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Wo man sich heute noch so wie im alten West-Berlin fühlen kann

Wer sich auf die Suche nach West-Berlin begibt, muss nicht unbedingt ein Nostalgiker sein. Das Leben in der Mauerstadt war sowohl ein politisches Kuriosum wie auch ganz normaler Alltag und hat eine ganze Reihe an Gebäuden, Plätzen und Orten hervorgebracht, die auch mehr als 30 Jahre nach der Wende, die alte Atmosphäre verströmen. Wir haben 12 dieser Orte herausgesucht, wo man sich heute noch so wie in West-Berlin fühlen kann. Vom Ku’damm und Europa Center in der City West, über das Café am Neuen See im Tiergarten und den Steglitzer Bierpinsel bis zur Greenwichpromenade in Tegel.


West-Berlin-Nostalgie: Europa Center

Das Herz von West-Berlin schlug rund um das Europa Center, Aufnahme aus den 1970er-Jahren. Foto: Imago/Serienlicht
Das Herz von West-Berlin schlug rund um das Europa Center, Aufnahme aus den 1970er-Jahren. Foto: Imago/Serienlicht

Wo einst das das Romanische Café als Treffpunkt von Schriftstellern, Malern und Theaterleuten zu finden war, steht seitdem das Europa-Center. Der Investor Karl Heinz Pepper beauftragte 1963 die Architekten Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg mit dem Bau eines Büro- und Einkaufszentrums nach amerikanischem Vorbild, schon bald wurde der Gebäudekomplex zum Symbol der Mauerstadt. Die West-Berliner Junkie-Ikone Christiane F. stürmte im Film aufs Dach und ein echtes West-Berliner Schauspiel ist der Stundenwechsel der Wasseruhr im unteren Foyer.

  • Europa Center Tauentzienstraße 9-12, Charlottenburg

Teufelsberg

Blick auf den Teufelsberg mit der ehemaligen Abhöranlage der USA. Foto: Imago/Mehrdad Samak-Abedi
Blick auf den Teufelsberg mit der ehemaligen Abhöranlage der USA. Foto: Imago/Mehrdad Samak-Abedi

Mit 120 Metern ist der Teufelsberg die höchste Erhebung im Westen der Stadt. Die optimale Lage nutzten die West-Alliierten und machten den Teufelsberg zum Spionagezentrum. Fast 30 Jahre lang führten die Amerikaner das Spionagezentrum auf dem Teufelsberg, gesteuert von der National Security Agency (NSA), dem größten US-Auslandsgeheimdienst. Daneben konnten West-Berliner Drachen steigen lassen, über die Skyline der Stadt (mit ICC, Funkturm und Olympiastadion) schauen oder im Wald spazieren.

  • Teufelsberg Teufelsseechaussee, Grunewald

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Prägte das Nachtleben in West-Berlin: Das SO36

Als der Punk nach Deutschland kam, fand er Ende der 1970er-Jahre eine Heimat im SO36. Foto: Imago/Steinach
Als der Punk nach Deutschland kam, fand er Ende der 1970er-Jahre eine Heimat im SO36. Foto: Imago/Steinach

Ende der 1970er-Jahre rollte die Punkwelle auch nach Deutschland und fand in dem alternativen und recht heruntergekommenen Kreuzberger Kiez seine natürliche Heimat. Die Hausbesetzer rüsteten sich für den Häuserkampf, man schmierte Parolen an die maroden Altbaufassaden, trank billiges Bier in den benachbarten Kneipen und in dem alten Supermarkt an der Kiezmeile Oranienstraße spielten die angesagtesten Bands der Stunde: The Exploited, Dead Kennedys aber auch die West-Berliner-Punkpioniere PVC oder die Industrial-Vorreiter Throbbing Gristle. Noch heute ist das SO36 erste Adresse in Kreuzberg wenn es (nicht nur aber auch) um Punk, Hardcore und Crossover geht. Und irgendwie sieht der legendäre Konzertort immer noch so aus wie damals.

  • SO36 Oranienstraße 190, Kreuzberg

West-Berliner Ikone: Der Bierpinsel

Das Turmrestaurant in Steglitz bekam den Beinamen "Bierpinsel", die Aufahme stammt von 1978. Foto: Imago/Serienlicht
Das Turmrestaurant in Steglitz bekam den Beinamen „Bierpinsel“, die Aufnahme stammt von 1978. Foto: Imago/Serienlicht

47 Meter hoch und (neben dem Kreisel) das Wahrzeichen von Steglitz: Der Bierpinsel von Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte wirkt aufgrund seiner markanten Form noch heute futuristisch – und ist zuletzt als Ort für Kunst wiederentdeckt worden. Trotz seiner Einzigartigkeit war es bislang schwer, das Haus erfolgreich zu bewirtschaften. Pächter kamen und gingen. Neuester Plan: Co-Working-Spaces für hippe Start-ups. Der Gastronomiebetrieb indes könnte auf ein Minimum reduziert werden. Besonders empfehlenswert ist in Steglitz zudem die Currywurstbude Krasselt’s (Steglitzer Damm 22), ebenfalls ein West-Berliner Klassiker – und garantiert eine der besten Currybuden in Berlin.

