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„Berl-Berl“ in Halle am Berghain: Installation zeigt Berlins Sumpf-Ursprung

Zurück zu den Ursprüngen der Hauptstadt: „Berl-Berl“ in der Halle am Berghain führt die Gäste zurück in die Zeit, als Berlin nichts als ein Sumpf war. Die Installation von Jakob Kudsk Steensen vereint digitale Reproduktionen von Feuchtgebieten, aufgezeichnet im Spreewald, mit dem Fundus des Naturkundemuseums. In Bild, Licht und Ton entsteht so eine Welt, die fantastisch wirkt, aber vor allem ein Rückblick mit modernen Mitteln ist.

„Berl-Berl“: Auf großen Bildschirmen wird der digitale Sumpf dargestellt. Foto: tipBerlin

Berl-Berl: Jakob Kudsk Steensen nutzt Halle am Berghain multimedial

Der in Dänemark geborene und in New York lebende Künstler Jakob Kudsk Steensen zeigt vom 10. Juli bis 26. September seine Arbeit „Berl-Berl“ in Berlin. Die multimediale, raumgreifende Installation entstand im Auftrag von LAS (Light Art Space), einer gemeinnützige Plattform für Kunst, Wissenschaft und neue Technologien in Berlin. Bettina Kames, Direktorin des LAS: „Licht ist universell, es verbindet. LAS baut Brücken in die Zukunft, macht es zu einer Sprache, die alle verstehen können.“

Auch die Installation „Berl-Berl“ versteht sie als eine solche Brücke: zwischen den Wurzeln Berlins vor 10.000 Jahren und dem Jetzt, dem Digitalen, das die vergangene Welt mit neuen Mitteln für immer konservieren soll – und das auch über Berlin hinaus. Denn „Berl-Berl“ existiert nicht nur in der Halle am Berghain. Sondern auch digital, weltweit zugänglich.

„Berl-Berl“-Künstler Jakob Kudsk Steensen im Gespräch mit Kuratorin Emma Enderby beim Rundgang durch die Ausstellung. Foto: tipBerlin

Aber was ist „Berl-Berl“ nun? Der erste Eindruck: Bildschirme, ordentlich verteilt in der geräumigen, rauen Halle am Berghain. Im Obergeschoss steht ein besonders großer, direkt vor einem leicht spiegelnden schwarzen Boden. Darauf sehen wir: digital entworfene Sumpflandschaften. Mal ganz nah, mal weiter entfernt. Mal irritierend, grob, dann wieder sehr fein. Blätter wiegen sich im Wind, Glühwürmchen spiegeln sich im Wasser, in das wir plötzlich eintauchen. Sieben Ebenen zwischen Untergrund und Himmel gibt es, die Wechsel sind dabei sanft.

„Nichts in Berl-Berl wiederholt sich“, erklärt Künstler Jakob Kudsk Steensen. Er hat die Welt mithilfe der „Unreal Engine“ entworfen. Das ist eine Computeranwendung, die für viele Digitalspiele genutzt wird. Mit ihr lassen sich virtuelle Welten gestalten, die, so gewollt vom Designer, auch Begebenheiten der realen Welt widerspiegeln – Wind zum Beispiel, natürlich auch Licht.

Jakob Kudsk Steensen, Berl-Berl (2021). Live simulation (stills). Courtesy of the artist.

„Berl-Berl“: Der Sumpf im Berghain hat seine eigene Melodie

Der Künstler hat nun also die Sumpflandschaft gebaut, sich für bestimmte Vorgaben entschieden, den Dingen in dieser Welt aber eigene Muster zugeschrieben, die nun selbstständig laufen. Im Zusammenspiel mit Licht und Ton in der Halle geschieht nichts zweimal. Gerade die äußeren Komponenten – die mal sanften, mal regelrecht bedrohlichen Naturgeräusche und die Beleuchtung, die sich sich passend zu den Tageszeiten auf den Bildschirmen ändert, erzeugen eine besondere Stimmung.

