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Essen in Berlin: Die Gewinner und Verlierer 2021

In Sachen Essen und Essensversorgung ist Berlin in ständigem Wandel, und immer wieder gibt es Überraschungen. Dass ein Restaurant für gezogene Nudeln nach chinesischer Art Mustafa’s Gemüse Kebap in Sachen Schlange Konkurrenz macht, haben wir nicht erwartet. Wir haben auch nicht zu fürchten gewagt, dass Hamy irgendwann mal die Preise erhöht. Dazu kommt dann dank einer gewissen Pandemie noch ein Wandel in Sachen Essenbeschaffung, Stichwort Gorillas, Stichwort Takeaway. Wer in Sachen Essen in Berlin 2021 gewonnen hat und wer verloren, das lest ihr hier.

Essen in Berlin: Die Gewinner 2021

Wen Cheng

Durch den neuen Imbiss Wen Cheng in Prenzlauer Berg weht frische Luft in der Berliner Nudelszene. Jane hat das Geheimnis gelüftet. Foto: Wen Cheng

Weg mit Mustafa’s: Es gibt eine neue Fast-Food-Schlange in der Stadt, vor dem Wen Cheng. Das Restaurant wurde im Juni von den Besitzern des Nudel- und Dumpling-Franchiseunternehmens Han West eröffnet. Während die Touristen am Mehringdamm Schlange stehen, um das zu essen, was sie für authentisches Berliner Street Food halten, warten die Berliner selbst auf der Schönhauser Allee geduldig auf eine Schüssel handgezogener, lasziv dicker, mit Chili-Öl bestrichener Nudeln nach Xi’an-Art. Könntet ihr in der Zeit eure eigene Variante zubereiten? Wahrscheinlich schon. Würde sie sogar besser schmecken? Möglicherweise. Aber es wird auf Instagram nicht so gut aussehen, und ihr werdet nicht damit prahlen können, dass ihr das Nudel-Äquivalent des Berghain erobert haben.

  • Wen Cheng Schönhauser Allee 65, Prenzlauer Berg, Di-Sa 17-21 Uhr, So 12-15 u. 17-21 Uhr

HomeMeal (und Heimköche)

MealDeal: Afropot hat während der Pandemie angefangen, Köstliches aus der eigenen Küche anzubieten.. Photo: Yozy Zhang

Das lokale Startup, das früher unter dem Namen HomeMealDeal bekannt war, hatte nicht ganz das erfolgreiche Jahr, auf das seine Gründer gehofft hatten. Ein Labyrinth aus bürokratischen Hürden bremst die geplante Expansion der App für Hausmannskost über Kreuzberg-Friedrichshain, Tempelhof und Mitte hinaus. Aber dank ihrer Arbeit als Vermittlerin zwischen normalen Bürgern und den drakonischen Gesundheitsbehörden der Stadt hat sie jedem, der über Kochkünste und Platz für einen zweiten Kühlschrank verfügt, einen Weg eröffnet, seine eigenen kulinarischen Kreationen zu verkaufen. Und wenn die gegrillten Fische aus Kerala, die Schweinebrötchen aus Singapur und die kolumbianischen Empanadas, die wir beim allerersten Heimkoch-Wettbewerb der App im November probiert haben, ein Hinweis darauf sind, dann beherbergen Berlins Küchen einige ernstzunehmende – und stark unterrepräsentierte – Talente.

Milchprodukte

Drauf ist auf dem Urstrom Käse, was drin ist: eine Jersey-Kuh aus dem Urstromtal. Foto: Clemens Niedenthal

Sich mit Steak vollzustopfen ist so passé – aber niemand hat etwas gegen Käse gesagt. Burrata war im Jahr 2021 besonders unausweichlich, ob als Garnierung einer gebratenen Batura im sri-lankischen Fusion-Lokal Sathutu, mit Kaffeeschalensirup beträufelt im umstrittenen neuen Café Frieda oder auf einer der zahlreichen neapolitanischen Pizzen in der Stadt. Näher an der Heimat hat Urstrom Käse die Rolle von Berlins Liebling der Locavore-Szene übernommen. Von Barra über Jaja bis hin zu Eszra – keine Neuköllner Weinbar kann auf das reichhaltige, cremige Produkt verzichten, das aus der Milch von rund 400 Jersey-Kühen in Brandenburg hergestellt wird.

Essen in Berlin: Die Verlierer 2021

Gorillas

Der Lieferdienst Gorillas steht immer wieder aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen in der Kritik. Ein Betriebsrat soll helfen. Foto: Imago/Sabine Gudath

Der in Berlin ansässige Lebensmittellieferant mag in diesem Jahr zu einem Reichtum gelangt sein, der die kühnsten Träume seiner Gründer übersteigt, aber er hat die Herzen und Köpfe der Berliner verloren. Als sich die Fahrer massenhaft gegen ihre Arbeitsbedingungen und das schlechte Management auflehnten, reagierte die Unternehmensspitze mit gewerkschaftsfeindlichen Taktiken, die, ehrlich gesagt, zum Kotzen waren. Von dem Versuch, die Mitarbeiter mit Freibier von einer Vollversammlung wegzulocken, über das Eindringen in Streikposten, die sich als Mitarbeiter ausgaben, die „nur fahren wollten“, bis hin zur Entlassung von Streikenden – es sah nicht gut aus. Die fette neue Bewertung von 2,1 Milliarden Dollar hat den Schlag der Gegenreaktion aber wahrscheinlich abgefedert.

Feines Essen zum Mitnehmen

Ja, so richtig geiles Essen auf dem Sofa ist toll, aber wenn es um echtes Fine Dining geht, überlassen wir das Anrichten doch auch weiterhin lieber den Profis. Foto: Imago/Panthermedia/Grafvision

Von all den Möglichkeiten, wie sich Restaurants an die Winter-/Frühjahrssperre angepasst haben – von Street-Food-Pop-Ups über den Online-Verkauf von Essiggurken bis hin zur einfachen Schließung – war dies unsere unbeliebteste. Alleine ein Essen in Michelin-Qualität zuzubereiten, scheint eine gute Idee zu sein, bis man von einem Meer aus schmutzigen Töpfen und Plastik-Vakuumbeuteln umgeben ist und mühsam versucht, einen Haufen Radieschensprossen auf einer einzigen Sous-Vide-Garnele zu balancieren, die man nicht einmal in Ruhe probieren kann, weil man gleich danach den nächsten Gang auf den Teller bringen muss.

Unser Portemonnaie

Alles wird teurer, sogar das Curry bei Hamy. Foto: Imago/Rolf Poss

Zwischen Problemen in der Lieferkette, ständig steigenden Mieten und einer postpandemischen Belegschaft von Köchen und Kellnern, die plötzlich die Frechheit besitzen, eine Bezahlung zu fordern, die ihrem tatsächlichen Wert entspricht, ist Berlins Ruf als Mekka für Geizhälse ernsthaft unter Beschuss geraten. Und das ist auch gut so: Tief im Innern fühlte man sich schon immer ein wenig schmutzig, wenn man weniger als fünf Euro für eine der großen Nudelsuppen im Hamy bezahlte (die jetzt, bitteschön, sechs Euro kosten).


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