Kultur

„Corona Culture“ in Alter Münze: Pandemie-Kunst in Katakomben

In der Alten Münze läuft derzeit die Ausstellung „Corona Culture“. Kunstschaffende haben sich mit den verschiedenen Phasen der Pandemie beschäftigt. In den Katakomben nahe dem Roten Rathaus sind die Ergebnisse zu sehen. Ein unterirdischer Kunstrundgang mit spannenden Arbeiten – und guten Absichten.

„Corona Culture“ in der Alten Münze: Mehr als 100 Kunstschaffende nähern sich auf 4000 Quadratmetern der Frage an, was die Pandemie mit ihnen und uns macht. Foto: Dominika Diandini

„Corona Culture“: Abstrakte Werke, aber auch sehr direkte Arbeiten aus der und zur Pandemie

Denn es geht nicht nur um Ästhetik, um Interpretation und um (Be-)Deutungsmöglichkeiten in der Alten Münze. Einer der Räume ist zum Beispiel SeaWatch gewidmet. Die Installation beginnt mit einem Film, der an eine der rauen, unverputzten Wände projiziert wird und ein Meer zeigt. Zuerst nicht ersichtlich, beginnt ein weiterer Beamer, Bilder auf den Boden des Bereiches zu werfen – das Wasser aus dem Film scheint sich in den Raum zu ergießen. Es wirkt beklemmend, nichts jedoch im Vergleich zu dem, was Geflüchtete erleben, die in diesen Fluten untergehen. Die Besuchenden stehen vor der Frage, wie sehr sie in ihrer eigenen Welt eigentlich in den vergangenen Monaten ertrunken sind – und wie das in Relation zum alltäglichen Elend in anderen Teilen der Welt steht.

Andere Werke sind weniger offensichtlich, vielen wohnt allerdings Resignation inne, Angst, Unsicherheit, teils aber auch Hoffnung. 100 Künstler:innen aus 30 Nationen stellten sich für „Corona Culture“ die Frage, wie die Pandemie die Werte, aber auch Beziehungen und Sehnsüchte beeinflusst. Für sie selbst, aber auch die Gesellschaft. Zwischen abstrakten Werken findet sich aber auch eine Ecke von „Notes of Berlin“: Fotos zeigen Alltagsnotizen von Menschen im öffentlichen Raum, die so nur entstehen konnten, weil die Welt in eine Ausnahmesituation geraten ist.

Leben in Zeiten der Pandemie: Einige Künstler:innen setzen sich sehr direkt mit dem Thema auseinander und deuten es bei „Corona Culture“ nach eigenem Empfinden um, etwa diese Arbeit von Spencer Tunick. Copyright: Spencer Tunick

Tresorräume und Produktionshallen sind Ausstellungsfläche von „Corona Culture“

In den Tresorräumen und Produktionshallen des ehemaligen Münzprägewerks am Molkenmarkt entstand so auf 4000 Quadratmetern eine einzigartige Ausstellung – „ein Mosaik an künstlerischen Momentaufnahmen, die die Herausforderungen, aber auch die Möglichkeiten dieser Zeit der tiefgreifenden Transformation zeigt“, wie es in der Ankündigung heißt. Eigentlich hätte „Corona Culture“ schon im Frühjahr beginnen sollen, allerdings war das aufgrund der pandemischen Lage noch nicht möglich. Angesichts der Thematik nicht ganz frei von Ironie.

Wie bei anderen Ausstellungen der vergangenen Wochen und Monate – etwa Studio Berlin im Berghain und der aktuell noch laufenden Metabolic Rift im Kraftwerk und Tresor – ist auch bei „Corona Culture“ die industrielle Kulisse ein wichtiger Faktor: die unwirtlichen Räume mit ihrem Industrial-Charme wirken bereits so stark, dass die Kunst kräftig gegensteuern muss – oder sie einfach einbezieht, wenn etwas Licht auf Turbinen und Gerüste fällt und besondere Stimmungen schafft. Nicht immer hält die Substanz des Dargebotenem mit dem Stil mit. Der überwiegende Teil der Kunstwerke ist aber eben doch substanzieller als nur die Instagram-Story interessant.

Die unterirdischen Katakomben des ehemaligen Münzprägwerks bilden den Hintergrund der Ausstellunge „Corona Culture“. Foto: tipBerlin

Alte Münze als „Raum für kollektive Erfahrungen“

Kuratiert wurde die Ausstellung vom Duo Kala & Krüger mit der Absicht, ungesehene Formen von Kunst-, Kultur- und Veranstaltungsformaten zu entwickeln, um den Blick auf neue mögliche Wege zukünftiger Realität zu werfen. „Unser Ziel ist es, Menschen zusammenzubringen, um neue Netzwerke und Gemeinschaften zu bilden, indem wir Raum für kollektive Erfahrungen schaffen. Insbesondere in dieser Zeit des tiefgreifenden soziokulturellen Wandels, widmen wir unsere Arbeit dem Schützen und Kultivieren lebendiger Safe-Spaces für Kunst und Kultur.“

Die Ausstellung läuft noch bis 13. November 2021 und wird von einem Abendprogramm mit verschiedenen Veranstaltungen begleitet.

Performances und Auftritte sind Teil des Programmes von „Corona Culture“. Foto: Dominika Diandini
  • Corona Culture Alte Münze, Molkenmarkt 2, Mitte, täglich bis 13.11.2021, 12-20 Uhr, 11 Euro (ermäßigt 5,50), Infos und Tickets online

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