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Neustart an der Volksbühne: Was euch in der Spielzeit 21/22 erwartet

Mit René Pollesch als neuem Intendanten kehren mit der Spielzeit 21/22 viele prägende Protagonisten der Castorf-Ära an die Volksbühne zurück. Doch das Haus am Rosa-Luxemburg-Platz versteht sich nun als Theater regieführender Autor:innen, will sich auch politischen Initiativen öffnen – und deutlich mehr Frauen in Ensemble und Regie gibt es auch. Wir geben einen Ausblick auf die Spielzeit 21/22 an der Volksbühne.

Von den Sophiensaelen an die Volksbühne: Die Choreografin Florentina Holzinger startet als neue Hausregisseurin schwungvoll derb mit „A Divine Comedy“ am 23. September, Einlass ab 18 Jahren. Foto: Katja Illner
Von den Sophiensaelen an die Volksbühne: Die Choreografin Florentina Holzinger startet als neue Hausregisseurin schwungvoll derb mit „A Divine Comedy“ am 23. September, Einlass ab 18 Jahren. Foto: Katja Illner

Volksbühne startet mit Pollesch und Florentina Holzinger

Die ersten Premieren der mit Spannung erwarteten neuen Intendanz der Volksbühne fanden gar nicht in Berlin statt. Bereits im Juni wurde „Die Gewehre der Frau Kathrin Angerer“ bei den Wiener Festwochen uraufgeführt, im August hatte „A Divine Comedy“, eine Choreografie der neuen Hausregisseurin Florentina Holzinger, bei der Ruhrtriennale Premiere. Beide Produktionen haben nun als zweite („A Divine Comedy“, 23.9.) bzw. dritte („Die Gewehre der Frau Kathrin Angerer“, 30.9.) Produktion der neuen Volksbühne ihre Berlin-Premieren.

„Wir lieben das Repertoirethea­ter und wollten schnell ein Repertoire aufbauen, da boten sich auch aus Finanzgründen die Co-Produktionen mit Festivals an “, sagt René Pollesch, auf dem nach dem Scheitern von Chris Dercon und dem Rücktritt des Interimsintendanten Klaus Dörr nach Sexismus-Vorwürfen nun alle Hoffnungen ruhen, das Haus wieder an alte glänzende Zeiten anknüpfen zu lassen. Die einzige Produk­tion im Spielplan, die aus der Dörr-Zeit übernommen wurde, ist „The West“ von Constanza Macras, die Choreografin wird auch zukünftig regelmäßig an der Volks­bühne inszenieren.

„Theater, von dem wir denken, dass es ein tolles Theater ist“

Die Eröffnungspremiere am 16. September immerhin ist eine Welturaufführung, Text und Regie von „Aufstieg und Fall eines Vorhangs und sein Leben dazwischen“ stammen vom neuen Hausherrn. Obwohl, ein Intendant im traditionellen Sinne, also jemand, der Profil, Spielplan und Mitarbeitende bestimmt, will Pollesch auf keinen Fall sein. Er setzt auf die Autonomie aller Beteiligten. „Wir nennen das ,Träger:innen der Intendanz‘“, erklärt Pollesch, das seien alle Mitarbeitenden am Haus, auch die Mitglieder des Jugendensembles P14.

„Mich hat immer gestört, wenn Thea­terintendanzen so generalstabsmäßig neu beginnen, die alten Plakate runtergerissen werden und neue hingeklebt und die neuen Künstler:innen gefragt werden, und dann pappt der Intendant seinen Namen drauf“, sagt Pollesch, „wir kennen diesen Zirkus seit 20 Jahren und den gilt es zu vermeiden. Wir wollen nicht am Anfang verkünden, was wir dann eh nicht einhalten, sondern wir wollen das Theater machen, von dem wir denken, dass es ein tolles Theater ist.“

Ein Autorentheater ist mal wieder an der Zeit

Viel wichtiger ist Pollesch, ein Theater zu machen, in dem sich Autor:innen und Schauspielende zusammentun. „Ich bin eben auch ein Intendant, der Regisseur und Autor ist. Ein Autorentheater ist nach Brecht und Heiner Müller am BE mal wieder an der Zeit. Alle Regisseur:innen an der Volksbühne sind Autor:innen oder arbeiten kollektiv mit Autor:innen zusammen.“

Zu dieser Autonomie aller Beteiligten gehört, dass das Ensemble viel stärker in die Verantwortung rückt. Die Schauspielenden schlagen ihrer Meinung nach spannende Künstler:innen vor und verantworten diese Personalien. So wurde der philippinische Undergroundregisseur Khavn de la Cruz von Lilith Stangenberg vorgeschlagen, der in dieser Spielzeit der Volksbühne ebenso eine Pre­mie­re mit dem Ensemble erarbeiten wird wie der ungarischen Film- und Theaterregisseur Kornél Mundruzcó und die Regisseurin Susanne Kennedy.

