gelangten Videos von Bands und Solo-Acts aus Südkorea in jeden Winkel der Welt. Trends mit den entsprechenden K-Pop-Songs entstanden und Millionen machten mit. 

Eins ist sicher: Bei Fantreffen gibt es Goodies. Von Stickern und Postkarten bis hin zu selbstgemachten Armbändern und Photocard-Hüllen. Foto: Josephine Bährend
Eins ist sicher: Bei Fantreffen gibt es Goodies. Von Stickern und Postkarten bis hin zu selbstgemachten Armbändern und Photocard-Hüllen. Foto: Josephine Bährend

Nina von Serenity findet die Entwicklung gut. Mit den Jahren seien die Fans mit der Musik zusammengewachsen. „Ich empfinde die K-Pop-Community zurzeit als sehr selbstbewusst“, sagt sie. Es sei bemerkenswert, wie sehr sich die K-Pop-Fans unterstützen. Weil die sozialen Netzwerke einen großen Anteil am weltweiten Erfolg von K-Pop ausmachen, findet Lisa, dass die aktuellen Songs das an „westliche Musik gewöhnte Ohr“ deutlich eher ansprechen und sich dadurch von den Hits von vor zehn Jahren unterscheiden. „Dies ist zum einen gut, da K-Pop-Fans nun mehr Auswahl haben und es ihnen an nichts mehr fehlt, aber zum anderen hat es den Charme und die intensive Bindung von früher verloren“, erklärt Vladi den Wandel in der Szene.

Ein paar Tage vor dem Konzert der fünfköpfigen Girlgroup Red Velvet Ende Mai treffen sich die Fans im Tudo am Alexanderplatz. Natürlich ist auch Ally von K-Pop Events Berlin da. Welche weiteren Events für dieses Jahr anstehen, will sie noch nicht verraten. Sicher ist jedoch, dass es auch 2023 die eine oder andere K-Pop-Band noch nach Berlin verschlagen wird – und in dem Rahmen werden sicherlich auch einige Fan-Events stattfinden. Kommt einfach in den ein oder anderen Bubble-Tea-Läden wie Tudo oder The Alley vorbei und haltet auf ihren Social-Media-Kanälen nach Updates Ausschau. Auch in Multiplex-Kinos werden gelegentlich Live-Übertragungen von Konzerten koreanischer Stars, wie der Boyband BTS, gezeigt. K-Pop lässt sich in Berlin also immer besser erleben. Und wer einmal bei einem Auftritt von Blackpink, BTS oder Ateez in der Mercedes-Benz Arena war, wird die Begeisterung verstehen.


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