Wie Berlin klingt? Ganz unterschiedlich, denn ob für Fans großer Opern, schwungvoller Operetten oder unterhaltsamer Musicals: Die Stadt ist voller Bühnen, die euch das ganze Spektrum des Musiktheaters präsentieren. Wir sagen euch, was im Fokus der Opernhäuser steht, wo auch Kinder auf ihre Kosten kommen und was die Musicalwelt in Berlin bereithält.
Staatsoper Unter den Linden
Was für ein ehrwürdiges Haus: Die Staatsoper wurde 1741–1743 vom bedeutenden preußischen Architekten Wenzeslaus von Knobelsdorff errichtet und trug damals den Namen „Königliche Oper“. Berlins ältestes Opernhaus brannte schon einmal im 19. Jahrhundert nieder und wurde wieder aufgebaut, erlitt im Zweiten Weltkrieg abermals schwere Zerstörungen und wurde in der DDR rekonstruiert. In den Jahrhunderten seit der Eröffnung hat es natürlich alle Facetten des Musiktheaters erlebt.
Zahlreiche Größen der klassischen Musik wirkten hier. Das Haus erlebte die deutschsprachige Erstaufführung von Mozarts „Zauberflöte“, Giacomo Meyerbeer und Felix Mendelssohn Bartholdy wirkten hier, zudem August Wilhelm Iffland, den man noch heute wegen des Iffland-Rings kennt: Wer ihn trägt, gilt als bedeutendste:r Bühnenkünstler:in im deutschsprachigen Raum und legt im Testament die Nachfolge fest.
Auch in der DDR-Zeit war das Haus eine feste Größe in der Opernwelt, für die der Eiserne Vorhang etwas durchlässiger war als für andere: Auch im westlichen Ausland trat das Ensemble auf. Und nach der Wiedervereinigung stieg das Haus zu neuer, alter Größe auf – seit 1992 mit Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor auf Lebenszeit. Wer sich selbst davon überzeugen möchte, aber mit Opern-Etikette hadert, wartet einfach auf die Staatsoper für alle: Dann wird bei freiem Eintritt auf dem Bebelplatz musiziert und auf einer großen Leinwand gezeigt, was im Haus auf der Bühne läuft.
- Staatsoper Unter den Linden Unter den Linden 7, Mitte, Tel. 030/20 35 45 55, Spielplan, Infos und Tickets hier
Deutsche Oper Berlin
Der Mauerbau brachte den Westen in Verlegenheit, das wichtigste Opernhaus Berlins befand sich auf DDR-Gebiet. Und die traditionsreiche Deutsche Oper an der Bismarckstraße war im Krieg zerstört worden, sodass das Musiktheater in der eigenen Heimat ins Exil ging und beispielsweise im Theater des Westens Opern auf die Bühne brachte.
Nach Plänen der Architekten Heinrich Seeling und Fritz Bornemann entstand Anfang der 1960er-Jahre ein Neubau, der schon bald zum Repräsentationsbau West-Berlins wurde. Nachkriegs-Superlativ und Schaufenster des Westens: Mit 1859 Sitzplätzen ist die Deutsche Oper das größte Opernhaus der Stadt sowie eines der größten Opernhäuser Deutschlands.
Den Spielplan bestimmen entsprechend große Opern und Musiktheaterstücke, nicht zuletzt legendäre Wagner-Inszenierungen, bei denen der damalige Intendant Götz Friedrich selbst die Regie übernommen hatte. Seit 2021 ist „Der Ring des Nibelungen“ in einer Neuauflage von Stefan Herheim wieder komplett an der Deutschen Oper zu erleben, die sich darüber hinaus auch experimentelleren Musiktheaterformaten widmet: in der Tischlerei und seit der Pandemie bisweilen auch unter freiem Himmel.
- Deutsche Oper Berlin Bismarckstraße 34–37, Charlottenburg, Tel. 030/34 38 43 43, Spielplan, weitere Infos und Tickets hier
Komische Oper Berlin
Warum heißt es eigentlich Komische Oper? Komisch, das bedeutet hier weder merkwürdig noch besonders witzig, wobei letzteres der Sache nahe kommt. Die Opéra-comique ist ein in Frankreich entstandenes Musiktheatergenre, das zugänglicher sein soll als die manchmal als steif empfundenen Operninszenierungen anderer Häuser: mehr gesprochene Dialoge, volkstümlichere Inhalte. Über die Jahrhunderte sind die Gattungsgrenzen dabei zunehmend durchlässiger geworden, die Komische Oper Berlin hat sich den Geist der Zugänglichkeit allerdings bewahrt.
