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Feindbilder in Berlin: Die Nervigsten von Tourist bis Ur-Berliner

Feindbilder entstehen schnell in einer Stadt wie Berlin. Knapp vier Millionen Menschen fühlen sich hier und da zugehörig, sortieren sich in Gruppen ein und entwickeln Eigenheiten – und Feindseligkeiten. Zwischen Hipstern, Zugezogenen, Ur-Berlinern und Sportfans huschen noch ein paar Touris umher – und schon ist sie da, die Dynamik, in der die einen von den anderen genervt sind. Die doofen sind immer die anderen, schon klar. Aber zu irgendeiner Gruppe zählt man doch auch immer selbst und meckern und lästern tun alle. Wir präsentieren euch 12 Feindbilder in Berlin. Viel Spaß! Und nicht vergessen: Das ist alles nicht das Ende der Welt – habt euch lieb!


Zugezogene

Feindbilder in Berlin: Pärchen trinkt Kaffee.
Feindbild Zugezogene: Pärchen trinkt Kaffee. Foto: Imago/Panthermedia

Das sind alle anderen. Also alle, die nicht zu den in Spreewasser getauften Ur-Berlinern zählen. Die Zugezogenen kommen aus der ganzen Republik, Ost und West, und aus allen Ländern dieser Erde. Französische Jazzmusiker, syrische Doktoren, badische Landwirtskinder, sächsische Soziologiestudenten, russische Spätaussiedler, türkische Gastarbeiter, polnische Queers, mecklenburgische Schulabbrecher, brasilianische Influencer. Alle zugezogen! Die Zugezogenen bilden die Mehrheit in dieser Stadt. Manche fühlen sich seit dem Tag ihrer Ankunft als Berliner, andere sind auch in dritter Generation noch unschlüssig, ob der Titel ihnen zusteht. Sie meckern natürlich auch, gerne über die Einheimischen, denen sie Unhöflichkeit vorwerfen und sich wundern, wie man so spröde sein kann. Diese Dinge nerven an Zugezogenen in Berlin am meisten.


Touristen

Touristen vor dem Reichstag.
Touristen vor dem Reichstag. Foto: Imago/Jochen Tack

Auf manche Feindbilder können sich nahezu alle einigen. Da ziehen auch die Ur-Berliner und die Zugezogenen mal zur Abwechslung an einem Strang. Seit Berlin zur europäischen Touristenmetropole aufgestiegen ist, die Hotels aus dem Boden sprießen und die Sehenswürdigkeiten, Flohmärkte, Restaurants und einst beschaulichen Kieze von nervigen Menschen in hässlichen Hosen und zu viel Tagesfreizeit überlaufen werden, wird der Tourist inbrünstig gehasst. Dabei lebt Berlin ganz gut von ihm. Viele Clubs und Bars würden wohl ohne den Zustrom nicht überleben, die Kunst- und Kulturszene profitiert von der Internationalität, und irgendwie sind wir ja alle mal Touristen. Manchmal sogar in der eigenen Stadt.


Schwaben

Feindbilder in Berlin: "Schwaben Raus"-Schild im Mauerpark in Prenzlauer Berg.
Eins der Haupt-Feindbilder: „Schwaben-Raus“-Schild im Mauerpark in Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Imagebroker

Ah ja, die Schwaben in Berlin. Die Ressentiments gegenüber den aus dem Ländle Zugezogenen haben eine lange Tradition in Berlin. Erst bevölkerten Wehrdienstverweigerer die Kreuzberger Szenekneipen und Schöneberger Kabarettbühnen. Dann kamen die angehenden Akademiker aus dem Stuttgarter Raum und siedelten sich in Prenzlauer Berg an.

Sie sanierten Häuser, machten sich mit Läden und Restaurants selbstständig, vermehrten sich und bilden eine erkennbare ethnische Gruppe in der Stadt, die zum beliebten Feindbild wurde. Natürlich für Ur-Berliner, aber für andere Zugezogene auch. Passend zum Thema fragten wir uns mal: Prenzlauer Berg, was ist nur aus dir geworden?


