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Richard Bistro: Sterne-Restaurant als ziemlich bestes Wirtshaus

Das Sterne-Restaurant Richard wird nun zeitweise zu einem Bistro – und auch das gelingt exzellent. Hier werden handwerklich hervorragende Gerichte serviert, die sowohl zeitgenössisch als auch von zeitloser Souveränität geprägt sind. Ein aufrichtiges und zugleich spektakuläres kulinarisches Erlebnis. tipBerlin-Redakteur Clemens Niedenthal ist begeistert.

Kulinarisch spektakulär: das Richard Bistro in Neukölln. Foto: Vaan Erofeev

Richard Bistro: Zeitlose Souveränität

Um niemanden unnötig auf die Folter zu spannen: Dieser Abend auf dem üppig umgrünten Trottoir vor dem Richard in der Köpenicker Straße war einer der kulinarisch spektakulärsten und gleichzeitig selbstverständlichsten dieses Jahres. Er war unbedingt zeitgenössisch, nicht nur im Glas (unbedingt den schalenvergorenen Monocromo Rosato von Mario Macciocca probieren). 

Und gleichzeitig von einer zeitlosen Souveränität, die sich etwa im handgeschabten, herrlich schlonzigen (gebutterten!) Tatar zeigen sollte, serviert einzig mit einer Scheibe Toast. Oder in wunderbar mineralischen Dine de Claire Austern: Deren kühlende Frische wurde mit Gurke und Dillöl nonchalant herausgearbeitet, wo es andernorts ja gerade en vogue ist, ganze komplexe Gerichte in eine Austernschale zu packen. Das überfordert dann auch das beste Produkt.

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Zwei Teller, die ganz gut pointieren, worum es Hans Richard und seiner warmherzigen Gastgeberin Bernadette Wullich mit dem im Juli eröffneten Richard Bistro also geht. Und, nein, ich meine nicht das beinahe gleichnamige Restaurant. Im elften Jahr seines Bestehens nämlich wird das mediterran grundierte, von einem Michelin-Stern beschienene Restaurant Richard von Montag bis Mittwoch (und sonntagmittags) zu einem Wirtshaus, einem Bistro, einer Brasserie.

Hans Richard und Bernadette Wullich haben in Berlin ein wunderbares (sie nennen es) Bistro eröffnet. Foto: Vaan Erofeev

Die Rahmenhandlung sei deshalb kurz umrissen: Fine Dining kriselt, auch und gerade in Berlin. Im Nobelhart & Schmutzig gibt es deshalb nun mittwochs Grillhähnchen zum tischweisen Teilen. Im Prism serviert Gal Ben Moshe sein Menü jetzt auch für Zwei, halbe Portionen zum halben Preis. Und selbst im Rutz, Berlins einzigem Dreisterner, können Gäste von Dienstag bis Donnerstag gut zehn Prozent sparen, sieben Gänge kosten dann 265 statt 300 Euro. Und das Restaurant Richard? Es wird die Hälfte seiner Tage eben zum Bistro.

Liegt es jetzt an einer Pandemie, die uns das Homing und mehr noch das lustvolle Selberkochen gelehrt hat? Liegt es an den gestiegenen, notwendigerweise gestiegenen Preisen, nicht nur in der Gastronomie?

Ein wenig liegt es auch an einer Stadtgesellschaft, beziehungsweise ihren kulinarischen Milieus, die den Ritualen des Fine Dining, den vielen Tellern, der konzentrierten Atmosphäre, auch dem daraus resultierenden Menüpreis längst nicht mehr mit offenen Mündern entgegen staunt. Die Sehnsucht nach dem Einfachen und Vollmundigen, auch nach gewissen Traditionen ist zurück.

Dass aber ein Teller Muscheln so tief und intensiv schmecken kann, dass man den Sud im Teller danach schlicht austrinkt (und das für zwölf Euro), dass das Entrecôte vom Schwäbisch-Hallischen Freilandrind (28 Euro) zu jenem Erlebnis wird, das man in manchem Promilokal dieser Stadt immer vermisst, das zeigt wiederum, dass wir es mit einem Gastronomen zu tun zu haben, der nicht anders kann, als aufrichtig und spektakulär gut zu kochen.

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Was im Fall von Hans Richard, aufgewachsen in einem Grand Hotel in den Schweizer Alpen, danach ein Studium der Kunst, woher die Kontakte rühren, dank derer der ohnehin traumschöne Gastraum aus der vorvergangenen Jahrhundertwende immer auch ein künstlerisch wertvoller (und inspirierender) ist… Was im Falle von Hans Richard also wörtlich zu nehmen ist: Er arbeitet handwerklich exzellent und sowieso aufrichtig. 

Vergleiche sind müßig, dennoch mag ich die Züricher Kronenhalle nennen, wahrlich eine Institution. Oder die süddeutsch-frankophile Interpretation eines dieser exzellenten britischen Gastro-Pubs. Zum Abschied noch ein gar nicht süßes Zitronensorbet (auf Wunsch im Wodkabad) und ein herrlich süßes Meringue suisse. Ach was, zum Abschied, wir kommen sowieso bald wieder. Zum Sunday Roast zum Beispiel, zur geschmorten Lammschulter.

  • Richard Bistro Köpenicker Str. 174, Kreuzberg, So 12.30–20.30 Uhr, Mo–Mi 18–23 Uhr, online

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