Berlin verstehen

Droschke, Taxi und Uber: Berlin und die Geschichte der bezahlten Fahrt

In Berlin fuhr man schon immer gern im Taxi, das zeigt die Geschichte. Einst waren es von Pferden gezogene Droschken, die die Bürger im Kaiserreich von A nach B transportierten, spätestens in der Weimarer Republik aber stieg man auf motorisierte Vehikel um. Seitdem war der Siegeszug der bezahlten Fahrt nicht mehr aufzuhalten. Wir schauen auf die Geschichte von Droschke, Taxi und Uber in Berlin. Hier geht es zur Protestaktion des „Eisernen Gustavs“, der ersten Taxifahrerin in den Roaring Twenties, sowjetischen Wolgas, West-Berliner „Pufffahrten“ und dem „Kokstaxi“ bis zur Bedrohung der Branche durch riesige US-Konzerne. Gute Reise, der Taxameter läuft!


Droschken im Kaiserreich

Berlin Taxi Geschichte: Die Urform des Taxis, die Pferdedroschke in Berlin um 1892. Foto: Imago/ H. Tschanz-Hofmann
Die Urform des Taxis, die Pferdedroschke in Berlin um 1892. Foto: Imago/ H. Tschanz-Hofmann

Die bezahlte Fahrt durch Berlin war lange den Reichen und Mächtigen vorbehalten, die sich in der von Menschen getragenen Portechaise beziehungsweise Sänfte transportieren ließen. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzten sich in Deutschland die Pferdedroschken dauerhaft durch. Heute gelten die sowohl offenen wie auch verschlossenen Gefährte, die bis zu fünf Personen transportieren konnten, als Vorstufe des ÖPNV – aber auch des modernen Taxis. 1825 erhielt ein gewisser Simon Kremser die „königliche Erlaubnis“, am Brandenburger Tor Droschken beziehungsweise „Personenkutschen“ aufzustellen. 1896 wurde in Berlin, als erster Stadt der Welt, der Taxameter verpflichtend eingeführt. Um 1900 begann die langsame Umstellung der Droschken von Pferdestärke auf Verbrennungsmotor. Schon 1911 gab es in Berlin bereits 2000 Taxis.


Die Goldenen Zwanziger: Das Taxi in der Metropole Berlin

Taxis vor der Börse, Berlin 1923. Foto: Imago/ United Archives
Taxis vor der Börse, Berlin 1923. Foto: Imago/ United Archives

Berlin in den 1920er-Jahren: Der Erste Weltkrieg war gerade vorbei und die Stadt entwickelte sich rasant. 1920 entstand mit dem Groß-Berlin-Gesetz eine riesige Metropole. Am 1. Oktober 1920 verschmolz der historische Stadtkern mit umliegenden Städten, Landgemeinden und Gutsbezirken zu einer Einheit. Berlin wurde zur drittgrößten Metropole der Welt, nach London und New York City. In den Goldenen Zwanzigern gehörten die Taxis zum Stadtbild dazu. Der Droschkenkutscher Gustav Hartmann, der als der „Eiserne Gustav“ in die Geschichte einging, protestierte 1928 mit einer legendären Fahrt von Berlin nach Paris gegen die Vorherrschaft des Automobils. Vergeblich. Eine Frau blickte da lieber in Zukunft: 1929 wurde Elli Blarr die erste Taxifahrerin in Deutschland. Sie fuhr natürlich moderne Automobile aus dem Hause Opel.


Taxis in Ost-Berlin

Berlin Taxi Geschichte: Taxi am S-Bahnhof Friedrichstraße, Ost-Berlin. Foto: Imago/ frontalvision.com
Taxi am S-Bahnhof Friedrichstraße, Ost-Berlin. Foto: Imago/ frontalvision.com

Nach dem Zweiten Weltkrieg spaltete sich, wie alles andere, auch das Taxigewerbe in Berlin. 1956 wurde die Innung des Berliner Taxigewerbes e.V. gegründet. In West-Berlin entstand die erste Taxizentrale mit der Rufnummer 6902, über die ab 1959 stadtweit Taxis gerufen werden konnten. Im Osten war die Vermittlung der Fahrten über den VEB Taxi organisiert, der interessanterweise in Prenzlauer Berg auch die einzige Fahrschule Ost-Berlins betrieb.


Das legendäre Taxi in West-Berlin: Der Mercedes-Benz 190d

Mercedes-Taxi am Flughafen Tempelhof, um 1970. Foto: Imago/ Gerhard Leber
Mercedes-Taxi am Flughafen Tempelhof, um 1970. Foto: Imago/ Gerhard Leber

Bis in die 1960er-Jahre waren die Taxis in Berlin schwarz, im Ostteil der Stadt später auch blau. Vor allem die Mercedes-Taxis wurden im Westen legendär, etwa das Modell Mercedes-Benz 190d oder die /8 (Strich Acht) Modelle und schließlich die Mercedes-Baureihe 123.


DDR-Taxi: Wolga M24

Das Metropol-Theater im Admiralspalast, davor ein Wolga-Taxi, 1970er-Jahre. Foto: Imago/ frontalvision.com
Das Metropol-Theater im Admiralspalast, davor ein Wolga-Taxi, 1970er-Jahre. Foto: Imago/ frontalvision.com

Während in der Mauerstadt die Mercedes-Taxis dominierten fuhren im Osten die sowjetischen Wolgas Fahrgäste ans Ziel. Das Modell Wolga M24 war besonders beliebt und auch in den sozialistischen Bruderstaaten verbreitet. Im Westen wurde 1971 als verpflichtende Farbe der Taxis „Hellelfenbein“ eingeführt.