Fahrradfahrer

Fahrradfahrer in Berlin.
Fahrradfahrer in Berlin – für andere Verkehrsteilnehmer ein Feinbild, dabei selbst ständig in Lebensgefahr. Foto: Imago/Camera4/Dustin Nordhus

Sie werden immer mehr. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Radfahrer in Berlin kontinuirlich. Dass der Radverkehr umweltfreundlich ist und ihm die Zukunft gehört, mag ja sein. Aber: Die Straßen sind eng, die nervigen Touristen stolpern durch die Gegend, überall ist Stau, und zu allem Überfluss rasen dann noch die Irren auf ihren Vintage-Rennrädern durch die Gegend. Oder die Großgruppen auf Leihrädern. Oder die Bekloppten auf ihren lichtlosen Schrotthaufen.

Über Radfahrer meckern vor allem Autofahrer und Fußgänger, also alle anderen Verkehrsteilnehmer, und zwar immer so lange, bis sie selbst aufs Rad steigen. Dann beschweren sie sich wiederum über Autos und Passanten. Das nennt man einen gelungenen Perspektivwechsel. Aber auch das ist die Wahrheit über Radfahrer in Berlin: 12 Typen, die unbedingt nochmal üben müssen.


Feindbilder in Berlin: Hipster

Feindbilder in Berlin: Hipster tanzen auf der Straße.
Hipster tanzen auf der Straße. Foto: Imago/Snapshot Photography/F Boillot

Gibt es überhaupt noch Hipster oder sind das einfach nur junge Leute? Egal, der Begriff bezeichnet gemeinhin junge (oder notorisch junggebliebene) Erwachsene, die in Agenturen arbeiten, sich mit besonderer Gründlichkeit kleiden und ernähren, gerne Party machen, auf Vernissagen gehen und eben irgendwie „hip“ sind. Früher trugen sie ironisch bedruckte Jutetaschen und Sportbeutel und enganliegende Röhrenjeans und sie haben eine Vorliebe für vegane Burger, kalten Filterkaffee und analoge Aufnahmetechnik. Aber die Trends ändern sich von Woche zu Woche.

Noch nie hörte man einen Hipster sich selbst als „Hipster“ bezeichnen, was zu der Vermutung führen könnte, dass sie einfach nicht existieren, sogar nie existiert haben. Aber Ur-Berliner und zugezogene Nicht-Hipster wissen, es gibt sie und sie sind der fette Pickel auf Gottes großem Hinterteil. Am schlimmsten sind übrigens radfahrende Hipster.


Öko-Muttis in Prenzlauer Berg

Mutter und Kinder unterwegs in Prenzlauer Berg.
Mutter und Kinder unterwegs in Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Snapshot

Ein Klassiker der Feindbilder in Berlin: Der tip-Cartoonist OL widmet den „Müttern vom Kollwitzplatz“ seit Jahren eine eigene Serie. Mit bissigem Witz karikiert er die saturierten, selbstgefälligen, wohlhabenden, sich und ihren Nachwuchs über alles und jeden stellenden Frauen in Büchern und Zeitungen.

So ist die Welt der Öko-Muttis: Biokost, Klavierstunden und kindliche Früherziehung paaren sich mit regelmäßigen Einkäufen bei Manufactum und auf dem Ökomarkt. Dazu Gespräche über das Sommerhaus in der Toskana, befreundete Regisseure und den neuen Tesla (irgendwie muss man die Kinder ja in die Privatschule bringen).

Da kommt dem Ur-Berliner die Frühstücksschrippe wieder hoch, und auch so manch ein Zugezogener muss kurz Innehalten. Die Öko-Muttis sind ein liebgewordenes Feindbild. Vermutlich sind sie ganz nett, wenn man sie mal kennenlernt. Aber wer will das schon?


