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„The Mystery of Banksy“: Ausstellung über Briten in Berlin wieder geöffnet

Die Banksy-Ausstellung „The Mystery of Banksy – A Genius Mind” in Berlin zeigt bis zum 29. August 2021 mehr als 100 Kunstwerke des britischen Künstlers in der Station Berlin in Kreuzberg. Nach einer kurzen Pause – Stichwort Bundesnotbremse – geht es nun weiter. Wir haben uns die Ausstellung genauer angeschaut und mit den Organisatoren sowie der Kuratorin Virginia Jean über den wohl berühmtesten, wenngleich weiterhin anonymen Street-Art-Künstler gesprochen.

Der Eingang zur Banksy-Ausstellung in Berlin ist dem Hotel in Betlehem nachempfunden. Foto: Imago/Photopress Müller
Der Eingang zur Banksy-Ausstellung in Berlin ist dem Hotel in Betlehem nachempfunden. Foto: Imago/Photopress Müller

Die unautorisierte Banksy-Ausstellung in Berlin

Die Ausstellung beginnt bereits im Foyer, wo die Front des von Banksy in Betlehem gegründeten Hotels „The Walled Off Hotel“ ausgestellt ist. Der Name prangt in großen Lettern über dem Eingang und suggeriert eine Ausstellung im Inneren eines Hotels. Von dort erstrecken sich die mehr als 100 originalgetreu nachgestellten Werke in großen offenen Räumen, lassen Platz zum Verweilen und Nachdenken.

„Ich bin selber ein Fan von Banksy“, sagt Organisator und Musical-Produzent Oliver Forster von COFO Entertainment. Gemeinsam mit dem Berliner Concertbüro Zahlmann organisierte der Passauer das eigens für die Hauptstadt geschaffene Setting. Hier werde ein einzigartiger Ansatz verfolgt, um den Mythos und das Leben um den Künstler herum zu beleuchten. „Einen Original-Banksy bestaunen zu können ist […] eine absolute Seltenheit. Wir versuchen nun, mit ‚The Mystery of Banksy – A Genius Mind‘ anhand originalgetreuer Reproduktionen die besten und eindrucksvollsten Motive an nur einem Ort […], aber trotzdem mit hohem Qualitätsanspruch erlebbar zu machen.“

Das betont auch die Kuratorin Virginia Jean, die nicht nur für die Ausstellung in Berlin sondern auch in Heidelberg verantwortlich ist. „Wir wollen hier keine Kunstwerke der Öffentlichkeit entreißen. Wir wollen es allen zugänglich machen“, sagt sie. „Wir haben hier Street-Art-Artists angeheuert und ins Team aufgenommen, die das wirklich leben.“ Die originalgetreuen Nachbildungen sind der Kuratorin sehr wichtig. Insbesondere bei den Murals sei ihr aufgefallen, dass viele Besucher:innen dachten, die Motive wären lediglich als Sticker aufgeklebt. Sie und ihr Team machten die Besucher:innen dann darauf aufmerksam, dass dies alles echt sei und so wie das Original verarbeitet wurde.

Seit 1997 tauchen Banksy-Werke auf

Sowohl die Mauer als auch die darauf abgebildeten Graffiti sind dem Original in Betlehem nachempfunden. Foto: Imago/Photopress Müller
Sowohl die Mauer als auch die Graffiti in der Banksy-Ausstellung in Berlin sind dem Original in Betlehem nachempfunden. Foto: Imago/Photopress Müller

Die Britin lebt nun bereits seit fast sieben Jahren in Berlin. Sie gilt als Expertin der Banksy-Werke und Fachfrau der Street-Art-Branche. Der Künstler selbst war seit jeher ein großer Einfluss und eine große Inspiration für sie, weshalb es ihr persönlich wichtig war, die Werke auszustellen. „Da ist man als Kuratorin nicht ganz unvoreingenommen“, gibt sie zu. Einige persönliche Favoriten und Werke, die sie selbst berühren und beeinflusst haben, sind hier ausgestellt.

