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Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité: Infos zum Besuch

Nach einer umfangreichen Modernisierung hat das Medizinhistorische Museum der Charité in Berlin Mitte seit Juni 2023 endlich wieder geöffnet. Gezeigt werden Krankenfälle und Exponate aus der mehr als 300-jährigen Medizingeschichte der Charité. Zugleich faszinierend wie berührend geht das Museum in seinen Ausstellungen nicht nur mit fachlicher Kompetenz und Transparenz vor, sondern auch mit außerordentlichem Fingerspitzengefühl, um von der Vergänglichkeit des Lebens, dem wissenschaftlichen Fortschritt und den manchmal dunklen Kapiteln der Medizin zu berichten.

Eingangsbereich Medizinhistorisches Museum Berlin
Der Eingangsbereich des Berliner Medizinhistorischen Museums auf dem Campus der Charité in Mitte. Foto: BMM Charité

Medizinhistorisches Museum der Charité: Zwischen Forschung, Kunst und Philosophie

Bereits das Foyer des Museums zieht mit einer außergewöhnlichen Vitrine sämtliche Blicke auf sich: in einer Wandgalerie, nach Farbe und Größe sortiert, befinden sich unzählige Gallensteine, die im ersten Moment wie eine besonders schöne Kieselsteinsammlung wirken. Erst der nähere Blick lüftet den Schleier. Das Exponat ist medizinische Forschung und Kunst zugleich. Ein Thema, das sich durch sämtliche Ausstellungen im Museum der Charité zieht und zum Nachdenken über die eigene Vergänglichkeit anregt.

Entsprechend verstecken sich zwischen Ausstellungsstücken, die harte, wissenschaftliche Realität wiedergeben und Gegenstand medizinischer Forschung sind, immer wieder einige sogenannte Wunderkammern. Wie zum Beispiel eine Allegorie aus Gallen-, Harnblasen- und Nierensteinen mit vaskulärem Gewebe, die an ein Korallenriff erinnert. Der menschliche Körper ist geheimnisvoll, seine Erkrankungen können erschreckend sein. Und doch zeigt das Museum, dass die Forschenden in ihrem Bemühungen vor allem versuchen, dieses komplexe System Mensch zu enträtseln und dessen Leben zu verbessern.

Anatomisches Theater
Verschiedene Feucht-, Trocken- und Injektionspräparate bilden das Anatomische Theater. Foto: BMM Charité

Die Ausstellungen sind dabei in einigen Fällen interaktiv. Manche Stücke dürfen berührt werden, anderen dagegen kann sogar zugehört werden. Das Museum der Charité bietet eine faszinierende Mischung aus physischen Exponaten, die wie ein Stillleben wirken, und moderner Technologie, die Körperfunktionen durch Videos und Projektionen anschaulich darstellt. Zu jedem Ausstellungsstück gibt es eine Informationstafel, die dem Besucher den Kontext des Stückes nahe bringt. Hinter jedem einzelnen Exponat verbirgt sich die Geschichte eines Menschen.

Der Präparatesaal im Medizinhistorischen Museum der Charité

Präparateraum des Medizinhistorischen Museum Berlin
Die zumeist als Feucht- oder kombiniertes Feucht-Injektionspräparat dargestellten Exponate im Medizinhistorischen Museum der Charité zeigen gesunde und krankhaft veränderte Körperteile und Organe des Menschen. Foto: BMM Charité

Der Präparatesaal gilt als besucherreichste Raum im gesamten Museum. Hier befindet sich die thematisch sortierte Sammlung gesunder und entarteter Körperteile des menschlichen Organismus. Gleich hinter dem Eingang des Saals wartet eine Wandschrift, die einfühlsam und mahnend auf die Umstände eingeht, wie manche der Exponate ihren Weg in diese Sammlung fanden. Der Großteil wird als sogenannte Feuchtpräparate ausgestellt, wodurch die anatomische Struktur äußert detailliert und lebensecht dargestellt werden kann.

Das Museum der Charité empfiehlt seine Ausstellungen ab einem Alter von 16 Jahren. Diese Empfehlung wird besonders im Präparatesaal deutlich und sollte möglichst beachtet werden. Viele Ausstellungsstücke gewähren lehrreiche und durchaus faszinierende Einblicke in den Menschen und dessen Krankheitsbilder, aber nicht überall ist eine kühle Distanz möglich oder gar gewollt. Die Geschichten der einst Lebenden, die hier mit äußerstem Respekt für Forschungs- und Lehrzwecke ausgestellt wurden, berühren – und manchmal benötigt man dafür etwas stärkere Nerven.

