Wir sind ins Archiv hinabgestiegen und fanden 12 Werbeanzeigen von Berliner Kneipen, die von längst vergangenen Zeiten erzählen. Kaum etwas verändert sich in Berlin so schnell wie die Welt der Kneipen, Bars und Restaurants. Es gibt zwar einige Institutionen, die sich über Jahrzehnte halten, aber der Großteil der Lokale und Etablissements verschwindet nach spätestens zehn oder 15 Jahren. Davon zeugen diese 12 Anzeigen aus den 1970er-Jahren. Vor bald 50 Jahren konnte man zwischen Schöneberg, Charlottenburg und Wilmersdorf bei Ede in dessen Caffee Kaputt in der Steinmetzstraße einkehren oder im La Poubelle in der Mecklenburgischen Straße, im Oblomow an der Deutschen Oper gab es Bohnensuppe, und im Folkpub in der Leibnizstraße lief montags Jazz. Eine Kneipentour in die Vergangenheit dieser Stadt.
Caffee Kaputt
Die Gegend zwischen Bülowstraße und dem Nollendorfplatz war in West-Berlin eine Art Bermudadreieck für Nachtschwärmer. Das Caffee Kaputt bei Ede in der Steinmetzstraße bot Altberliner Kneipentradition. Schmalzstulle und Bohneneintopf standen auf der Speisekarte – und eines war klar, auch die Schöneberger Nächte waren lang. Ede schloss erst um acht Uhr morgens.
La Poubelle
Weshalb sich auf der Werbeanzeigen für La Poubelle die Zeichnung eine Mülltonne befindet, lässt sich leicht beantworten. Das für Nicht-Franzosen so schön klingende Wort betitelt eben jene Auffangbehälter. Die Annonce zeigt den verspielten, naiv-alternativen Stil, in dem sich in West-Berlin der frühen 1970er-Jahre Kneipen und Restaurants präsentiert haben. Die destruktive No-Future-Ästhetik der Punks und die minimalistische Coolness der New-Wave-Generation sollten erst folgen. Noch herrschte ein Underground-Geist, gespeist von der Hippie-Revolution der Sixties.
Kleindestille Leuchtturm
Heute nennt sich die die Abfüllung von in kleinen Brauereien abgefüllten Gerstensäfte Craft-Bier-Szene. In den 1970er-Jahren hatten die Leute vom Leuchtturm in der Schöneberger Crellestraße schon die Nase vorn und boten seltene Biere an. Das Besondere: Der Leuchtturm existiert bis heute, die Adresse ist die gleiche geblieben, auch wenn sich (fast) alles andere drumherum verändert hat.
Oma Plüsch
Das Interieur bei Oma Plüsch sah aus wie der Name des Etablissements in der Schöneberger Grunewaldstraße vermuten lässt: plüschige Möbel aus Omas Zeiten. Hier ließ sich auf einer Kneipentour gut einkehren, im ganzen Kiez brodelten an den Wochenenden das Leben, später zog man vielleicht ins Robbengatter am Bayerischen Platz oder in den alten Dschungel.
Oblomow
Gute bürgerliche Küche in der Nähe der Deutschen Oper. Im Oblomow ließ die Speisekarte wenig zu wünschen übrig, Steak mit Bratkartoffeln und Salat für sechs DM und Spaghetti Bolognese für drei Mark. Da kannste nicht meckern, wie der Berliner sagt.
La Lampara
In den 1970er-Jahren setzten sich in die Pizzerien in West-Berlin durch. Noch vor den türkischen Gastarbeitern und dem Siegeszug des Döners brachten die Italiener den Exportschlager ihrer Landesküche ins fremde Preußen. Das La Lampara in der Kreuzberger Wassertorstraße existiert schon lange nicht mehr, aber in Berlin lässt sich bis heute hervorragend Pizza essen. Viva Italia!
Internationaler Folklore Pub
In den späten 1960er-Jahren schwappte die Folk-Welle auch in die Mauerstadt. Davor hörten die Studenten Jazz und Chanson, die Arbeiter Rock’n’Roll und Schlager. Der Folkpub in der Charlottenburger Leibnizstraße sprang auf den neuen Sound auf. Hier gab es internationale Folklore, montags kamen aber auch die Jazzer zum Zuge. Das Design einiger Werbeanzeigen von Berliner Kneipen orientierte sich an der Gestaltung von Plattencovern und Konzertplakaten, wie dieses Motiv zeigt.
Lucky’s Pizzeria
Am Willmanndamm 15 in Schöneberg residiert heute Olio Sale Pepe, eine Pizzeria mit klassischem Angebot eines „Italieners um die Ecke“: Pizza, Foccacia, Pasta und Lasagne. Bis vor einigen Jahren befand sich an der Ecke einer der skurrilsten Italiener der Stadt: Lucky’s Pizzeria. Eine mit Bildern, Postkarten und Fotos vollgehängte Höhle, in der Kiezgestalten herumsaßen und der alte Lucky die Pizza aus der Küche servierte. Ein Lokal, das einen Roman verdient hätte, nicht nur wegen der „schärfsten Pizza in Schöneberg“, die dort nach Selbstauskunft gebacken wurde.
Frascati
Auch das Frascati an der Stromstraße in Moabit ist verschwunden. Was blieb, ist diese alte Werbeanzeige des Berliner Restaurants. Sie erinnert an die Spezialitäten des Hauses und die schönen sechsstelligen West-Berliner Telefonnummern: 35 66 93. Einen Tisch für zwei, heute Abend, 20 Uhr bitte.
Samira
Der Italiener am Anfang der Kreuzberger Oranienstraße existiert nicht mehr, heute findet man an der Adresse das Öz Adana Grillhaus, in den 1970er-Jahren warben die Betreiber mit dem Slogan „Treffpunkt der Jugend“. Später gehörte das Restaurant den palästinensischen Gebrüdern Seoud, die im Kiez auch die Stiege betrieben, nun wird dort türkisch gegrillt.
Destille
Auf Werbeanzeigen von Berliner Kneipen sieht man immer wieder diese Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger, eine Ikone der Werbegrafik. Auch die Destille in der Goethestraße warb einst mit dem markanten Symbol. Heute befindet sich ein Kinderladen in dem herrschaftlichen Haus in Charlottenburgs vornehmer Gegend.
Kaffehaus Markt
Wer heute am Ludwigkirchplatz einen Kaffe trinken will, kehrt gerne ins Ottenthal Kaffeehaus und Restaurant an der Hausnummer 9 ein, in den 1970er-Jahren hieß die Adresse der Wahl Kaffeehaus Markt. Die Werbeanzeige ist eher klassisch gestaltet, stutzig macht aber der Hinweis auf den Saunatag, der scheinbar immer dienstags war, und auch die „manchmal life“-Musik lässt schmunzeln.
Noch mehr Alt-Berlin
Lust auf noch mehr Kneipen-Tradition? Dann bitte hier entlang zu echten und echt urigen Kneipen in Berlin. Oder doch lieber was einkaufen in einem Geschäft mit langer Tradition: Diese 12 Berliner Läden sind mindestens 100 Jahre alt. Was sprachen die Leute früher so auf den Berliner Straßen? 12 berlinerische Begriffe, die man kennen sollte.