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Gal Ben Moshe im Gespräch: „The Pink Room ist definitiv over the top“

Gal Ben Moshe hat der Levante-Küche in Berlin einen Stern geschenkt, im entdeckungshungrigen Prism in Charlottenburg. Er kocht in Tel Aviv und in Dubai – und nun im grellen The Pink Room am Gendarmenmarkt. Ein Treffen mit dem leisen Weltstar der New Berlin Cuisine, der uns sagt: „Ich behaupte selbstbewusst, dass wir schon jetzt eine der drei besten Sushi-Adressen Berlins sind.“

Black Cod Yakitori mit Vin Jaune Sauce, Walnüssen und Sushi Reis im Pink Room. Foto: The Pink Room

Gal Ben Moshe: „The Pink Room ist over the top“

tipBerlin Gal Ben Moshe, wir sitzen hier im plüschigen Gestühl des Pink Room am Gendarmenmarkt, dem neuen Restaurant der Bellboy Bar. Hinter uns eine opulente Keramikskulptur, gefüllt mit quietschgelben Plastikenten. Lernt Berlin Sie nun von ihrer expressiven Seite kennen?

Gal Ben Moshe Ich werde auch hier nicht auf den Tischen tanzen. Was mich gereizt hat, war gerade die Konfrontation dieser beiden Welten: Das Prism ist leise und sehr konzentriert, The Pink Room definitiv „over the Top“. Hier die Eleganz und die Präzision, dort die Flamboyanz, der Glamour. Das finde ich spannend…

tipBerlin …weil auch die gute Küche zunehmend von ihrer Inszenierung lebt?

Gal Ben Moshe Ich würde entgegnen, dass gerade The Pink Room eine niederschwellige Erfahrung ermöglicht. Man braucht weniger Vorwissen und kulinarische Erfahrung als im Prism. Natürlich sind auch die Produkte und ihre Zubereitung exzellent, man kann es aber auch einfach als geschmacksintensives Spektakel erleben. Ich wollte ja nie zwei Restaurants in einer Stadt machen, weil ich die Angst hatte, dass sich beide Orte gegenseitig kannibalisieren. Aber The Pink Room ist sehr wenig Prism – und so viel Gal Ben Moshe wie möglich.

Chawanmushi mit chilenischem Wolfsbarsch Sea Bass, Arak Beurre Blanc, Fava-Bohnen und Kaddayiff. Foto: The Pink Room

tipBerlin Also: Wer ist dieser Gal Ben Moshe denn?

Gal Ben Moshe Das habe ich ja selbst erst in den vergangenen fünf Jahren erfahren. Seit ich mich mit dem Prism auf diese Reise durch die Levante-Küche begeben habe, den Aromen meiner Kindheit, meiner Biografie. Als junger Koch war ich fasziniert von der französischen Küche und den technischen Tricks einer Modern Cuisine. Nur: Was hatte das mit mir zu tun?

„Jede gute Küche braucht auch ein starkes Narrativ“

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tipBerlin Eine sehr gute Küche braucht also mehr als nur einen handwerklich sehr guten Koch?

Gal Ben Moshe Jede gute Küche braucht auch ein starkes Narrativ. Zumal in einer globalisierten Welt, in der eigentlich alle Aromen verfügbar sind. Nehmen wir das Kin Dee in der Lützowstraße: Thai-Cuisine aus Brandenburger Zutaten, das ist eine kulinarisch schlüssige Erzählung. Das Kin Dee hatte deshalb ja auch zwischenzeitlich einen Michelin-Stern.

tipBerlin Das Prism hat noch immer einen…

Von links: Chef Paris Katsampis, Chef Gal Ben Moshe, Ariel Leizgold im The Pink Room. Foto: Pink Room

Gal Ben Moshe …und ehrlich gesagt hat mir diese Auszeichnung auch die Souveränität gegeben, mich rechts und links von der sehr klaren Konzeptküche des Prism mit neuen kulinarischen Konzepten zu beschäftigen. Fine Dining, ausgehend von den Aromen und Zutaten des östlichen Mittelmeerraums und des Nahen Ostens, das ist meine DNA. Je tiefer und intensiver ich dieses Thema ausarbeite, umso spielerischer und kreativer kann ich es anderen Orten interpretieren.

„Das Wilde der Levante-Küche trifft auf die Präzision Japans“

tipBerlin Wie sieht diese Interpretation im The Pink Room aus?