Perspektivenwechsel: Der Patient im Fokus

Historischer Krankensaal
Im Historischen Krankensaal sehen Besucher des Museums zehn Krankengeschichten aus drei Jahrhunderten durch die Perspektive des Patienten. Foto: BMM Charité

Medizin muss sich dadurch legitimieren, dass sie sich in ihrer Anwendung beweist. Nirgendwo wird diesem Ziel so viel Aufmerksamkeit gewidmet wie im Historischen Krankensaal. Zehn verschiedene Krankheitsbilder, zehn verschiedene Menschen: Sie alle haben einen Namen und hatten einen Grund, warum sie irgendwann in den vergangenen 300 Jahren in das Krankenhaus der Charité kamen und nach Hilfe suchten. Die Krankenbilder reichen von einem Glaukom über eine Sepsis durch einen Holzsplitter bis hin zu der schweren Geburt eines Mädchens aus dem 18. Jahrhundert.

Zentral stehen die Vitrinen mit den Namen der Patienten, ihrer Krankengeschichte und der Antwort auf die Frage, ob die Medizin ihrer Zeit ihnen helfen konnte oder nicht. Ergänzt werden diese persönlichen Geschichten von Gegenständen und Fotoalben, Tagebüchern und Geräten. Erst am „Kopfende“ des Bettes nehmen Besucher wieder die Perspektive der Ärzte ein und erfahren, welche medizinischen Möglichkeiten damals zur Verfügung standen, um diesen Menschen zu helfen.

Ein Blickfang ist die Eiserne Lunge: Das mechanische Beatmungsgerät dient als Ausstellungsstück zur Krankengeschichte eines an Polio leidenden Jungen. In diesem Abschnitt darf sich die Medizin über eine ihrer wahrscheinlich größten Errungenschaften freuen: die Entwicklung eines Impfstoffs, welcher die Eiserne Lunge heute obsolet macht. Jedoch gehen nicht alle Geschichten hier so gut aus. Sinn und Zweck des Krankensaales ist es, die Medizin aus der persönlichen Perspektive der Betroffenen zu betrachten und sich nicht nur ihrer Erfolge, sondern auch ihrer Grenzen bewusst zu werden.

Sonderausstellung im Museum der Charité: Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst

Exoskelett Medizinhistorisches Museum
Mithilfe eines vom Gehirn gesteuerten Exoskeletts hoffen Forscher, Lähmungen überwinden zu können. Foto: Christoph Weber

Bis zum 28. Januar 2024 befindet sich zusätzlich die Sonderausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“ im Museum der Charité. Hier dreht sich alles um das vermutlich mysteriöseste Organ des menschlichen Körpers. Ausgestellt werden aber nicht nur Feuchtpräparate menschlicher Gehirne, sondern auch beeindruckende Kunstwerke, die sich dem Gehirn widmen.

Eines der berührendsten Kunstprojekte dieser Ausstellung zeigt die Exponate „Printed by Parkinson’s“, die vier Gegenstände darstellen, die mithilfe der individuellen Tremor-Frequenz von an Parkinson leidenden Personen verzerrt und ausgedruckt wurden. Eine Enigma-Maschine zieht interessante Parallelen zur Komplexität des Gehirns und wie schwierig es selbst für die Medizin ist, seine Funktionen zu entschlüsseln.

Ab dem 12. Juli ergänzt eine weitere Sonderausstellung das Angebot des Museums. „Da ist etwas“ möchte sich dem Thema Krebs und Emotionen widmen und wird ebenfalls bis zum 28. Januar 2024 Teil des Ausstellungsangebots sein.

  • Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité Charitéplatz 1, Mitte, Öffnungszeiten: Di, Do, Fr, So 10-17 Uhr, Mi+Sa 10-19 Uhr, Montag geschlossen, Tickets: 9€, Ermäßigt 4€, Familienkarte bis 5 Personen 19€, Gruppen (10-24 Personen) 6€, Gruppen ermäßigt 2€, weitere Infos hier

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