Taxis am Kurfürstendamm

Berlin Taxi Geschichte: Taxis am Kurfürstendamm in Berlin, 1987. Foto: Imago/ Stana
Taxis am Kurfürstendamm in Berlin, 1987. Foto: Imago/ Stana

In West-Berlin wurde der Beruf des Taxifahrers zum Mythos. Auf der einen Seiten kutschierten berlinernde Originale die Gäste durch die Stadt, die mit Icke-Humor und Berliner Schnauze für ordentlich Lokalkolorit sorgten. Auf der anderen Seite machten Philosophiestudenten im 25. Semester den P-Schein und waren, gerne auch nachts, unterwegs. Legendär waren dabei die Verdienste, vor allem wenn man die sogenannten „Pufffahrten“ absolvierte und von den Betreibern der Rotlicht-Etablissements für jeden abgelieferten Kunden eine Prämie ausbezahlt bekam.


Die Velotaxis sind da!

Velotaxi auf dem Gendarmenmarkt, Berlin 2000. Foto: Imago/Rüttimann
Velotaxi auf dem Gendarmenmarkt, Berlin 2000. Foto: Imago/Rüttimann

Nach der Wende vereinigte sich das Taxigewerbe, schon bald wurden Fahrten im gesamten Stadtraum selbstverständlich, auch wenn es anfangs zu so mancher Irrfahrt kam, da sich die Fahrer auf der jeweils anderen Seite der Stadt kaum auskannten. Navis gab es in den 1990er-Jahren noch nicht! Um das Jahr 2000 kam zudem ein pedalbetriebener Konkurrent auf die Straße: das Velotaxi. Diese modernen Fahrradrikschas transportierten vor allem Touristen von einer Berliner Sehenswürdigkeit zur anderen.


Taxifahrer-Demo am Großen Stern

Taxi-Sternfahrt zum mit anschliessender Kundgebung, 2002. Foto: Imago/Olaf Wagner
Taxi-Sternfahrt zum mit anschließender Kundgebung, 2002. Foto: Imago/Olaf Wagner

Richtig rosig stand es selten um die Branche, ob steigende Kraftstoffpreise, Veränderungen bei der Versteuerung und Versicherung der Fahrzeuge, Pflichtfahrgebiete und die Schließung von Flughäfen setzte den Fahrern zu. Immer wieder kam es so zu Demonstrationen, wie hier im Jahr 2002, als die Taxifahrer mit einer Sternfahrt auf ihre Situation aufmerksam machten.


Uber kommt

Ein Uber am Potsdamer Platz, Berlin 2020. Foto: Imago/ Stefan Zeitz
Ein Uber am Potsdamer Platz, Berlin 2020. Foto: Imago/ Stefan Zeitz

Das 2009 in Kalifornien gegründete Unternehmen Uber sorgte ab 2014 für Aufruhr in der Berliner Taxiwelt. Plötzlich tauchten nicht markierte oder sonstwie gekennzeichnete Autos auf den Straßen auf, die über eine App koordiniert Gäste durch die Gegend fuhren. Ein Frontalangriff auf die Branche. Für die Uber-Fahrzeuge gilt zwar auch das Personenbeförderungsgesetz, dennoch funktioniert der Service nach anderen Prinzipien als die altehrwürdige Taxibranche mit Taxameter und Zentralruf.


Die BVG bringt den BerlKönig auf die Straße

Berlin Taxi Geschichte: BVG-Sammeltaxi BerlKönig, 2019. Foto: Imago/ Frank Sorge
BVG-Sammeltaxi BerlKönig, 2019. Foto: Imago/ Frank Sorge

2018 tauchten die im BVG-Look lackierten Kleintransporter in der Berliner Innenstadt auf. Als „BerlKönig“ waren die Anruf-Sammeltaxis bis 2022 im Berliner Nahverkehr unterwegs. Zwar hatte der Dienst kein Tür-zu-Tür-Service und sah sich weniger als Konkurrenz zum Taxi als vielmehr als Erweiterung des ÖPNV, doch die Grenzen verliefen fließend und machten das Geschäft um die lukrativen Nachtfahrten, vor allem am Wochenende, wenn feierlustige Clubgänger unterwegs waren, schwieriger. Der Nachfolger des „BerlKönig“ heißt „Muva“ und ist seit Herbst 2022 unterwegs.


Mythos „Kokstaxi“

Berliner Strassenverkehr. Foto: Imago/ Frank Sorge
Berliner Straßenverkehr (Symbolbild). Foto: Imago/ Frank Sorge

Zur Taxi-Geschichte in Berlin gehört auch das sogenannte „Kokstaxi“. Hier wird nicht der Mensch transportiert, sondern per Anruf die Droge der Wahl an den Wunschort geliefert. Kokain kommt per Lieferant an die Haustür und die „Kokstaxis“ drehen im ganzen Stadtgebiet ihre Runden. Einige sind spezialisiert, andere haben eine ganze Rauschgiftpalette dabei.


Das Taxi – vom Aussterben bedroht?

Berlin Taxi Geschichte: Protest von Berliner Taxifahrern, 2021. Foto: Imago/ Stefan Zeitz
Protest von Berliner Taxifahrern, 2021. Foto: Imago/ Stefan Zeitz

Noch liegt das Taxi nicht im Sarg, doch viele Fahrer sehen der Zukunft düster entgegen. So könnten die geplanten Änderungen am Personenbeförderungsgesetz zugunsten von Fahrdienstvermittlern wie zum Beispiel Uber das Ende des Taxis wie wir es kennen bedeuten. Das Ende der bezahlten Fahrt in der Stadt ist es aber keineswegs.


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