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Berlin 1954 in Bildern: Märsche, Jazz im Sportpalast und die Zukunft der Gedächtniskirche

Berlin 1954: Die Stadt ist geteilt, die Mauer aber noch lange nicht gebaut. Mitte der 1950er-Jahre müssen Ost und West eine eigene Identität finden. Während bei der Berliner Außenministerkonferenz, die politischen Weichen gestellt werden sollen, sucht man im Westen nach einem Projekt für die Gedächtniskirche, bei der Berlinale laufen die Stars über den roten Teppich, und Jazzsängerin Sarah Vaughan triumphiert im Sportpalast. Zugleich werden im Osten die Rufe nach freien Wahlen und Demokratie lauter. Hier blicken wir auf Berlin im Jahr 1954 zurück.


Demonstration in West-Berlin

Demonstration unweit des Großen Sterns. Foto: Imago/Gerhard Leber
Demonstration unweit des Großen Sterns. Foto: Imago/Gerhard Leber

Neun Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übt sich die West-Berliner Gesellschaft in der demokratischen Praxis. Hier marschiert der DGB im Jahre 1954 durch die halbleere Stadt unweit des Großen Sterns.


Polizei marschiert auf

Polizei marschiert in Ost-Berlin auf, 1954. Foto: Imago/Roba/Siegfried Pilz/United Archives
Polizei marschiert in Ost-Berlin auf, 1954. Foto: Imago/Roba/Siegfried Pilz/United Archives

Auf der anderen Seite der in vier Sektoren aufgeteilten Stadt, ist von demokratischer Praxis wenig zu spüren. Unter Druck der sowjetischen Besatzungsmacht geht die Polizei in der DDR mit höchster Autorität vor. Es herrscht ein Klima der Angst in Ost-Berlin und die sozialistische Ideologie durchdringt alle Lebensbereiche.


Zukunft der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche

Das Modell der neuen Kirche, entworfen von Professor Werner March (rechts) und dem Bischof Gerhard Jacobi, März 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Das Modell der neuen Kirche, entworfen von Professor Werner March (rechts) und dem Bischof Gerhard Jacobi, März 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wurde im Krieg bombardiert, woraufhin die Spitze des Hauptturmes abknickte. Nach dem Krieg verfiel der Bau, zahlreiche Architekturwettbewerbe für die Um- und Neugestaltung des Breitscheidplatzes zogen teils heftige Kontroversen nach sich. Der Entwurf, auf den man sich schließlich einigte, stammte von Egon Eiermann, der für seinen Neubau den Abriss vorsah. 1961 wurde die neue Kirche eingeweiht. 1954 war die Situation noch unklar, hier begutachten der Architekt Werner March und Bischof Gerhard Jacobi ein Modell der Gedächtniskirche, das nicht umgesetzt wurde.


Berlins größter Umsteige-S-Bahnhof: Westkreuz

Berlins größter Umsteige-S-Bahnhof, Westkreuz. Foto: Imago/Kindermann/United Archives
Berlins größter Umsteige-S-Bahnhof, Westkreuz. Foto: Imago/Kindermann/United Archives

Der Berliner Nahverkehr musste sich in den 1950er-Jahren neu organisieren. Die Zukunft sollte dem Auto gehören, doch die meisten Berliner waren 1954 noch auf Bus und Bahn angewiesen. An Berlins größtem Umsteige-S-Bahnhof Westkreuz (Foto) herrschte großer Betrieb. Menschenmassen strömten über die Bahnsteige, und wenn es Veranstaltungen in den Messehallen oder im Olympiastadion gab, wurde es noch voller.


Berliner Außenministerkonferenz

Die Delegierten auf dem Weg zur Berliner Außenministerkonferenz, 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Die Delegierten auf dem Weg zur Berliner Außenministerkonferenz, 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Noch 1954 zogen sich die Verhandlungen über die Zukunft der beiden deutschen Staaten fort. Im Januar 1954 traf sich der Rat der Außenminister bei der „Berliner Außenministerkonferenz“. Das Ziel war es, Friedensverträge zu erstellen. Hier ist die sowjetische Delegation unter der Leitung des russischen Ministers Molotow auf dem Weg zum Konferenzgebäude Unter den Linden. Die Konferenz wurde ohne Ergebnis beendet, da die Positionen von Ost und West nicht vereinbar waren.


Das Wirtschaftswunder kommt in West-Berlin an

Ein flottes Cabriolet parkt in der City West, Sommer 1954. Foto: Imago/Gerhard Leber
Ein flottes Cabriolet parkt in der City West, Sommer 1954. Foto: Imago/Gerhard Leber

In den 1950er-Jahren stieg in der BRD die Wirtschaftsleistung, was man auch in der Frontstadt West-Berlin spürte. Die entbehrungsreiche Nachkriegszeit wich einer optimistischen Konsumfreude. Man genoss die Segnungen des Kapitalismus, so wie dieser Mann, der 1954 in einem flotten Cabrio in der City West unterwegs ist.