Das merkt man nicht nur an der Kleiderordnung, die so gar keine Vorschriften macht, sondern auch an kindgerechten Aufführungen und einem Kulturprogramm, das sich explizit auch an die Menschen in Berlin richtet, denen deutschsprachige Opern nichts sagen. Das so aufregende wie abwechslungsreiche Programm prägt Intendant Barrie Kosky, der 2012/13 sein Haus mehrfach zum Opernhaus des Jahres machte und auch nach Ende seiner Zeit weiter Regie führen möchte.
Das Bauwerk an der Behrenstraße ist bewusst schlicht, aber mit einer fein verzierten Fassade auffällig gestaltet. Die alte Komische Oper unweit der Friedrichstraße wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen – sie war trotz ihrer monumentalen Anmutung ohnehin recht eng. Ein Neubau dürfte in den kommenden Jahren entstehen, der Siegerentwurf steht bereits fest.
- Komische Oper Berlin Behrenstraße 55-57, Mitte, Tel. 030/47 99 74 00, mehr Infos, Spielplan und Tickets hier
Neuköllner Oper
Wer an der belebten Karl-Marx-Straße ein Opernhaus mit Wagner und Zauberflöte erwartet, hat sich getäuscht. Aber hinter der Neuköllner Oper steckt kein Etikettenschwindel, sondern ein Projekt, das seine Ursprünge in den 1970er-Jahren hat. Der Komponist Winfried Radeke hatte einen Kammerchor gegründet, der bald größere Ambitionen als nur Gesang hatte. So entstand ein Theater auf der Suche nach einem Weg, Musiktheater abseits von Opernkonventionen auf die Bühne zu bringen – zunächst an wechselnden Spielorten, seit 1988 dann am heutigen Platz in der Passage, wo ihr auch eins der schönsten Kinos in Neukölln findet.
Das Privattheater stemmt mit zehn bis 14 Eigenproduktionen pro Jahr – Uraufführungen und Klassiker – einen beachtlichen Spielplan. Und der hat eine ungeahnte Bandbreite: von aktuellen Musicals mit oft politischem Inhalt über avantgardistische Musiktheater-Produktionen bis zu historischen Raritäten reicht das Repertoire. Gesellschaftlich engagiert und genreoffen also – so lautet auch die Anforderung an den „Berliner Opernpreis – Composition“, den das Neuköllner Theater jährlich verleiht.
- Neuköllner Oper Karl-Marx-Straße 131/133, Neukölln, Tel. 030/68 89 07 77, Spielplan, Tickets und mehr Infos hier
Tempodrom
Wer rund um die Möckernbrücke abends spazieren geht, weiß ganz genau, ob im Tempodrom eine Aufführung ansteht oder nicht. Denn dann wird es voll in der sonst etwas verschlafenen Ecke von Kreuzberg, wo ein einem Zirkuszelt nachempfundener Bau die Menschen lockt.
Die sind oft genug für Konzerte unterwegs, aber eben nicht ausschließlich. Das Tempodrom ist auch ein beliebter Ort für Musiktheater-Gastspiele. Gerade Musicals, die um die Welt touren, machen hier gerne Halt, und dann sind statt Rockbands spektakuläre Inszenierungen zu sehen, bei denen schon mal der Kronleuchter auf die Bühne stürzen muss – das jedenfalls ist unverzichtbar für das Gelingen des „Phantoms der Oper“.
- Tempodrom Möckernstraße 10, Kreuzberg, Tel. 030/74 73 70, Tickets, Spielplan und weitere Infos hier
Admiralspalast
Der Admiralspalast kann ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblicken – die weit mehr als Opern und Revuen umfasst. Bevor hier Musiktheater Einzug hielt, war auf dem Grundstück an der Friedrichstraße ein Schwimmbad untergebracht, das im frühen 20. Jahrhundert einem Vergnügungstempel weichen musste. Dort konnte man immer noch baden, aber auch kegeln, Filmaufführungen sehen oder sich auf einer eigenen Eisbahn die Knie aufschürfen.
