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„Schlafzimmer auf dem Balkon zu vermieten“: So ehrlich ist die WG-Suche in Berlin

Die WG-Suche in Berlin ist ganz schön schwierig. Bei all den Angeboten fragt man sich auf den ersten Blick oft: Wer will hier einziehen? Sieht man genauer hin, zeigt sich aber, dass für alle etwas dabei ist. Eine Auswahl aus der merkwürdigen Welt der WG-Börsen der Stadt.

Ein passendes WG-Zimmer in Berlin zu finden ist schwieriger als gedacht und oft auch unverschämt. Foto: Ryu Orn/ Unsplash

Mitbewohner:innen können ziemlich nervig sein. Vor allem dann, wenn sie ihren Müll herumliegen lassen, die Wohnung nie putzen und dein Essen aus dem Kühlschrank klauen. Also wird es Zeit auszuziehen. Was man dabei oft vergisst: Eine neue Bleibe in Berlin zu finden, ist oft noch schwieriger als der oder die jetztige Mitbewohner:in.

Die eigenen Erwartungen kann man nach einer halben Stunde Wohnungssuche im Internet direkt in den Müll werfen: Die meisten Zimmer sind befristet und überteuert, die Wohnungen sehen auch auf den Fotos schimmelig aus, und selbst ein eigenes Zimmer zu haben, scheint Luxus zu sein. Eine Auswahl an Wohnungsinseraten in Berlin (Bemerkung aus der Redaktion: Die Inserate wurden eins zu eins inklusive Schreibfehlern übernommen):

Diejenigen, die nicht alleine sein wollen, können oder möchten

„Meine Schlafcouch im Wohnzimmer ist ab März wieder frei”, steht im Inserat des jungen Mannes. „Keine Angst, ich habe noch ein zweites Zimmer, wo ich schlafen werde und mich auch sonst meistens aufhalte. In mein Wohnzimmer müsste ich nur rein, wenn ich etwas daraus brauchen sollte”, heißt es weiter. Immerhin ein bisschen Privatsphäre. In Berlin muss man sich eben mit dem zufriedengeben, was man bekommt. Der Preis lässt euch die Skepsis aber vielleicht noch mal überdenken: 380 Euro im Monat soll das Wohnzimmer-Paradies kosten. Ganz alleine ist man auch dann nicht, wenn der Mitbewohner unterwegs ist: „Du würdest dir dann übrigens mit ca. 10.000 Electro-Vinyl-Platten das Zimmer teilen ;).”

Keine Lust auf Privatsphäre? Kein Problem! Ein Einzelzimmer zu finden scheint in Berlin schwierig zu sein. Nicht selten findet man ein überteuertes Schlafsofa zum Mieten (Symbolbild). Foto: Joyce Romero/ Unsplash

Wenn einem die riesige Plattensammlung doch ein wenig zu viel ist, gibt es natürlich genug weitere Möglichkeiten. Sogar günstigere: „Monatlich 220 Euro warm”, für ein Zimmer in Neukölln. Klingt eigentlich ziemlich gut. Lustigerweise war aber dasselbe Zimmer einige Tage zuvor noch für 150 Euro zu kriegen. Ein gutes Beispiel dafür, wie dreist die Wohnungssuche in Berlin kann sein. Außerdem sollte man beachten, dass die WG-Suche in Berlin immer einen Haken hat. In diesem Fall ist es nicht der schwankende Preis, sondern: „DAS IST KEIN EINZELZIMMER!!!” Das 15 Quadratmeter-Zimmer würdet ihr euch also mit einer zweiten Person teilen müssen. 

WG-Gesuche für Abenteuerlustige

Berlin ist bekannt dafür, für alle einen Platz zu haben. Vor allem Abenteuerlustige werden auf der WG-Suche bestimmt schnell fündig. Beispielsweise auf einem imaginären Schiff? „Ahoi, liebe Leute, seid ihr bereit für eine Reise auf See?”, ay ay Captain..? „Da drei unserer acht Mitglieder sich auf neue Abenteuer begeben, suchen wir neue Crewmitglieder für unser Schiff, das eigentlich kein Schiff ist, sondern eine funktionale Wohngemeinschaft in Friedrichshain. Wir haben keine privaten Zimmer, sondern teilen unsere Räume nach bestimmten Funktionen auf.” Ihr wohnt hier leider nicht auf einem Schiff auf der Spree, aber vermutlich wird es genauso eng. Hier habt ihr nämlich die Möglichkeit, vier Zimmer mit acht Personen zu teilen. An einer funktionalen Wohngemeinschaft ist nichts falsch. Man sollte sich aber überlegen, ob das wirklich eine passende Lebensform für einen ist – auch wenn es günstig ist. Wenn ihr Hausboote trotzdem cool findet und mal für eine Nacht reinschnuppern wollt: Hier sind Berliner Anbieter.

In einer funktionalen WG teilen sich mehrere Menschen alle Zimmer in einer Wohnung. (Symbolbild) Foto: Dylan Gillis/ Unsplash

Aber wenn ihr abenteuerlustig und trotzdem – oder immer noch – auf der Suche nach einem Einzelzimmer seid, hat Berlin natürlich auch hier Optionen: „Zimmer sucht Nachmieter! Wir wohnen nicht gewöhnlich! Aufmerksam lesen und bei Interesse melden!”, lautet die Überschrift. Also, was erwartet euch wohl hier? „Hey Leute, ich bin A. und meine zwei Mitbewohnerinnen und ich müssen leider auf unseren Freund T. verzichten”, heißt es in der Beschreibung. Klingt bisher nicht schlecht. Auch die Wohnung sieht super aus: modern, groß und urban eingerichtet mit Ziegelsteinwänden und einem Zimmer für euch alleine. Aber was ist jetzt abenteuerlustig daran? „Man lese und staune, wir sind schon von Kindesbeinen an Freunde des Naturismus und verzichten natürlich auch Zuhause auf Kleidung”. Falls ihr angesichts dessen zögert und noch Bedenkzeit braucht: In Berlin gibt es erstaunlich viele FKK-Wohnungen, die Freikörperkultur hat eine Renaissance erlebt.