Betritt man den nachgebauten Hoteleingang, so gelangt man in die eigentliche Lobby, welche man in dem direkt an der Grenze zu Palästina stehenden Hotels betrachten kann. Hier erwartet einen die ungewöhnliche Einrichtung der ungewöhnlichen Unterkunft direkt an der Sperrmauer, die Israelis und Palästinenser trennt.

Es folgt eine Übersicht über Banksys Werke, die schon in den 1990er-Jahren in der Öffentlichkeit auftauchten. „Viele denken, dass Banksy und seine Kunst ein neues Phänomen sind, das es erst seit zwei oder drei Jahren gibt“, erklärt der COFO-Geschäftsführer. Mit dieser Timeline wolle man zeigen, dass der Künstler bereits seit längerer Zeit aktiv ist – seit 1997 nämlich.

Banksy-Ausstellung in Berlin: Ratten, Affen, Politik und Corona

Das aufgrund der Corona-Pandemie im "Homeoffice" entstandene Werk zeigt ein Badezimmer, das von Ratten verwüstet wird. Foto: Imago/Photopress Müller
Das aufgrund der Corona-Pandemie im „Homeoffice“ entstandene Werk zeigt ein Badezimmer, das von Ratten verwüstet wird. Foto: Imago/Photopress Müller

Erstes Highlight und Lieblingswerk der Organisatoren ist das Gemälde „Devolved Parliament“ („Dezentralisiertes Parlament“, auch „Zurückentwickeltes Parlament“), in welchem Banksy die Politiker des britischen Abgeordnetenhauses als Affen darstellt. Das nahezu originalgetreue Replikat wird hier durch eine Video-Installation inklusive Soundeffekte unterstützt. Während man das Leinwandgemälde betrachtet (dessen Original für 11,06 Millionen Euro versteigert wurde), tönt die Originalstimme von Premierminister Boris Johnson aus den Lautsprechern; darübergelegte Affengeräusche bilden die Krönung der Zurschaustellung der britischen Politik, insbesondere in Bezug auf den Brexit.

Das Herzstück der Banksy-Ausstellung – eine Videodokumentation, die sich den Kunstwerken des Briten insbesondere aus den vergangenen drei Jahren widmet – folgt im nächsten Raum. Gleichzeitig werden hier einige der Skulpturen von Banksy ausgestellt.

„Wir machen keinen Hehl daraus, dass dies eine Repliken-Ausstellung ist“

Die gesamte Ausstellung sei in Absprache mit der von Banksy ins Leben gerufenen Non-Profit-Organisation „Pest Control“ entstanden, die die Werke des Künstlers auf Echtheit überprüfen und somit Fälschungen auf dem Markt zu regulieren versuchen. Vorab habe man darauf hingewiesen, dass diese Ausstellung geplant sei und man in den Stücken, trotz der Anfertigung von anderen, international renommierten Künstler:innen, den wahren Künstler wiedererkennt.

Das circa 21 Meter lange originale Graffiti tauchte in New York auf und forderte die Freilassung der inhaftierten Zehra Dogan. Banksy erhielt daraufhin ein Dankesschreiben der Künstlerin. Foto: Imago/Photopress Müller
Das circa 21 Meter lange originale Graffiti tauchte 2018 in New York auf und forderte die Freilassung der inhaftierten Zehra Dogan. Banksy erhielt daraufhin ein Dankesschreiben der Künstlerin. Foto: Imago/Photopress Müller

„Wir machen keinen Hehl daraus, dass dies eine Repliken-Ausstellung ist“, sagt Forster auch im Hinblick auf fehlende Originalstücke. In München würden einige Originale stehen, sie sind Leihgaben. Die drei Banksy-Ausstellungen in Berlin, München und Heidelberg unterscheiden sich in einigen Werken, sodass man in jeder Ausstellung immer wieder neue Stücke entdeckt. Das würde die Kuratorin auch so beibehalten. In allen drei Ausstellungen geht es „um den gleichen Künstler, um die gleichen Werte und die gleiche Message“, nur die Erfahrung ist anders. „So würde ich das auch definitiv beibehalten. Mir ist ein gewisses Grundgefühl wichtig; dass man berührt wird und persönlich die Message verstanden hat.“

