Berlin hat schon immer Stararchitekten angezogen – ohne die die Stadt anders aussähe. Im alten Preußen hießen die prominenten Baumeister Stüler, Schinkel und Schlüter. Mit dem Triumphzug der Moderne stellten Gropius, Mies van der Rohe und Poelzig die Weichen in Richtung Zukunft, und im geteilten Berlin bauten Architekten wie Henselmann oder Scharoun auf beiden Seiten der Mauer spektakuläre Bauwerke: den Fernsehturm oder die Philharmonie etwa.
Nach der Wende gewann Berlin wieder an globaler Bedeutung und zog die ganz großen Stars der Branche an. Die Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschland veränderte sich seit dem Mauerfall massiv, und dafür waren auch berühmte Architekten wie Norman Foster, Daniel Libeskind, Frank Gehry und David Chipperfield verantwortlich. Wir stellen internationale Stararchitekten vor, die Berlin nach dem Mauerfall mit beeindruckenden Bauprojekten prägten.
Berühmte Architekten: Norman Foster
Der Architekt Paul Wallot gewann 1882 der Wettbewerb und realisierte seinen Reichstags-Entwurf in den folgenden Jahren. Schon damals hatte der repräsentative Bau eine Kuppel, die wurde im Krieg zerstört und so stand das Gebäude bis nach dem Mauerfall ohne Kuppel dar.
Nach dem Beschluss zum Umzug des Parlaments von Bonn nach Berlin, wurde der Reichstag komplett modernisiert und umgebaut. Eine neue Kuppel sollte her. Der englische Architekt Norman Foster bekam den Zuschlag und erschuf mit der gewagten Glaskonstruktion, die begehbar ist, den Blick auf den Sitzungssaal erlaubt und von der aus man einen guten Ausblick über das Regierungsviertel hat, ein neues Wahrzeichen Berlins.
- Bundestag Platz der Republik 1, Mitte
Rem Koolhaas
Nach der Wende wurde Berlin wieder Hauptstadt und so mussten auch die Botschaften an die Spree ziehen. Einige Länder nutzten wieder die alten Botschaftsgebäude aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, doch viele Staaten ließen ihre Vertretungen neu bauen.
So auch die Niederlande. Der holländische Stararchitekt Rem Koolhaas entwarf 2004 einen kubischen Bau aus Sichtbeton mit einer Außenfassade aus Glas und Aluminium. Das vielfach ausgezeichnete Projekt gehört zu den gelungensten Beispielen für moderne Architektur in Berlin.
- Botschaft der Niederlande Klosterstraße 50, Mitte
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Daniel Libeskind
Daniel Libeskind läutete 1999 mit seinem Entwurf des Jüdischen Museums in Berlin einen Wendepunkt in Berlins Architekturgeschichte ein. Der zickzackförmige Hauptbau mit den sich kreuzenden schiefen Achsen, der Garten des Exils und der Holocaust-Turm setzten Maßstäbe.
Der amerikanische Stararchitekt hat in Berlin aber auch mit dem „Sapphire“ sein erstes Wohnhausprojekt in Europa realisiert. Das 2017 fertiggestellte Haus mit titanbeschichteter Außenfassade und 70 Luxuswohnungen befindet sich gegenüber der BND-Zentrale in Mitte. Mehr über Daniel Libeskind und sein Werk in Berlin lest ihr hier.
- Sapphire Chausseestraße 43, Mitte
Berühmte Architekten in Berlin: Ieoh Ming Pei
Der chinesisch-amerikanische Architekt Ieoh Ming Pei (1917–2019) gehörte zu den Großmeistern der klassischen Moderne. Von ihm stammt die Glaspyramide vor dem Louvre in Paris, der Bank of China Tower in Hongkong und die John-F.-Kennedy Präsidentenbibliothek neben der Harvard University.
In Berlin hat er 1997 mit dem Ausstellungsbau des Deutschen Historischen Museums ein relativ kleines Projekt verwirklicht, das jedoch kongenial die preußische Tradition des Haupthauses mit zeitgenössischer Ästhetik vereint. So erlaubt etwa die Glas-und Stahlkonstruktion verschiedene Blicke auf das Zeughaus und überzeugt durch eine grandiose Lichtgestaltung.
- Deutsches Historisches Museum Unter den Linden 2, Mitte
Santiago Calatrava
Die historische Kronprinzenbrücke wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und nach dem Mauerbau abgerissen. Erst nach der Wende fiel die Entscheidung, die Straßenbrücke im Regierungsviertel wieder aufzubauen. Den Zuschlag erhielt der spanisch-schweizerische Architekt Santiago Calatrava, der mit seinen organisch-futuristischen Konstruktionen einen einzigartigen Baustil entwickelt hat.
Calatravas 1996 fertiggestellte Stahlbrücke gehört aufgrund ihrer aufwendigen Pfeilerkonstruktion und des Belechtungskonzepts zu den interessantesten Brücken der Stadt.
- Keronprinzenbrücke Konrad-Adenauer-Straße, Mitte
Berühmte Architekten, die Berlin prägten: Frank Gehry
Frank Gehrys Projekte haben die Ausstrahlung, um eine ganze Stadt zu verändern. Sein Guggenheim-Museum in Bilbao etwa oder das Experience Music Project in Seattle. Die amorphen Gebäude, die wie außerirdische Relikte aus Science-Fiction-Filmen aussehen, entziehen sich der strengen Formensprache, die das Bauhaus und die Moderne vorgaben.