Mütteraufmarsch am 1. Mai 1954 in Ost-Berlin

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Mütteraufmarsch am 1. Mai 1954 in Ost-Berlin. Foto: Imago/Marco Bertram
Mütteraufmarsch am 1. Mai 1954 in Ost-Berlin. Foto: Imago/Marco Bertram

Der 1. Mai hat in Berlin eine wechselvolle Geschichte – und das ist noch untertrieben. Das DDR-Regime instrumentalisierte nach dem Zweiten Weltkrieg den Tag der Arbeit für Propagandazwecke. So wie hier, als es 1954 zum Mütteraufmarsch kam, daneben marschierten die Demonstranten unter riesigen Porträts von Pieck und Stalin durch die Hauptstadt der DDR.


Der Wunsch nach Freiheit: W

Berlin 1954: Das "W" als Zeichen für die Forderung nach freien Wahlen in der DDR, Mai 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Das „W“ als Zeichen für die Forderung nach freien Wahlen in der DDR, Mai 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Während im Westen freie Wahlen stattfanden, wurden im Osten Proteste blutig niedergeschlagen, so wie der Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953. Ein Jahr später, 1954, forderten unzufriedene DDR-Bürger mehr Freiheit und benutzten dafür als Zeichen den Buchstaben „W“, das vom Wunsch nach mehr Freiheit künden sollte. Auf dem Bild sieht man ein mit weißer Farbe gepinseltes „W“ an einer Litfaßsäule in der damaligen Stalinallee, die ab 1961 Karl-Marx-Allee heißt.


Glanz der Berlinale IV

Curd Jürgens und Eva Bartok bei der Berlinale-Premiere ihres Films "Rummelplatz", Juni 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Curd Jürgens und Eva Bartok bei der Berlinale-Premiere ihres Films „Rummelplatz der Liebe“, Juni 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone

1951 fand die erste Berlinale statt. Wenige Jahre nach dem Ende der Naziherrschaft und mitten im Kalten Krieg war klar, ein Internationales Filmfestival kann die Stadt verändern. Dieses Foto zeigt Curd Jürgens und Eva Bartok bei der vierten Berlinale im Jahre 1954 während der Premiere ihres Films „Rummelplatz der Liebe“ bei dem Kurt Neumann Regie führte.


Der Fall Willi Besener

Berlin 1954: Reichsbahnausbesserungswerk im Grunewald. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Reichsbahnausbesserungswerk im Grunewald. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Der Fall Willi Besener beschäftigte 1954 die Berliner. Besener war nach Kriegsende Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ). 1949 verlor er den Posten und sein SED-Parteibuch, man warf ihm vor, für die miserable wirtschaftliche Lage der Reichsbahn verantwortlich zu sein. In den 1950er-Jahren kooperierte Besener, der im Westteil der Stadt wohnte, mit westdeutschen Geheimdiensten. Er behauptete im August 1954, er sei Opfer eines Attentats durch Geheimdienste der DDR oder der Sowjetunion geworden, wofür es aber keine Beweise gab. Angeblich wurde auf dem Gelände des Bahn-Ausbesserungswerks in Grunewald (Foto) der Attentatsplan geschmiedet.


Polizeisportfest – Aufmarsch im Olympiastadion

Die West-Berliner Polizei feiert ihr jährliches Sportfest im Olympiastadion. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Die West-Berliner Polizei feiert ihr jährliches Sportfest im Olympiastadion. Foto: Imago/Zuma/Keystone

1954 wurde die BRD Fußballweltmeister, die industrielle Produktion und der Wohlstand stiegen an und keine zehn Jahre nach der Kapitulation der Wehrmacht und dem Ende des Dritten Reichs „war man wieder wer“. Das neue Selbstbewusstsein der Deutschen äußerte sich auch in Veranstaltungen wie dem Berliner Polizeisportfest, bei dem uniformierte Beamte stolz durch das Berliner Olympiastadion marschierten.


Jazzfieber im Sportpalast

Berlin 1954: Harold Davison's 'Jazz Parade und Sängerin Sarah Vaughan, Oktober 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Harold Davison’s Jazz Parade und Sängerin Sarah Vaughan, Oktober 1954. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Berlin war schon in den 1920er-Jahren eine Jazzstadt, die Begeisterung für Swing hielt bei der rebellischen Jugend auch während der Nazizeit an. Nach Kriegsende wurden im Westen amerikanische Jazzstars wie die legendäre Sängerin Sarah Vaughan, die hier im Oktober 1954 gemeinsam mit Harold Davison’s Jazz Parade im längst nicht mehr existierenden Sportpalast auftritt, frenetisch gefeiert.


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Hier spüren wir legendären Berliner Bühnen nach: Theater und Opernhäuser, die es nicht mehr gibt und erzählen hier die Geschichte vom Berliner Schloss zum Humboldt Forum in Fotos. Auch sehenswert ist die Fotogalerie mit Bildern vom Kriegsende zeigt 1945 und die Gegenwart – das zerstörte Berlin im Vergleich mit dem modernen Berlin. Mehr zur Geschichte Berlins lest ihr in dieser Rubrik.

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