Filmfestspiele

Neue Berlinale-Chefin: Tricia Tuttle übernimmt die Intendanz für 2025

Am 12. Dezember wurde bekanntgegeben, wer das Führungsduo ablösen wird: Tricia Tuttle folgt als Berlinale-Chefin auf Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, die die Filmfestspiele gemeinsam geleitet haben. Die zukünftige Intendantin strahlt Begeisterungsfähigkeit aus, findet tipBerlin-Filmredakteur Bert Rebhandl – aber ihr Erfolg hängt davon ab, ob am Festival weiterhin gespart wird.

Tricia Tuttle, hier bei den Filmfestspielen von Venedig, wird die neue Intendantin der Berlinale. Foto: Imago/IPA/ABACA  BRIPA20230831_008
Tricia Tuttle, hier bei den Filmfestspielen von Venedig, wird die neue Intendantin der Berlinale. Foto: Imago/IPA/ABACA BRIPA20230831_008

Tricia Tuttle wird einen Tag nach der neuen Jury-Präsidentin vorgestellt

Es war wohl nicht ganz zufällig, dass die Berlinale am 11. Dezember die neue Jury-Präsidentin für den Wettbewerb 2024 bekannt gegeben hat: Lupita Nyong’o, die großartige afroamerikanische Schauspielerin. Glamouröser und zugleich politischer lässt sich diese symbolträchtige Funktion kaum besetzen, und Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek haben damit gezeigt, dass sie dem öden Starbedürfnis, das angeblich immer durch Berlin geistert („Niemand kommt mehr zur Berlinale, mannomann“), etwas Pointiertes und Kluges entgegnen können.

Nicht ganz zufällig war der Zeitpunkt vermutlich, weil am 12. Dezember, einen Tag später, bekannt gegeben wurde, wer die Berlinale ab April 2024 (also nach der bevorstehenden Ausgabe) leiten soll: Tricia Tuttle, geboren in den USA, aber zuletzt vor allem in Großbritannien tätig, wo sie das London Film Festival leitete.

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So heruntergewirtschaftet in England nach vielen Jahren neoliberaler Politik vieles ist, das Land leistet sich immer noch eine mächtige und vergleichsweise gut dotierte Filminstutition: das BFI (British Film Institute). Und in diesem Kontext hat Tuttle sich unter anderem bewegt. Wenn man ihren Twitter-Account ein wenig durchsieht, dann findet man viele sehr konkrete und offensichtlich nicht bloß dahingesagte Meinungen zu Filmen, viele davon mit queeren oder feministischen Themen. Dazu spielt natürlich das Business eine große Rolle: Wer macht was wo? Dazu verhält sie sich auch immer wieder, in der Regel natürlich zustimmend, denn auf Twitter wird öffentlich genetzwerkt.

Tricia Tuttle: eine Frau, die Begeisterungsfähigkeit ausstrahlt

Die Berlinale sollte nach nur vier Jahren unter Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek neu aufgestellt werden, hieß es im Sommer aus dem Haus von Claudia Roth, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die Notwendigkeit dazu erschloss sich inhaltlich nur bedingt („Schlechte Aussichten für die Filmstadt Berlin“, schrieben wir über Roths Berlinale-Pläne), allerdings war Chatrian durch den Entschluss von Mariette Rissenbeek, nach 2024 keine Verlängerung anzustreben, allein übrig geblieben. Die deutsche Kulturpolitik schien dem Italiener offensichtlich nicht zuzutrauen, das Festival angemessen zu vertreten – es geht ja um viel mehr als nur darum, gute Filme auszusuchen.

Mit Tricia Tuttle wird das Festival ein neues Gesicht bekommen – man kann davon ausgehen, dass es bei dem Casting der Findungskommission auch um genderpolitische Faktoren ging. Tricia Tuttle hat popkulturellen Appeal (man findet im Netz sogar eine Band in South Carolina, in der eine Tricia Tuttle in den 1990er-Jahren Mitglied war – das war tatsächlich sie!), dem manchmal ein wenig betont seriösen Appeal von Chatrian folgt nun eine Frau, die Begeisterungsfähigkeit ausstrahlt.

Bei der Berlinale hat vieles gut funktioniert – nur die Investitionen fehlen

Alles wird allerdings davon abhängen, ob sich die zuständigen Stellen dazu bereitfinden, in die Berlinale auch zu investieren. 2024 steht ein vergleichsweise trostloses Festival bevor, mit gestrichenen und massiv geschrumpften Sektionen. Wenn die Hoffnung darin besteht, dass Tricia Tuttle aus England den Umgang mit Sponsoren besser gewöhnt ist, dann könnte sich diese Bestellung als fatal erweisen.

Sollte sich aber vom Senat Berlin (bisher bei der Berlinale kaum durch Engagement aufgefallen) und beim Bund eine Abkehr von der Sparkeule abzeichnen, dann hätte die Berlinale alle Voraussetzungen, ihren Status als A-Festival nicht nur zu verteidigen, sondern sogar auszubauen. Denn vieles hat zuletzt eigentlich sehr gut funktioniert, und Tricia Tuttle wird klug genug sein, daran anzuschließen.


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Ein Ausblick: 2024 sind diese Filme im Berlinale-Wettbewerb zu sehen. Lange her: So sah die Berlinale früher aus. Wer hat bei den Filmfestspielen gewonnen? Die Übersicht zu Preisen bei der Berlinale 2023. Was läuft sonst? Hier ist das aktuelle Kinoprogramm für Berlin. Mehr aus der Filmwelt lest ihr in unserer Kino-Rubrik. Und alles zum Festival steht in unserer Berlinale-Kategorie.

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