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So war tracks & talk mit Wallis Bird: Irische Hexenmusik im FluxBau

In der Reihe tracks & talk, dem vom tipBerlin und dem Berliner Audiogeräte-Hersteller Teufel präsentierten exklusiven Konzertabend mit anschließendem Gespräch, war am 13. Februar 2024 Wallis Bird zu Gast. Die in Irland geborene und in Berlin lebende Singer-Songwriterin hat sich Unterstützung mitgebracht, unter anderem eine 82-jährige Vulva-Performerin aus Dublin namens Growler. Es gab irische Hexenmusik, Gitarren-Euphorie und den traurigsten Song aller Zeiten.

Nina Hynes, Growler im Vagina-Kostüm und Wallis Bird bei tracks & talk im FluxBau, 13. Februar 2024. Foto: Jana Vollmer
Nina Hynes, Growler im Vagina-Kostüm und Wallis Bird bei tracks & talk im FluxBau, 13. Februar 2024. Foto: Jana Vollmer

Wallis Bird ist ein Phänomen!

Wallis Bird ist ein Phänomen! Ihre Mischung aus Irish Folk, Rock und Pop hat ihr bereits mehrere internationale Auszeichnungen eingebracht, darunter zwei Meteor Ireland Music Awards und den Deutschen Musikautorenpreis in der Kategorie Rock/Pop. Ihre unbändige Energie auf der Bühne ist eines ihrer Markenzeichen: Die „Irish Times“ schrieb einmal, Bird könne „die Wirtschaft eines ganzen Landes ankurbeln“.

Bei tracks & talk am 13. Februar 2024 erschien sie kurz nach 19 Uhr auf der Bühne des Kreuzberger FluxBaus. Mit umgeschnallter Akustikgitarre und im knallroten Overall passte sich Wallis Bird ihren beiden Begleiterinnen an, der Musikerin Nina Hynes, ebenfalls im roten Overall und mit rot-weißer Truckermütze auf dem Kopf, sowie der beeindruckenden Performancekünstlerin Dee Mulrooney aka Growler, die in ein furioses Ganzkörper-Vagina-Kostüm gehüllt war und die Wallis Bird mit folgendem Satz vorstellte: „Das ist Growler, eine 82-jährige Vulva aus Dublin Inner City“. Hat man so auch nicht oft gehört.

Das Trio verwandelte den FluxBau in einen okkulten Hexenzirkel

Das Trio verwandelte den FluxBau in einen okkulten Hexenzirkel, es wurde mit reich verzierten Gehstöcken gestampft, das Harmonium produzierte sphärische Drones, die Gitarre verlieh der Beschwörungszeresmonie eine treibende Dynamik. Nina Hynes begleitete sich an der Ukulele, dazwischen sang das Trio gemeinsam im glockenhellen Chor a-capella, summte, rezitierte Gedichte, Oden und Gebete und überhaupt verlor sich der Abend in mystischen Nebeln aus der Welt der irischen Sagen. „I saw you dance with your sisters at night“, hieß es an einer Stelle, später „I’ve seen the morning light“ oder „Last moon I came to you“. Tanzt, Hexen, tanzt!

Wallis Bird bei tracks & talk im FluxBau, 13. Februar 2024. Foto: Jana Vollmer
Wallis Bird bei tracks & talk im FluxBau, 13. Februar 2024. Foto: Jana Vollmer

Nach gut 20 Minuten verließen Hynes und Growler die Bühne, und Wallis Bird bestritt den Rest des Auftritts, bis auf einen Moment, als überraschend zwei weitere Freunde hinzu kamen und mit ergreifender Selbstverständlichkeit gemeinsam mit ihr sangen, allein. Der eindringlichste Moment war ein Lied, das sie für ihren kürzlich verstorbenen Freund Kevin schrieb (einen wunderbaren, talentierten Menschen, den alle liebten). Mit brüchiger Stimme und Tränen in den Augen sang sie die simplen, aber wahren Worte: „Life goes on, but it was better with you“. Es war vielleicht das traurigste Lied aller Zeiten, zumindest an diesem Februarabend in Berlin.

Bird widmete einen anderen Song ihrer Mutter, die sieben Kinder zur Welt brachte, sie sang „Aquarius“ von ihrem letzten Album „Hands“ und schloss das intime, eindrucksvolle und zutiefst beseelte Konzert mit ihrem Hit „To My Bones“, zu dem sie euphorisch aufspielte und das mitsingende und im Takt klatschende Publikum im ausverkauften FluxBau mitriss.

Beim anschließenden Gespräch stellte sich Wallis Bird den Fragen von tipBerlin-Musikredakteur Jacek Slaski, und auch aus dem Publikum durften Fragen gestellt werden. Es ging um irische Geschichte und die Frage, warum in Irland so viel gesungen wurde. „Weil wir so lange arm waren“, sagte Bird, es war die einfachste und billigste Form der Unterhaltung, aber auch ein Weg, unsere Kultur und unsere Geschichten weiterzugeben, auch in schwierigen Zeiten der Hungersnöte und der englischen Unterdrückung.

Wallis Bird: Sex ist immer auch politisch

Bird erzählte von ihren Einflüssen, dass sie früher mehr über Liebe und Sex schrieb, heute sich aber eher politischen und gesellschaftlichen Themen widmet, „wobei auch Sex immer politisch ist“, fügte sie lachend hinzu. Sie redete über Beerdigungen von ihrem Freund Kevin und den irischen Musiklegenden Sinéad O’Connor und Shane MacGowan. Bei der Antwort auf die Frage nach dem deutsch-irischen Verhältnis wechselte die in Berlin lebende Bird vom Englischen ins Deutsche und interessierte sich wiederum für deutsche Dialekte und die Bedeutung von regionalen Mundarten.

Nur bei der letzten Frage, der nach ihren Zukunftsplänen, geriet sie kurz ins Stocken. „Wer weiß schon, was die Zukunft bringt?“, entgegnete sie philosophisch. Doch dann lachte sie und sagte, sie habe ein tolles Leben, eine tolle Zukunft, das dürfe man gar nicht zugeben. Es gäbe ein neues Plattenprojekt, bei dem sie der Musik von Komponistinnen der letzten 1000 Jahre nachspürt – von Hildegard von Bingen bis Björk – und mit dem sie auch auf Tour gehen wird. Und sie hat mit Freunden ein altes Haus in Brandenburg gekauft. „Wir sitzen dort am Feuer und singen Lieder und wollen dort einen Ort für kreative Menschen etablieren¡, sagte sie, „ich habe eine schöne Zukunft“.


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