  • Bierpinsel Schloßstraße 17, Steglitz

Kennt jeder West-Berliner: Moby Dick

Das legendäre Ausflugsschiff "Moby Dick" ist seit mehr als fünf Jahrzehnten unterwegs. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Das legendäre Ausflugsschiff „Moby Dick“ ist seit mehr als fünf Jahrzehnten unterwegs. Foto: Imago/Jürgen Ritter

An der Greenwichpromenade, die zu einem der schönsten Orte am Wasser in Berlin zählt, sind allerlei Schiffe festgemacht, unter anderem die MS Moby Dick, ein Schiff in Form eines Wals, das nach einer Auszeit am Treptower Park nun wieder am Tegeler Heimathafen vor Anker liegt. Wer in West-Berlin aufgewachsen ist, war sehr wahrscheinlich irgendwann Mal mit dem Schiff unterwegs.


West-Berliner Moderne: Das Hansaviertel

1957 wurde bei der Interbau eine neue Architekturvision verwirklicht. Foto: Imago Images/imagebroker
1957 wurde bei der Interbau eine neue Architekturvision verwirklicht. Foto: Imago/imageBROKER/Werner Dieterich

Am 1951 konzipierte der West-Berliner Senat eine Architektur-Schau der Superlative, um die Wohnungsnot zu lindern. Internationale Größen der Baukunst beteiligten an der Internationalen Bauausstellung 1957 (Interbau 57). Das Ergebnis ist eines der größten und berühmtesten Bauprojekte Berlins: das Hansaviertel, heute Kandidat für das UNESCO-Weltkulturerbe und der Innbegriff moderner Architektur Made in West-Berlin. Das Hansaviertel gehört zum Antrag „Karl-Marx-Allee und Interbau 1957. Architektur und Städtebau der Nachkriegsmoderne“. Hier findet sich auch das Grips-Theater in dem seit Jahrzehnten das Jugend-Kult-Musical „Linie 1“ läuft, ebenso eine Reise in die Mauerstadt-Vergangenheit.

  • Hansaviertel rund um den U-Bahnhof Hansaplatz (U9)

U-Bahnhöfe der U7

Buntes West-Berlin, die neuen Bahnhöfe in Richtung Spandau bekamen eine poppig bunte Aufmachung. Foto: IngolfBLN/Wikimedia Commons/CC BY-SA 2.0
Buntes West-Berlin, die neuen Bahnhöfe in Richtung Spandau bekamen eine poppig bunte Aufmachung. Foto: IngolfBLN/Wikimedia Commons/CC BY-SA 2.0

Rainer G. Rümmler wird selten in einer Reihe mit Größen der Berliner Architektur genannt. Dabei prägt er mit seinen Bauten den Alltag der Berlinerinnen und Berliner wie kaum ein anderer: Er gestaltete vornehmlich U-Bahnhöfe, und davon jede Menge. In den 1950er-Jahren nahm er die Arbeit als Architekt auf, und ab den 1960er-Jahren trug so gut wie jede neue Station in West-Berlin seine Handschrift. Besonders schön, sind die Bahnhöfe an der in West-Berliner-Zeiten ausgebauten Strecke der U7 in Richtung Spandau. Darunter Paulsternstraße, Fehrbelliner Platz, Zitadelle und Rohrdamm. Die schönsten U-Bahnhöfe von Rainer G. Rümmler stellen wir hier vor.

  • U-Bahnhöfe in Richtung Spandau (U7)

Bummeln in West-Berlin: Adenauer Platz und Wilmersdorfer Straße

West-Berlin hatte eine große Fußgängerzone, die Wilmersdorfer Straße. Foto: Imago/Sabine Gudath
West-Berlin hatte eine große Fußgängerzone, die Wilmersdorfer Straße. Foto: Imago/Sabine Gudath

Ein Spaziergang entlang der großen Fußgängerzone in der Wilmersdorfer Straße, vom Richard-Wagner-Platz bis zur Bismarckstraße und weiter zur Kantstraße ist eine sentimentale Reise durch die West-Berliner Seele. Vieles hat sich verändert, auch hier, aber die Atmosphäre ist noch nicht verschwunden, vor allem wenn man in Klassikern halt macht, wie etwa dem Feinkostgeschäft Rogacki in der Wilmersdorfer Straße 145/46. Rogacki gehört zu den besten Berliner Traditionsrestaurants.