Gal Ben Moshe Ich war schon immer ein großer Fan der japanischen Küche, ihrer Handwerklichkeit, ihres Produktethos, der intensiven Aromatik sowieso. Im The Pink Room erlauben wir uns nun die Freiheit, diese beiden Küchen zu kombinieren: Das Wilde der Levante-Küche trifft auf die Präzision Japans. Das sind natürlich Gegensätze, aber gerade mit diesen Gegensätzen wollen wir spielen. Mit Paris Katsampis haben ich im The Pink Room aber auch einen Küchenchef und Sushi-Meister mit einer diesbezüglichen Expertise an meiner Seite. Ich behaupte selbstbewusst, dass wir schon jetzt eine der drei besten Sushi-Adressen Berlins sind, auch wenn Sushi und Nigiri ja nur ein Ausschnitt des kulinarischen Erlebnisses sind.

tipBerlin The Pink Room ist bereits das vierte Restaurant, das Ihre Handschrift trägt. Wie schmeckt Gal Ben Moshe in Tel Aviv?

Gal Ben Moshe In Tel Aviv ist mein Stil internationaler und mehr crowd-pleasing, was vor allem dem Ort geschuldet ist: einem Museumsrestaurant mit 120 Plätzen und 400 Gästen am Tag. Ich hatte zuvor zwölf Jahre nicht mehr in Tel Aviv gekocht und lernen müssen, dass nicht alles, was ich mache, radikal konzeptionell sein muss.

Gal Ben Moshe: „Wir haben Softeis aus Kamelmilch“

tipBerlin Und in Dubai?

Gal Ben Moshe In Dubai koche ich meine konsequenteste Levante-Küche, viele Nüsse, starke Gewürze, aber mit Rückgriff auf Tomaten aus Frankreich oder Spanien, weil es in Dubai faktisch keine lokale Lebensmittelproduktion gibt. Dafür haben wir Softeis aus Kamelmilch. Der gemeinsame Nenner aller Restaurants ist vielleicht: Innerhalb des jeweiligen Konzepts mache ich keine Kompromisse.

tipBerlin Gar keine?

Gal Ben Moshe Gar keine! Ich wurde 2021 beispielsweise eingeladen, einen Gang anlässlich des Festdinners zum fünfzigjährigen Bestehen der Vereinigten Arabischen Emirate beizusteuern. Man war auf mich gekommen, weil ich damals weltweit der einzige israelische Koch mit einem Michelin-Stern war. Ich habe mein Kameltatar mit israelischem Kaviar vorgeschlagen und wurde mehrfach gebeten, doch lieber WagyuRind zu nehmen. Man könne dem König doch nicht rohes Kamel servieren.

„Ich bin mir sicher, dass das Reisen mich zu einem besseren Koch macht“

tipBerlin Sie haben dennoch Kamel serviert?

Gal Ben Moshe Ich habe mich geweigert den Gang zu ändern, schließlich steht das Kamel so sehr für die nomadische Geschichte des Landes wie nichts sonst. Aus diesem Dinner resultierte dann auch die Einladung, ein Restaurant in Dubai zu eröffnen.

tipBerlin Nervt das viele Reisen nicht irgendwann?

Gal Ben Moshe Im Gegenteil. Ich liebe das Reisen. Und bin mir sicher, dass es mich zu einem besseren Koch macht, weil ich mehr sehr sehe, mehr esse. Weil ich im Austausch bin mir der Welt.

tipBerlin Wir können also mit weiteren kulinarischen Konzepten des Gal Ben Moshe rechnen?

Gal Ben Moshe Sogar in Berlin und bereits im kommenden Jahr. So viel sei verraten: Es wird Fine Dining – und mein erstes koscheres Konzept.


The Pink Room: Das erwartet euch

Tägliche Auswahl an speziellen Nigiri, Rollen und Chirashi Sushi. Foto: Pink Room

Der große Spaß beginnt bereits vor dem eigentlichen Gastraum: In einem purpurroten Aufzug, der gar keiner ist. Aber das, was sich da hinter der Aufzugstür öffnet, ist ja auch kein Restaurant im handelsüblichen, ja nicht einmal berlinüblichen Sinne: Plüsch und Pink und falsches Gold, Stroboskopblitze zur Discokugel, die Fülle an Reizen setzt sich auf den Tellern fort. Thunfisch-Carpaccio mit Vanille-Ponzu-Sauce, dazu gepoppte Körner, Sumach und Orangenfilets. Eine delikate Sushi-Auswahl in einer den Tisch füllenden, trockeneisbenebelten Muschelskulptur. All das ist kräftig inszeniert, mächtig geschmacksintensiv – und überzeugend präzise gemacht (sieben Gänge 135 Euro). Wenn es also darum geht, gutes Essen zu feiern, wird das im The Pink Room gerade so wörtlich genommen wie nirgends sonst in Berlin. (Clemens Niedenthal)

  • The Pink Room  Mohrenstr. 30, Mitte, Do–So 18–23 Uhr (Last seating 20.30 Uhr), online

Das Interview mit Gal Ben Moshe stammt aus der Oktober-Ausgabe des tipBerlin. Das große Thema: Amore mio Berlino: Warum Berlin die nördlichste Stadt Italiens ist.


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