Party-Deppen

Feindbilder in Berlin: Demo "Ravekultur retten" auf dem Landwehrkanal am Pfingstsonntag 2020.
Demo „Ravekultur retten“ auf dem Landwehrkanal am Pfingstsonntag 2020. Foto: Imago/Travel-Stock-Image

Die Schnittmenge mit dem Hipster ist beträchtlich, aber dennoch gibt es feine Unterschiede. Nicht jeder Party-Depp ist ein Hipster und nicht jeder Hipster ist ein Party-Depp. Das herauszuarbeiten, bedarf allerdings eines Diploms in Stadtsoziologie. Deshalb machen wir es einfach: Party-Deppen sind die, die im Corona-Sommer 2020 mit Gummiboot zu Technobums über den Landwehrkanal paddeln, weil sie sich ihres Grundrechts auf komatöses Weggeballere zu elektronischer Tanzmusik beraubt sahen. Und die, die die Torstraße zum Ballermann machen. Und die, die generell überall meinen, dass die Party immer und überall und sofort stattfinden muss.


Hertha-Fans

Hertha-Fans mit Schals in der Ostkurve.
Hertha-Fans mit Schals in der Ostkurve. Foto: Imago/Bernd König

Hertha-Fans sind das Feindbild von Union-Fans. Das ist so eine alte Ost-West-Geschichte, die eigentlich nur den Teil der Berlin-Bevölkerung angeht, der sich für Fußball begeistert. Siehe auch: Union-Fans.


Union-Fans

Feindbilder in Berlin: 1. FC Union-Fans im Stadion an der Alten Försterei.
1. FC Union-Fans im Stadion an der Alten Försterei. Foto: Imago/Camera 4

Union-Fans sind das Feindbild von Hertha-Fans. Das ist so eine alte West-Ost-Geschichte, die eigentlich nur den Teil der Berlin-Bevölkerung angeht, der sich für Fußball begeistert. Siehe auch: Hertha-Fans.


Autofahrer

Feindbilder in Berlin: Fahrradfahrer und die Front eines massiven SUV's.
Fahrradfahrer und die Front eines massiven SUVs. Foto: Imago/Snapshot/Olaf Wagner

Das Feindbild der Radfahrer, die selbst ein schönes Feindbild sein können, sind naturgemäß die Autofahrer. Glaubt man den Zukunftsprognosen, wird der innerstädtische Verkehr irgendwann den PKW überwinden. Noch gehört aber dem Auto die Stadt, es parkt, qualmt und staut sie zu. Vor allem die klobigen, schwarzen SUVs sind ein Hassobjekt. Gegen sie richten sich Demos und Protestaktionen. Da ist es auch egal, ob am Steuer ein Ur-Berliner, Zugezogener oder Tourist sitzt.


Drogendealer

Görlitzer Park, friedliches Miteinander zwischen vermeindlichen Dealern und der Polizei.
Görlitzer Park, friedliches Miteinander zwischen vermeindlichen Dealern und der Polizei. Foto: Imago/Snapshot/Olaf Wagner

Es gibt Feindbilder in Berlin, mit denen tut man sich schwer. Die Sache mit den Drogendealern ist schon komisch, eigentlich mag sie niemand. Denn sie hängen in den Parks rum und verbreiten unschöne Stimmung. So richtig dagegen sein, geht aber auch nicht. Aber dafür auch nicht. Außer man will Dope kaufen, doch wer macht das schon im Görli? Zugezogene Party-Deppen und Touristen-Hipster vermutlich. Sonst niemand. Schwierig das ganze Thema.


Ur-Berliner

Sänger und Entertainer Frank Zander im Olympiastadion.
Ein echter Ur-Berliner, der relativ wenig meckert: Sänger und Entertainer Frank Zander im Olympiastadion. Foto: Imago/Camera 4

Biste in Spreewasser getauft? Icke, ditte, weeste! Der Ur-Berliner ist stolz auf seine Herkunft, er wuchs in Lankwitz, Britz oder Schöneweide auf, so wie die Eltern und Großeltern. Er berlinert, er sah die Mauer fallen und alles andere auch schon. Er gehört zu einer seltenen Spezies, die ständig bedroht wird, findet er zumindest. Er mag keine Veränderungen. Früher war es schon besser, sagt er. Vergisst aber, was früher wirklich war. Er erklärt die Stadt und meckert im feinsten Berliner Dialekt natürlich über alle und jeden. Und nur er, der Ur-Berliner, entscheidet, wer überhaupt Berliner ist oder sein darf. In den meisten Fällen lautet das Urteil: Du nicht!


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