Gastrotipp

Holly Gastrobar in Neukölln: Kneipe Plus mit lässigem Schick

Was die Gastrobar zur kulinarische Institution der Stunde macht? Ihr robustes Selbstverständnis, immer auch eine Kneipe zu sein. Das gilt auch für die Holly Gastrobar in Neukölln. Die Küche denkt sich gerade vom Tresen her. Und auch wenn die soziokulturelle Kompetenz der urbanen Institution Wirtshaus nie der kulinarischen Kompetenz untergeordnet wird, kommt das Essen harmonisch, leicht und köstlich daher. Kurz gesagt: lässig und bescheiden. Auf eine coole Art natürlich! Bettina Grabl berichtet.

Designerstühle ohne Designerhabitus: Arne Jacobsen würde das Holly mögen. Foto: Luke Marshall Johnson

Holly Gastrobar: harmonisch, leicht und köstlich

Man könnte einen Abend in der Holly Gastrobar von seinem Ende her erzählen. Und hätte ihn damit in seiner Essenz zusammengefasst. Ein Glas Schnaps, ein exzellenter, zarter Marillenbrand. Und eine Heu-Crème-Brûlée, die tatsächlich nach einer gratinierten Bergwiese im Spätsommer schmeckt und ganz ohne Getue in der gusseisernen Casserole auf den Tisch kommt. Ein bekanntes Produkt, Aromen der Erinnerung, mit einem handwerklichen und genauso geistreichen Twist, der einen aber eben nicht mit großer Geste aufs Brot geschmiert wird. Genauso wie die fermentierten Blaubeeren zum jungen Rosenkohl auch ohne das Wissen über ihre derzeit so angesagte Verarbeitungsform geradezu synergetisch harmonieren. Wie die braune Butter zur Roten Bete einfach gnadenlos köstlich ist.

Und wie in diesem auch an einem Donnerstag im März vibrierend-wuseligen Laden die meisten Dinge überhaupt angenehm leise passieren. Und mit einer Leichtigkeit.

Was an Simon Guitard liegt, dem französischen Küchenchef, der das oft Säurebetonte der kulinarischen Gegenwart (all das Fermentierte und Eingelegte) mit vollmundiger Saucenkompetenz und aromatischer Herzlichkeit kontert. Und mit einem im Ofen gebackenen Camenbert aus der Normandie mit confierten Zwiebeln und hausgemachtem Kürbis-Miso. Sowie an Fernanda Befi, geboren in Brasilien, aufgewachsen in Italien und die Frau für die Weine, das Bier (Berliner Brauereien von Heidenpeters bis Fuerst Wiacek) und die Gastgeberinnenschaft. 

Topinambur, Birne, Hühnerbrühe, braune Butter: ein Gericht in der Holly Gastrobar. Foto: Luke Marshall Johnson

Eigentlich wollten beide schon weiterziehen. Nach Japan beziehungsweise Reykjavík. Dann kam eine Pandemie. Inzwischen haben sie ein Kind – und eine Gastrobar in der Mainzer Straße in Neukölln.

Zu den, natürlich, Naturweinen sei gesagt: Die charaktervolle Auswahl gerade an Sprudelndem (wir empfehlen den fast kräutrigen Pét-Nat von Bianka und Daniel Schmitt aus Rheinhessen und den knochig-hefigen Cremant Brut Nature der Domaine Brand & Fils aus dem Elsass) passt nicht nur unbedingt auch als Speisenbegleitung. Trinken zum Essen (und danach weitertrinken) ist ja ohnehin die treffende Wesensbeschreibung einer Gastrobar. Zudem sind die Flaschenpreise von zumeist um 40 Euro gastfreundlich kalkuliert. Was glasweise ausgeschenkt wird, das meiste eigentlich, wird informell geregelt. Was, so unsere kurze Empirie an diesem Donnerstagabend, für beide Seiten eine offensichtlich sehr glückliche Lösung ist. Toller, unaufgeregter und aufrichtiger Laden mit einem angenehm lässigen Schick.

  • Holly Berlin Mainzer Str. 23, Neukölln, Mi–Sa 18.30–1 Uhr, Tel. 030/50 95 10 10, online

Mehr Berliner Genusskultur

Noch eine tolle Gastrobar ist die Bar Normal an der Oderberger Straße. Unterwegs in Neukölln? Von Falafel bis Fine Dining, hier sind wirklich gute Restaurants in Neukölln. Wer danach noch gemeinsam aufs Leben anstoßen will, schaut vorbei in diesen Bars in Neukölln: Noble Kneipen, urige Schenken und wilde Kräuterlabore. Immer einen abendlichen Ausflug wert sind auch diese Alt-Berliner Kneipen: Hier pichelt Berlin schon seit über 100 Jahren.

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