Nach umfangreichen Umbauten wurde das Gebäude um ein Theater im Art-déco-Stil erweitert, in dem zunächst Varieté-Aufführungen stattfanden, bevor der legendäre Hermann Haller hier seine Revuen präsentierte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war zunächst Schluss mit den seichteren Aufführungen, stattdessen nutzte die Staatsoper bis 1955 das Haus und brachte es auf 55 Opern-Inszenierungen. Im Anschluss zog das Metropol-Theater ein und amüsierte das Berliner Publikum mit Operetten, bis 1998 der Vorhang fiel.
Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten konnte der Admiralspalast 2006 wieder eröffnen, das Konzept hat sich seither allerdings verändert: Das Haus verfügt nicht mehr über eigene Ensembles, sondern ist ähnlich wie das Tempodrom auf Gastspiele ausgerichtet. Und das können jenseits von Konzerten auch Musicals und Revuen sein, sodass ihr im rot ausstaffierten Publikumssaal die Möglichkeit habt, abwechslungsreiches Programm zu genießen, von vertonten Star-Biografien über Elvis oder Falco bis zur „Rocky Horror Picture Show“.
- Admiralspalast Friedrichstraße 101, Mitte, Tel. 030/22 50 70 00, weitere Infos, Tickets und Spielplan hier
Theater des Westens
Was hat diese Bühne nicht schon alles gesehen: 1895 eröffnet, zeigte man hier kurz Sprechtheater, sattelte aber bald auf Opern und Operetten um – und bleibt dieser Tradition auch mehr als ein Jahrhundert später treu.
Mit den unterschiedlichsten Formaten und Formationen sorgte man hier für Begeisterung. Bertolt Brecht und Marlene Dietrich saßen im Publikum, nach dem Zweiten Weltkrieg war das Haus gar Spielstätte der Städtischen Oper Berlin, die erst 1961 zurück an die Bismarckstraße zog.
An der Kantstraße wurden wieder erfolgreiche Operetten gezeigt, aber einen wahren Höhenflug erlebte das Haus ab 1978 unter Götz Friedrich und Helmut Baumann, die zeitweise eine Auslastung von 98 Prozent erreichten und Größen wie Ute Lemper, Hildegard Knef und Helen Schneider auf die Bühne holten.
Weil das Charlottenburger Theater jedoch seit der Jahrtausendwende rote Zahlen schrieb, wurde es verkauft. Seit 2002 gehört es dem Musical-Konzern Stage Entertainment, heißt daher konsequenterweise Stage Theater des Westens und zeigt langfristige Produktionen wie das tolle Musical „Ku’damm 56“.
- Theater des Westens Kantstraße 12, Charlottenburg, Spielplan, Tickets und weitere Infos hier
Atze Musiktheater
In Berlins großen Opernhäusern und im Publikum der Musicalbühnen ist das Durchschnittsalter manchmal ganz schön hoch. Dass das nicht immer so sein muss, beweist das Atze Musiktheater in Wedding, das sich an die Kleinen richtet und selbst einst ganz klein angefangen hat: in den 1980er-Jahren als Rockband für Kinder. Gespielt wurde damals in einer Kreuzberger Hinterhausbühne, mittlerweile aber in einem ehemaligen Hörsaal in Wedding, der Platz für jede Menge Menschen hat.
Das Theater richtet sich zumeist an Kinder im Grundschulalter, und das Konzept der Stücke ist ebenfalls altersgerecht: Statt voraussetzungsreicher Opern erwartet die Kinder hier meist eine Mischung aus gesprochenen und gesungenen Dialogen zu Livemusik, das Atze hat dafür den Begriff des Singspiels entstaubt. Moderne Kinderbuchadaptionen wie „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ bestimmen das Programm, auch gefeierte Produktionen wie „Emil und die Detektive“ oder „Die Spaghettihochzeit“ gehören dazu. Und weil man Kinder nie unterfordern sollte, werden auch große gesellschaftliche Themen wie Flucht und Kinderrechte in den Stücken verhandelt.
- Atze Musiktheater Luxemburger Straße 20, Wedding, Tel. 030/81 79 91 88, mehr Infos, Spielplan und Karten hier
Berlin ist eine vielfältige Stadt, das Bühnenprogramm ist schwer zu überblicken. Auch die vielen Orte für Kabarett in Berlin stellen beachtliche Musiktheaterstücke auf die Beine. Von Kammerchor bis Sinfonieorchester: Tolle Orte für klassische Konzerte in Berlin. Und auch wenn der Orchestergraben fehlt: Die Theater in Berlin haben viel zu bieten.