Gastrotipp

Restaurant Macionga in Wilmersdorf: Purismus und Spektakel

André Marcionga war zwölf Jahre lang Sommelier von Tim Raue. Sebastian Leyer ist Küchenchef mit eigener Permagärtnerei. Gemeinsam machen sie nun das Restaurant Macionga in Wilmersdorf. Wir empfehlen, ganz bald vorbeizuschauen.

André Macionga und Sebastian Leyer stehen hinter dem Restaurant Macionga.
André Macionga und Sebastian Leyer haben etwas gemeinsam: ein spektakulär gutes Restaurant. Foto: Zoe von Pawelsz

André Macionga und Sebastian Leyer feiern im Restaurant Macionga den puren Geschmack

Widersprüche ziehen sich an. Niemand vielleicht weiß das besser als der gebürtige Berliner André Macionga, dessen kulinarische, nein hochkulinarische Sozialisation an einem Ort erfolgt ist, der von Anfang an für sehr vieles, auch Widersprüchliches stand: das Feine und das Vollmundige. Das sehr Laute und das distinguiert Leise. Die Tradition der französischen Hochküche und die damals noch unerhörten Anleihen in den Garküchen Südostasiens.

André Macionga war von 2010 an Sommelier bei Tim Raue, hat mit ihm nicht nur das Restaurant Tim Raue riesengroß gemacht, sondern etwa auch die beiden Brasserien Colette in München und Schöneberg eröffnet. André Macionga begleitet also eine Kulinarik, deren oberste Maxime immer der größtmögliche Geschmack war. Und das größtmögliche Vergnügen. Ja es gibt nicht wenige, die rückblickend sagen, dass es Tim Raue war, der dem deutschen Fine Dining den Spaß gebracht hat. André Macionga selektierte die stets lustvollen Weine dazu. 

Unser Gastro-Guide für Berlin: Die Speisekarte 2023

Nun begleiten seine Weine – oft sind es tatsächlich Weine, die der 38-Jährige in Württemberg oder der Champagne selbst macht – einen anderen Koch. Oder sind es umgekehrt die Teller eines auch stilistisch ganz anderen Kochs, die Maciongas Weine begleiten?

Sebastian Leyer, zuvor Küchenchef im Le Faubourg und Sous-Chef im Pauly Saal, ist die zweite ausdrucksstarke Persönlichkeit im jüngst eröffneten Restaurant Macionga in der Xantener Straße in Wilmersdorf. Jener Sebastian Leyer, der mit seiner Permagärtnerei Hortus Tayta Berliner Restaurants wie das Nobelhart & Schmutzig, das Frühstück 3000 und das Merold mit Palmkohl oder der rot-weiß geringelten, herrlich aromatischen Chioggia-Bete beliefert hat.

Im Restaurant Macionga: Speise und Getränk ergänzen einander.
Aller Ruhm dem Bauer: zweierlei vom Schwein vom Erdhof Seewalde. Foto Clemens Niedenthal

Von Wurzeln und Wolken

Gemüsegärtner draußen in Brandenburg. Und jetzt wieder Küchenchef (fast noch) am Kurfürstendamm. Eigentlich, so Leyer, hatte er die Großstadt schon ad acta gelegt. Wir können uns glücklich schätzen, dass er Berlin, zumal als Küchenchef, erhalten bleibt. Wie glücklich, das erzählt sein „Urkraft“ genanntes Menü, das Sebastian Leyer selbstbewusst in der noch jungen Tradition einer brutal lokalen brandenburgischen Produktküche verortet, den manchmal fast klösterlichen, spröden Zugang  seiner Kolleg:innen aber um überraschende und überraschend kraftvolle Momente erweitert.

Die erwähnte Chioggia-Bete, nach dem ersten Frost geerntet und eingelegt in einen laktischen Rote-Rüben-Fond, dazu der Sauerklee Oxalis und knackiger Forellenkaviar: Dieser Teller ist salzig, cremig, süß, sauer und frisch zugleich. Oder Sellerie, gepickelt, gegrillt, als Fond und gebacken, dazu gebeiztes Eigelb und ein veganer, tiefenaromatischer  Gemüsejus: Das schmeckt raffiniert und gleichzeitig so erdig-wohlig wie perfekte belgische Pommes frites.

Beim Fleischgang schließlich, einmal als (noch kurz angegrilltes) Kasseler und einmal geschmort, überlässt Sebastian Leyer allen Ruhm dem Bauern: Die Freilandschweine von David Peacock vom Erdhof Seewalde seien von einer Qualität, die er so nicht gekannt habe. 

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Nun stehen die Freilandschweine vom Erdhof auf einigen Berliner Speisekarten, vom Ernst über das Nobelhart & Schmutzig bis zum Lode &Stijn, aber noch einmal gilt: Sebastian Leyer hat aus ihnen einen noch einmal intuitiveren, fulminanten Teller gemacht.

André Maciongas Weine erinnern derweil tatsächlich an die Küche Tim Raues. Sie sind immer Umami, wollen viel und bleiben bei einem Überangebot aus Aromen und Sinneseindrücken präzise und präsent. Seine Lieblingsrebe? Das Cuvée. Sinnbildlich ein Wein, den Macionga „Es ist, wie es ist“ getauft hat und den er aus acht Grundweinen des fränkischen Winzers Horst Sauer kuratiert. 

Das Restaurant Macionga serviert Maränenkaviar aus dem Stechlin

Purismus auf dem Teller, Spektakel im Glas. Wurzeln und Wolken. Er sei ein „Parfümeur  des Weines“, hat André Macionga einmal über sich selbst gesagt. Wir sagen: Dass sich hier zwei gefunden haben, deren kulinarische Identität sich durchaus aus unterschiedlichen Traditionslinien speist, gerade das macht das Restaurant Macionga so interessant. 

Das Restaurant Macionga versorgt Wilmersdorf mit einzigartigen Gaumenfreuden.
Kneipenkarte im Restaurant Macionga: Pizza fritta mit Bergkäse und Maränenkaviar. Foto: Clemens Niedenthal

Weshalb auch auf die Barkarte verwiesen werden muss, die eigentlich eine Kneipenkarte ist: Die Bockwürste vom Iberico stehen im Bockwurstwärmer auf dem Tresen. Auf die Pizza fritta reibt Sebastian Leyer einen 36 Monate gereiften Bergkäse, dazu Maränenkaviar aus dem Stechlin. Aus dem Hahn kommt das Helle von BRLO – oder ein Schultheiss im charakteristischen Tulpenglas. 

Letzteres ist eine Reminiszenz André Maciongas an die eigene Jugend in West-Berlin.  Und genauso der gelebten Überzeugung geschuldet, dass ein Abend im Restaurant eben auch unkompliziert sein darf, und auf eine nonchalante Weise glamourös. Dass das funktioniert, dafür steht in dieser zweiten Woche seit der Eröffnung bereits ein erster Stammgast: Claus Theo Gärtner, der Privatdetektiv Matula aus dem ZDF, war an diesem Abend schon zum vierten Mal da.

  • Restaurant Macionga Xantener Straße 9, Wilmersdorf, Tel. 0179/113 46 73, Do–Di 18–0 Uhr, online

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