Es geht weiter zum zweiten Highlight der Ausstellung, auf dessen Weg man an dem riesigen Wandgemälde, welches der türkisch-kurdischen Künstlerin und Journalistin Zehra Dogan gewidmet ist, vorbeikommt. Es folgt ein Nachbau der Londoner U-Bahn, die der Künstler 2020 in Hinblick auf die Pandemie besprüht hat. Eine Ratte, die mit einem Mundschutz als Fallschirm herabsegelt, eine andere, die ohne Mundschutz einen Schwall grüner Farbe an die Fensterwand niest und wieder eine weitere Ratte, die ein Desinfektionsmittel in den Krallen hält, sollten darauf aufmerksam machen, wie wichtig das Tragen einer Maske in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist. Das Graffito wurde bereits kurz nach Entstehung wieder entfernt, lediglich ein Instagram-Post des Künstlers erinnert daran, dass es existierte.

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Der letzte Abschnitt der Banksy-Ausstellung in Berlin ist wie eine Galerie aufgebaut, dessen Gemälde zu circa „50 Prozent deckungsgleich mit denen in München“ seien. In diesen etwas kleineren Räumen zeigt sich ebenso das durchdachte Farbkonzept: Die Wände sind jeweils in den Farben Blau, Weiß und Rot gehalten und sollen so an die Flagge Großbritanniens erinnern. Obwohl viele bekannte Banksy-Werke hier ausgestellt sind, stechen wohl keine so sehr ins Auge wie die beiden nebeneinander hängenden „Girl with Balloon“ („Mädchen mit Ballon“) und „Love is in the bin“ („Liebe ist im Eimer“). Die beiden Kunstwerke zeigen dasselbe Motiv. Aber das „Mädchen mit Ballon“ wurde 2018 während der Versteigerung von selbst zerstört. Der Plan war – so Banksy im Nachhinein – das Gemälde vollständig durch den im Rahmen versteckten Schredder zu jagen, doch durch einen Fehler wurde nicht das ganze Bild zerstört.

Umsatz geht als Spende an die Seenotrettung

Das letzte Ausstellungsstück ist dem Seenotrettungsschiff „Louise Michel“ – benannt nach einer französischen Anarchistin – gewidmet. Banksy greift in seiner Kunst oft die Themen der Flüchtlingskrise auf; mit der Finanzierung und Bemalung des unter der deutschen Flagge fahrenden Schiffs, welches Migranten im Mittelmeer rettet, tut er dies auch weiterhin. Ein Teil des Umsatzes, der aus den Souvenirs der Ausstellungen hervorgeht, geht direkt als Spende an die „Louise Michel“. Aber auch eine Spendenbox ist direkt beim Kunstwerk aufgestellt. Diejenigen, die also direkt etwas Spenden möchten, können dies somit tun. „Alles, was da rein geht, geht auch genau so an sein Projekt, und das ungefiltert“, erklärt Virginia Jean. Die Box mussten sie bereits einige Male leeren, so einiges ist also bereits zusammengekommen. „Tatsächlich hatten wir da auch schon Briefe drin, das war wirklich schön.“

Die MV Louise Michel hat nach eigenen Angaben bereits 89 Menschen im Mittelmeer das Leben gerettet. Foto: Louise Michel
Die MV Louise Michel hat nach eigenen Angaben bereits 89 Menschen im Mittelmeer das Leben gerettet. Foto: Louise Michel

Eine Banksy-Ausstellung inmitten einer Pandemie

Vor dem eigentlichen Ausgang erstreckt sich noch eine meterlange, normalerweise leere, weiße Wand. Bei der Eröffnung noch total weiß, ist sie nun über und über mit Kritzeleien, die die Besucher:innen hinterlassen haben. „Die mussten wir schon einige Male überstreichen“, erklärt Virginia Jean. Die Wand dient den Besucher:innen dafür, ihre Gedanken und Meinungen auszudrücken. „Wir geben den Leuten hier nichts vor. Das ist eine weiße Wand und dazu gibt es ein paar Stifte.“ Bei den Sprüchen sei alles dabei.