Susanne Kennedy ist in der Spielzeit 21/22 auch dabei

Letzteres ist überraschend, da sie zum Team des verhassten Chris Dercon gehörte. „Es gab unter uns viele Stimmen, die Susanne Kennedy mit ihrer Handschrift als so besonders sehen, dass wir gesagt haben, wir arbeiten mit ihr“, sagt Pollesch. Ein Beispiel für die starke Autonomie der „Trägerschaft“. Kennedys Stück „Jessica“ wird im Februar zur Premiere kommen.

Das Ensemble besteht wie bei ­Castorf aus nur zwölf festen Mitgliedern, damit das Budget auch für Gäste reicht, etwa die Performer:innen von Florentina Holzinger oder Constanza Macras. Viele altbekannte Namen aus der Castorf-Volksbühne sind darunter: Martin Wuttke und Kathrin Angerer natürlich, die bereits zur Bewerbungs­gruppe um Pollesch gehörten, Mar­ga­­rita Breitkreiz, Franz Beil und ­Christine Groß. Lilith Stangenberg und Sophie Rois stoßen ab der nächsten Spielzeit dazu. Aber auch neue junge Gesichter gibt es – wie etwa Rosa ­Lembeck, die auf Vorschlag von Sophie Rois und der P14-Regisseurin Martha von Mechow ins Ensemble kommt.

Auch die Spektakeltage der alten Volksbühne sind zurück

P14, das selbstbewusste Jugendensemble der Volksbühne, dem Schauspielerinnen wie Lilith Stangenberg oder der Drama­tiker Bonn Park entstammen, soll zukünftig eine größere Rolle am Haus spielen, nicht nur auf den Nebenspielstätten, sondern auch auf der großen Bühne. „Wir wollen junge Leute auch im Großen Haus“, sagt Pollesch, „obwohl P14 eigentlich lieber im Prater spielen wollte, sind sie jetzt doch dort gelandet.“ Mit „(AT) Arbeitstitel sind auch Titel“ (17.9.) und „I Spit on my ­Grave“ (18.9.) gehören gleich zwei P14-Inszenierungen zu den ersten Premieren der Spielzeit.

Das berühmte Räuberrad ist jetzt zelten: Statt dem Prater wird ein Zirkuszelt temporär zur Zweitspielstätte der Volksbühne. Foto: Christian Thiel
Das berühmte Räuberrad ist jetzt zelten: Statt dem Prater wird ein Zirkuszelt temporär zur Zweitspielstätte der Volksbühne. Foto: Christian Thiel

Da der Prater bis nächstes Jahr immer noch Baustelle ist, dient ein Zirkuszelt auf dem Rosa-Luxemburg-Platz als Ersatzspielstätte. Manches erinnert auch dort an die alte Volksbühne. So kehrt zur Bundestagswahl Jürgen Kuttner mit dem Format „Berliner Runde“ zurück, auch seine „Schnipselabende“ werden wiederkommen. Das Zeltprogramm mit Aufbügelservice, Zaubershow, einem Benefiz mit Sophie Rois für den Cirkus Hopplahopp, mit dem Christoph Schlingensief zusammengearbeitet hatte (19.9.), erinnert stark an die Spektakeltage der Volksbühne unter Benno Besson und dem ersten Jahrzehnt der Castorf-Ära. Damit schließt sich wohl auch für Pollesch ein Kreis: „Beim Prater-Spektakel 1998 zeigte ich mein Stück ,Drei hysterische Frauen‘. Das war meine erste Begegnung mit der Volksbühne.“


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Unordnung, geilere Stücktitel und die Pläne für die Volksbühnen-Intandanz: Unser Interview mit René Pollesch und P14-Leiterin Vanessa Unzalu Troya. Es war die erste Bewerbung seines Lebens: 2019 erzählte René Pollesch uns, dass er nicht als trojanisches Pferd die alte Volksbühne wieder einschleusen wolle. Jede Woche neu: Unsere Kultur-Tipps fürs Wochenende in Berlin. Ihr interessiert euch vor allem für Kunst? Die besten Ausstellungen in Berlin stellen wir hier vor. Immer aktuelle Texte über Kultur in Berlin lest ihr hier.

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