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Berliner Ensemble

Kay Voges sieht in Strindbergs „Totentanz“ ein Prequel des Absurden

Kay Voges inszeniert Strindbergs „Totentanz“ am Berliner Ensemble – und bringt das Ehedrama mit der Serie „Lost“ in Verbindung. tipBerlin-Autor Patrick Wildermann gibt einen Ausblick auf das neue Werk des Regisseurs, der mittlerweile Intendant des Wiener Volkstheaters ist.

Von links: Claude De Demo, Gerrit Jansen und Marc Oliver Schulze in „Totentanz“ am BE. Foto: JR Berliner Ensemble
Von links: Claude De Demo, Gerrit Jansen und Marc Oliver Schulze in „Totentanz“ am BE. Foto: JR Berliner Ensemble

„Totentanz“ und „Lost“: Offensichtliche Parallelen

Was hat die Mystery-Serie „Lost“ mit August Strindbergs Drama „Totentanz“ von 1905 zu tun? Sehr viel, findet der Regisseur Kay Voges. Und verweist auf die offensichtliche Parallele: „Das Stück erzählt von einem Paar, das auf einer Quarantäne-Insel isoliert ist und etwas überwachen soll, wo es nichts zu überwachen gibt. Eine surreale Situation.“ Es habe ihn selbst überrascht, wie Strindberg, „den wir als Meister des naturalistischen Theaters kennen, in seinen letzten Lebensjahren zu einem Vorläufer des Absurden à la Beckett geworden ist“. Und gleichzeitig sei ihm klar geworden, „dass ‚Lost’ gar nicht so innovativ war, sondern nur ein Sequel von Strindberg“.

Alle 108 Minuten einen Code eingeben zu müssen, um möglicherweise das Ende der Welt zu verhindern, wie es in J. J. Abrams’ Serie vorkommt – das ist tatsächlich nicht so weit entfernt von der Monotonie, mit der Alice und Edgar bei Strindberg in ihrem Festungsturm an sinnlos gewordenen Tätigkeiten festhalten.

Das Stück war schon 1905 visionär

„Dödsdansen“, wie das Stück im Original heißt, hat sich inzwischen freilich noch in anderer Hinsicht als visionär erwiesen: In der Situation der miteinander eingesperrten Eheleute spiegelt sich eine pandemische Gegenwart mit Lockdowns und Außenweltangst. Die Corona-Krise war übrigens auch dafür verantwortlich, dass Voges seine Strindberg-Premiere erst jetzt am Berliner Ensemble inszenieren kann, ursprünglich hätte sie schon vor zwei Jahren stattfinden sollen. Wobei die Pandemie-Verlinkungen nun nicht mehr groß herausgestellt werden müssen, wie der Regisseur findet: „Das steckt in diesem alten Text ohnehin drin“.

In der Situation der miteinander eingesperrten Eheleute spiegelt sich eine pandemische Gegenwart mit Lockdowns und Außenweltangst. Foto: JR Berliner Ensemble

Voges will sich auf das Kammerspiel mit drei Personen konzentrieren (neben Alice und Edgar verschlägt es noch den Quarantänemeister Kurt auf die Insel), auf die lustvoll überschießenden Bosheiten zwischen den bis zum Überdruss Vertrauten, die später Stücke wie „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ inspiriert haben. Strindbergs Spuren in der Kulturgeschichte sind wirklich zahlreich. Am BE hat Voges zuletzt 2018 „Die Parallelwelt“ inszeniert, eine mit beachtlichem Aufwand gestemmte Simultan-Premiere zwischen Dortmund und Berlin, ein Jahr zuvor war sein überbordendes Gegenwarts-Tableau „Die Borderline-Prozession“ zum Theatertreffen eingeladen.

Voges absolviert seine Gastregie in Berlin

Inzwischen ist Voges Intendant am Volkstheater Wien, das zu Beginn seiner Amtszeit noch aufwendig renoviert wurde („Ich war mehr Bob der Baumeister als Theaterleiter“) – und dann gleich mehrfach Lockdown-bedingt geschlossen blieb. Inzwischen aber „beginnt das Volkstheater zu blühen und die Ränge füllen sich“. Umso erfreulicher, dass Voges trotzdem seine Berliner Gastregie absolviert – schließlich kennt man ihn als verlässlich spannenden Textdeuter und Bilderschöpfer. „Totentanz“ wird nun mit einem an „Lost“ angelehnten Bühnenbild und einigen Verweisen mehr aufwarten, Voges verspricht „ein lustvolles Synapsenspiel für Seriennerds“ – und denjenigen, die „Lost“ nicht kennen, „eine hoffentlich großartige Strindberg-Erfahrung“.

  • Berliner Ensemble Bertolt-Brecht-Platz 1, Mitte, Fr, 24.2., 19.30 Uhr (Voraufführung), Sa, 25.2., 19.30 Uhr (Premiere), So, 26.2., 18 Uhr, 15-48 €, erm. 9 €, Tickets und weitere Termine hier

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