Von „Papa ist der Beste“ über Liebesbriefe an Banksy bis hin zu zum Nachdenken anregende Gedanken. „Hinterfragen, nicht blind konsumieren“, „Take care of each other“ oder auch kurze Gedichte, wie „Brick by brick, wall by wall will the European system fall“ säumen die Wand. Am liebsten würde das Team die Wände der jeweiligen Ausstellungen erhalten, sie seien eine eigene Ausstellung wert. Allerdings könne man das nicht machen. Zwei Tafeln rechts und links weisen weitere Informationen über die Kooperationspartner und die Veranstalter auf. Diese sind ebenfalls beschrieben und könnte man eventuell behalten.

Die normalerweise weiße Wand ist voll mit Gedanken und Meinung der Besucher:innen. Foto: tipBerlin-Redaktion
Die normalerweise weiße Wand ist voll mit Gedanken und Meinung der Besucher:innen. Foto: tipBerlin-Redaktion

„Die gesamte Banksy-Ausstellung in Berlin war eine Spontan-Aktion“, erklärt Oliver Forster. In lediglich zwei Monaten sei die Schau „The Mystery of Banksy – A Genius Mind” entstanden. Mit dem Team wurde jedoch „das Unmögliche möglich“ gemacht. Die Nachfrage nach einer Ausstellung sei groß; das habe der Musicalveranstalter bereits in München erlebt. Er erwarte hier in Berlin rund 50.000 Besucher:innen.

Alle Zeitfenster der ersten drei Tage waren bereits restlos ausgebucht. Die Organisatoren sehen, dass das Interesse da ist. Beide versichern, dass die Tickets, die während des anschließenden Lockdowns gebucht wurden, ihre Gültigkeit behalten. Die Kuratorin rät außerdem, die Tickets am besten vorher online zu buchen. „Es ist schade, wenn hier jemand herkommt […] und dann gibt es keine Tickets für den Tag. Es tut uns super leid, wenn wir dann Leute wegschicken müssen.“

Für genug Abstand und Hygiene ist bei eurem Besuch gesorgt. Ihr könnt vor eurem gebuchten Zeitfenster einen Corona-Schnelltest auf dem Gelände machen (oder vorab woanders). Bei negativem Ergebnis dürft ihr die Ausstellung besuchen. Insgesamt können 40 Personen in einem Zeitfenster à 30 Minuten die 1.600 Quadratmeter große Ausstellung begehen. Auch im Inneren regulieren und prüfen Angestellte den Mindestabstand und achten beispielsweise beim Betreten der nachgebauten Londoner U-Bahn darauf, dass sich nicht zu viele Besucher:innen in ihr aufhalten. Unterschiedliche Ein- und Ausgänge trennen zudem den Besucher:innen-Strom.

Wer steckt hinter dem Künstlernamen Banksy?

Banksys wahre Identität ist eines der größten Geheimnisse der Kunstwelt. Der (oder die) etwa 1974/75 geborene Künstler:in stammt aus Bristol, Großbritannien. Die ersten gesprühten Street-Art-Werke stammen aus den 1990er-Jahren. Ab 2013 gab es erste Ausstellungen der Werke, so wurden auch einige in Museen geschmuggelt, wie zum Beispiel in die Tate Modern in London oder in den Pariser Louvre.

Banksy widmet sich in den Werken aktuellen Themen, die alle Menschen beschäftigen (sollten). So handeln sie überwiegend von der Flüchtlingskrise, dem Klimawandel, politischen und sozialen Ereignissen, wie dem Brexit, aber auch Obdachlosigkeit und Konsumverhalten. Auch werden jeher die Spielregeln der Kunstwelt kritisiert und sich mal mehr, mal weniger über diese lustig gemacht. Banksy wird von keiner Galerie vertreten. Durch die steigende Bekanntheit des Künstlers werden vermehrt gefälschte und (illegal) vervielfältigte Werke eingeführt, die zum Beispiel im Internet ohne Zertifikat versteigert werden.

  • The Mystery of Banksy – A Genius Mind STATION-Berlin, Luckenwalder Str. 4-6, Kreuzberg, bis 29.8.2021, Website.

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