Die Naturliebhaber:innen

„Schlafzimmer auf dem Balkon zu vermieten – rent a tent!” Bereits bei diesem Titel sollten die Alarmglocken schrillen. Außer ihr seid Naturliebhaber:innen (und Überlebenskünstler:innen, denn der Winter in Berlin kann sehr kalt und der Sommer sehr heiß werden), dann wäre dies wohl das perfekte Zimmer: „Wir vermieten aufgrund von finanziellen Problemen einen Schlafplatz auf unserem Balkon. Falls es dich nicht stört, wenn wir uns ab und zu auf dem Balkon sonnen oder am Abend einen Drink dort zu uns nehmen, freuen wir uns, von dir zu hören :-).” Auch wenn das Inserat auf den ersten Blick lustig klingt, so ist es ein ziemliches Armutszeugnis für Berlin. Denn ein Zelt auf dem Balkon vermieten zu können, sollte eigentlich gar nicht erst eine Option oder Möglichkeit sein. Auch dann nicht, wenn es sich um eine finanzielle Notlage von Student:innen handelt. Ist das überhaupt erlaubt?

So gemütlich wird das Balkonzimmer wohl kaum. (Symbolbild) Foto: Kate Darmodi/ Unsplash

Falls ihr aber doch lieber ein festes Dach über dem Kopf habt und trotzdem frei sein wollt, ist auch das möglich: „Wir suchen Leute, die Lust haben auf gemeinschaftliches Wagenleben”. Klingt um einiges besser als das Zelt auf dem Balkon. Aber you do you. Übrigens ist in Berlin das Nomadenleben keine Seltenheit – und nicht immer so glamourös wie Van-Life auf Instagram.

Auf WG-Suche in Berlin? Die Swinger warten schon

Ja, Berlin ist eine offene Stadt. Manchmal scheint aber die Linie zwischen offen und verrückt sehr schwammig zu sein. Wenn du von nichts zurückschreckst und auf keinen Fall einen langweiligen Alltag haben möchtet, ist diese WG vermutlich genau richtig für dich: „Wir, das sind S. 67, nymphomanin mit fussfetisch, m. 12 kaiser-imitator mit haarausfall und a. 33, ostdeutsche hausfrau und jahrelange geliebte des papstet suchen dich, einen offenen und interessanten boii mit swinger-erfahrung und penislänge über 30cm für eine liebevolle und offene wohngemeinschaft in friedrichshain.” Wer wollte schon nicht einmal mit der Geliebten des Papstes zusammen wohnen? Aber auch, wenn dieses WG-Gesuch ganz witzig klingt: Wer sich auf der Suche befindet, wird wahrscheinlich jede Menge obszöner Anfragen erhalten haben. Also seid bitte vorsichtig – sexuelle Handlungen sollten nicht die Lösung sein, aber die Wohnungsnot nutzen viele Menschen aus.

Es gibt WG-Angebote – und die Suchenden

Suchende Menschen gibt es auf dem Berliner Wohnungsmarkt, wie man weiß, genügend. Daher gibt es auf den WG-Plattformen auch die Möglichkeit, dass ein WG-Zimmer euch findet und nicht umgekehrt. Hier ist wichtig, dass man sich von seiner besten Seite zeigt. Ein Beispiel: „Suche Zimmer! Biete BBQ, Reiskocher und Dielen-Fetisch”, lautet die Überschrift. Neugierig? Wie wir mittlerweile wissen, darf man sich nie zu früh freuen, also wie immer das Inserat ganz durchlesen: „cheese sucht cheddar. hallo ihr wg-besitzer da da draußen, ich suche euch, ich brauche euch. nach vielen jahren in neukölln und kreuzberg suche ich wieder eine neue wg. ein schönes zimmerlein mit knarz-echten dielen und lieb-verrückten mitbewohnern wäre ein träumchen. was ich auch kann: ziemlich geile sachen mit bbq-soße mit oder ohne fleisch. ansonsten trink ich gern ’n ginger ale, schmeiß den reiskocher an und drück auf die wasabi-tube.. dabei hör‘ ich gern ein bisschen shabazz palaces.” Seid ihr „Cheddar”, liebt BBQ, Wasabi-Tuben und bietet Dielen? Dann habt ihr die bessere Hälfte gefunden. 

Ein passendes WG-Zimmer zu finden ist nicht immer einfach. Ein WG-Zimmer kann aber auch euch finden. (Symbolbild) Foto: Christine Hume/ Unsplash

Nun gut. Man kann über solche WG-Inserate denken, was man möchte. Aber sind wir ehrlich: Denn auch wenn sie sich für einige verrückt anhören, so ist es so bestimmt einfacher, eine passende Person für das freie „Zimmer” zu finden. Denn Hand aufs Herz, wer lügt bei WG-Castings eigentlich nicht? Und haben wir nicht alle schon erlebt, dass die „nette, saubere und ruhige WG” gar nicht so nett, sauber und ruhig ist? Oder du nicht der zuverlässigste Mensch der Welt bist? So ist die Gefahr ziemlich groß, dass man schneller als gedacht wieder nach einer neuen Bleibe suchen muss. Und wir wissen ja, wie eine Miet-Odyssee in Berlin aussehen kann.


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