  • Wilmersdorfer Straße Wilmersdorf

Café am Neuen See

Entspannte Stimmung im Café am neuen See. Foto: Imago/Imagebroker
Entspannte Stimmung im Café am neuen See. Foto: Imago/Imagebroker

Im Café am Neuen See, das zu den beliebtesten Biergärten Berlins zählt, trifft sich bei Sonne die ganze Stadt. Krosse Steinofenpizza, hausgemachter Leberkäse und frisch gezapftes Bier verführen zum stundenlangen Entspannen. Ein Ort, an dem man Stunden verbringen kann, während die Sonne einen im Gesicht streichelt. Die feine Adresse im Tiergarten wusste schon ein ganz besonderer West-Berliner zu schätzen: David Bowie, der in den 1970er-Jahren in der Mauerstadt lebte und einige legendäre Platten aufnahm.

  • Café am Neuen See Lichtensteinallee 2, Tiergarten

Flanieren in West-Berlin auf der Kantstraße

Das Kant-Kino in der Kantstraße, Charlottenburg. Foto: Imago/Schöning
Das Kant Kino in der Kantstraße, Charlottenburg. Foto: Imago/Schöning

Dank vieler Restaurants ist die Kantstraße heute eine echte Gastromeile. Die Paris Bar und das Ottenthal sind legendär. Drumherum finden sich vornehmlich asiatische Imbissrestaurants. Mit The Duc Ngo erfuhr die Kantstraße kulinarischen Wandel. In West-Berlin spielten im Kant Kino Bands wie Joy Division, weshalb das Kant-Kino zu den Pilgerstätten für Musikfans gehört, und im Schwarzen Café konnte man einst wie heute rund um die Uhr essen und trinken, auch der Musikclub Quasimodo und das Delphi Kino oder das Theater des Westens sind West-Berliner Klassiker.

  • Kantstraße Charlottenburg

Kultur in West-Berlin: Deutsche Oper

Die West-Berliner Institution an der Bismarckstraße: Deutsche Oper. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Die West-Berliner Institution an der Bismarckstraße: Deutsche Oper. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Der Mauerbau brachte den Westteil der Stadt in Verlegenheit, das wichtigste Opernhaus Berlins befand sich auf DDR-Gebiet. Und die traditionsreiche Deutsche Oper an der Bismarckstraße war im Krieg zerstört worden. Nach Plänen der Architekten Heinrich Seeling und Fritz Bornemann entstand Anfang der 1960er-Jahre ein Neubau, der schon bald zum Repräsentationsbau West-Berlins wurde. Nachkriegs-Superlativ und Schaufenster des Westens: Mit knapp 2000 Sitzplätzen ist die Deutsche Oper das größte Opernhaus der Stadt sowie eines der größten Opernhäuser Deutschlands.

  • Deutsche Oper Berlin Bismarckstraße 34–37, Charlottenburg

Greenwichpromenade in Tegel

Minigolf in Tegel an der Greenwichpromenade. Foto: Imago/Schöning
Minigolf in Tegel an der Greenwichpromenade. Foto: Imago/Schöning

Die Greenwichpromenade in Tegel, wo bei gutem Wetter viele Anwohner flanieren und sich Enten und Schwäne tummeln. Man kann hier Eis essen, Kaffee trinken, Minigolf spielen. Mit etwas Glück sieht man am Hafen auch Ausflugsschiffe ankern. Vielleicht ja die MS Havel Queen in Form eines Mississippidampfers?

  • Greenwichpromenade Tegel

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Da wird man ja nostalgisch: Diese Dinge kennt jeder, der im West-Berlin der 1980er gelebt hat. Ein Blick in die Zukunft der Stadt: Bauvorhaben, die Berlin verändern werden. Geschichten von geplatzten Träumen: Bauvorhaben, die in Berlin nicht verwirklicht worden sind. Manches, was verschwunden war, kehrt dann doch wieder zurück: Wir zeigen euch rekonstruierte Gebäude in Berlin. Aber wie wurde man die Gebäude los? 12 Sprengungen und Fotos vom Abriss seht ihr hier. Noch mehr zu Baukunst und zum Stadtbild findet ihr in unserer Architektur-Rubrik.

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