In Zusammenarbeit mit dem Soundkomponisten Matt McCorkle und der venezolanische Sängerin Arca erschuf Kudsk Steensen zudem eine Melodie für die Landschaft. Sie ist angelehnt an die vergangene kulturelle Praxis, Lieder zu singen, wenn der Sumpf durchquert oder Geschichten und Mythen mit anderen geteilt wurden. „Arcas Stimme und ihr Gesang verschmelzen mit den Umgebungsgeräuschen aus den Sümpfen – einschließlich der Laute der hier heimischen Amphibien“, heißt es in der Erklärung zur Installation.

„Berl-Berl“ ist mal sehr bunt und hell, dann wieder düster. Die Halle am Berghain wird mit Tönen, die aus im ganzen Raum verteilten Lautsprechern erklingen, und Lichtstimmungen einbezogen. Foto: tipBerlin

Eine Verbeugung vor der Geschichte: „Berl-Berl ist ein Lied für den Sumpf, der ein undefinierbarer Ort ist – der sich verwandelt, der liminal und mystisch ist. Berl-Berl trauert um das Verlorene und umarmt das Neue.“ Wochenlang hat der Künstler im Spreewald fotografiert und gefilmt, um möglichst genaue Abbilder einer Sumpflandschaft zu kreieren. Gleichzeitig beschäftige er sich mit Mythen der Sorben, deren Wort für Sumpf „Berl“ war, wie in Berlin eben, das aus einem solchen Feuchtgebiet erwuchs: „Der Legende nach waren die Baumwurzeln Schlangen in der Erde“, sagt Kudsk Steensen. Entsprechend sehen wir auf den Bildschirmen immer wieder Schlangenhaut auf Baumwurzeln – eine Irritation in der oft fotorealistischen Welt, die umso spannender zu betrachten wird.

Berl-Berl: Zusammenarbeit mit Museum für Naturkunde – Exkursionen geplant

Die Detailverliebtheit des Projekts sei auch Folge der Erfahrung, die der Künstler immer wieder im Leben machte: „Je mehr Zeit du an einem Ort verbringst, umso mehr justieren sich deine Augen neu. Das mehrfache Sehen öffnet den Blick für zuvor verborgene Details.“ Und tatsächlich wird auch hier in der Halle am Berghain Geduld belohnt. Denn die Installation „Berl-Berl“ entfaltet sich langsam, zieht umso mehr in ihren Bann. Eben weil es immer wieder neue Zusammenspiele aus den Komponenten gibt, eben weil der Hyperrealismus mancher Momente schnell von einer kleinen Verzerrung umgekehrt wird.

Still aus einer Simulation von Jakob Kudsk Steensen, Berl-Berl (2021). Foto: Jakob Kudsk Steensen/Courtesy the artist
Jakob Kudsk Steensen, Berl-Berl (2021). Live simulation (stills). Courtesy of the artist.

Übrigens: Ganz sicher real sind die Dinge, die Interessierte beim begleitenden Bildungsprogramm in Zusammenarbeit mit dem Museum für Naturkunde Berlin sehen werden. Vom Panke-Spaziergang über eine Tour in den Spreewald bis zur Fledermauswanderung gibt es ein Begleitprogramm, das in Bezug zu der Installation steht. Mehr Informationen hier.

  • Tickets für „Berl-Berl“ kosten zehn Euro, ermäßigt fünf Euro, zudem werden Kombitickets mit dem Naturkundemuseum angeboten. Die Karten für Berl-Berl sind zeitgebunden, gebucht werden einstündige Slots. Die Halle ist täglich geöffnet, montags bis donnerstags von 13 bis 21 Uhr, freitags bis sonntags von 11 bis 23 Uhr. Es gelten die aktuellen Hygienevorschriften. Der Ticketshop findet sich hier.

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