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Filmkritik

„Una escuela en Cerro Hueso“: Leiser, unpathetischer Film über Autismus

Die argentinische Regisseurin Betania Cappato verfilmt mit „Una escuela en Cerro Hueso“ (Eine Schule in Cerro Hueso) einen Teil ihrer eigenen Familiengeschichte: Sie erzählt von einer Bildungseinrichtung, die ganz unbefangen mit einer autistischen Schülerin umgeht – und findet dafür den richtigen Ton. Unsere Kritik.

"Una escuela en Cerro Hueso": Die sechsjährige Ema ist eine aufmerksame Beobachterin der Welt. Foto: Betania Cappato & Iván Fund
„Una escuela en Cerro Hueso“: Die sechsjährige Ema ist eine aufmerksame Beobachterin der Welt. Foto: Betania Cappato & Iván Fund

Was unter dem Begriff Autismus subsumiert wird, ist manchmal schwer zu fassen. Für die Betroffenen kann die Diagnose sowohl eine leichte Kommunikationsstörung bedeuten als auch das Leben in einer ganz eigenen Welt. Sowie alles dazwischen. Auch die sechsjährige Ema (Clementina Folmer) ist eine Autistin: Sie spricht nicht, scheint die Welt allerdings aufmerksam, wenngleich ohne große Gefühlsregungen wahrzunehmen. Sie lebt zwar nicht in einer anderen Welt, hat aber – wie später eine Lehrerin einmal anmerken wird – ihr eigenes Tempo.

„Una escuela en Cerro Hueso“ erzählt als Spielfilm die Familiengeschichte der argentinischen Regisseurin Betania Cappato: 17 Schulen hatten die Einschulung ihres autistischen Bruders abgelehnt, ehe die Familie eine Schule auf dem Lande fand, die ohne Bedenken bereit war, das Kind in seine Gemeinschaft aufzunehmen.

Ganz unprätentiös feiert der Film diesen Gedanken der natürlichen Solidarität – und die Notwendigkeit, etwas für seine Umwelt zu tun: Auch Emas Eltern, die sich in der kleinen Gemeinde erst einmal einleben müssen, bringen sich bald in das Dorfleben ein, etwa indem der Vater die Errichtung eines Gemeinschaftsgartens initiiert.

„Una escuela en Cerro Hueso“: Kaum Worte, gar kein Pathos

Im Mittelpunkt des Film aber steht der verständnisvolle Umgang der Lehrerin und der Klassenkamerad:innen von Ema, die im Unterricht zu nichts gedrängt, aber stets beharrlich in all die Lernspiele der Erstklässler einbezogen wird. All die liebevollen kleinen Gesten (wie der flüchtige Kuss einer Mitschülerin auf dem Schulhof) zeigen bei Ema langsam erste Erfolge: Vehement wehrt sie sich etwa, als ihre Mutter die Schmucksticker, mit denen ihre Schulfreundinnen sie beklebt haben, abends wieder entfernen will. 

„Una escuela en Cerro Hueso“ kommt ohne viele Worte und gänzlich ohne Pathos aus, gibt – im Sinne der Hauptprotagonistin – den Geräuschen und Gesten mehr Raum, und überzeugte damit offenbar auch die Internationale Jury der Sektion Generation der Berlinale 2021, die den Film mit dem Zweiten Preis (einer Lobenden Erwähnung) im Wettbewerb Generation Kplus auszeichnete. 

Una escuela en Cerro Hueso RA 2021, 70 Min., R: Betania Cappato, D: Clementina Folmer, Mara Bestelli, Pablo Seijo


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