In Berlin gestaltete Gehry den Sitz der DZ Bank am Pariser Platz. Leider verbirgt sich sein Talent im Inneren des 2001 fertiggestellten Gebäudes, wo sich im Foyer die organischen Strukturen ausbreiten, die eher als Skulptur zu begreifen ist. Die Außenfassade aus Sandstein ist hingegen vergleichsweise konventionell.
- DZ Bank Pariser Platz 3, Mitte
David Chipperfield
Der englische Architekt David Chipperfield arbeitete nach dem Studium in dem gemeinsamen Büro von Norman Foster und Richard Rodgers. 1985 machte er sich mit seinem eigenen Büro selbstständig, 13 Jahre später eröffnete er einen Ableger in Berlin. Seitdem ist Chipperfield der Stadt verbunden und hat hier einige seiner wichtigsten Projekte verwirklicht.
Chipperfield verantwortete in den Jahren 1997 bis 2009 etwa den Wiederaufbau des Neuen Museums. Der Museumsinsel blieb er treu und schuf mit der 2018 eröffneten James-Simon-Galerie einen architektonischen Höhepunkt. Die Verbindung aus moderner Strenge und klassischen Anleihen passt sich perfekt in den weltberühmten Kulturort ein.
- James-Simon-Galerie Bodestraße, Mitte
Berühmte Architekten: Renzo Piano
Der Potsdamer Platz verödete in der Mauerzeit. Weder im Osten noch im Westen wollte man sich um den einst glanzvollen Ort kümmern. Die meisten historischen Gebäude wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, andere nach dem Mauerbau abgerissen. Nach der Wende rückte der Platz erneut in den Fokus. Investoren aus aller Welt beauftragten ab Mitte der 1990er-Jahre internationale Architekten, neue Bürohäuser, Hotels, Kinos und eine Einkaufspassage zu bauen.
Der Masterplan der „kritischen Rekonstruktion“ des Potsdamer Platzes stammt von dem italienischen Architekten Renzo Piano, der zudem auch das debis-Haus, heute Atrium Tower, entwarf.
- Atrium Tower Eichhornstraße 3, Tiergarten
Jean Nouvel
Ähnlich wie der Potsdamer Platz erlebte auch die Friedrichstraße eine Wiederbelebung nach dem Mauerfall. Dazu zählten auch die neue Geschäftshäuser auf der Höhe der Französischen Straße. In den verglasten Konsumtempeln der Luxusklasse konnte man einkaufen wie sonst in Berlin höchstens im KaDeWe. Einer der spektakulärsten Entwürfe aus dieser Zeit kam von dem französischen Architekturstar Jean Nouvel, der in den Galeries Lafayette eine überwältigende Kuppelkonstruktion aus Glas und Licht bauen ließ und in die Mitte des schicken Warenhauses eine Nachbildung des Eiffelturms stellte. Veränderungen an der Friedrichstraße gibt es weiterhin. Es ist ein großes Auf und Ab. So verabschiedet sich auch die Galeries Lafayette Ende 2024 aus Berlin. Die Zukunft des berühmten Hauses bleibt ungewiss. Ein Vorschlag: die Zentral- und Landesbibliothek könnte einziehen.
- Galeries Lafayette Friedrichstraße 76-78, Mitte
Peter Eisenman
Die Diskussionen, Debatten und Skandale rund um die Planung und Errichtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in unmittelbarer Nähe zum Brandenburger Tor und dem Reichstag füllen ganze Bände. Seit 2005 gehört der einzigartige Entwurf des US-Architekten Peter Eisenman zu Berlin und ist einer der meistbesuchten Orte der Stadt.
Das Denkmal besteht aus 2.711 quaderförmigen Beton-Stelen in unterschiedlicher Höhe, die auf einer Grundfläche von knapp 20.000 Quadratmetern eine beklemmende Situation erschaffen, die jeden einzelnen Besucher individuell die Schrecken des Holocaust begreifen lässt. Das Holocaust-Denkmal in Berlin: Geschichte, Wissenswertes und Besucherinfos.
- Holocaust-Mahnmal Cora-Berliner-Straße 1, Mitte
Berühmte Architekten in Berlin: Richard Rogers
Er baute den Europäischen Gerichtshof, einen Wolkenkratzer am neuen World Trade Center-Komplex, den neuen Terminal am Flughafen Barajas in Madrid und gemeinsam mit Renzo Piano das Centre Pompidou in Paris. Der italienisch-britische Architekt gehört seit den späten 1960er-Jahren zu der Elite seiner Zunft.
In Berlin verwirklichte Stararchitekt Rodgers, der einen positiven Fortschrittsglauben vertritt und in seiner Architektur vermehrt innovative Technologien einbringt, in den späten 1990er-Jahren das Daimler-Chrysler-Gebäude am Potsdamer Platz.
- Daimler-Chrysler-Gebäude Linkstraße 2, Tiergarten
Herzog & de Meuron
Nach der Wende folgte in Berlin ein Bauboom. Die neue Hauptstadt klotzte, berühmte Architekten flogen ein, bauten Museen oder Geschäftshäuser und zogen wieder weiter. Der große Aufbruch der späten 1990er- und Nuller-Jahre ist vorüber. In Berlin wurde das Stadtschloss von Franco Stella gebaut, auch das neue Suhrkamp-Verlagsgebäude des Architekturbüros Bundschuh ist sehenswert. Doch die Stararchitekten geben sich in Berlin nicht mehr die Klinke in die Hand.
Umso interessanter ist der Entwurf des berühmten Schweizer Architekturbüros Herzog & de Meuron für das zukünftige Museum des 20. Jahrhunderts, auch als Museum der Moderne bekannt, das am Kulturforum gleich neben der Neuen Nationalgalerie stehen soll. Schließlich sorgten die Architekten in der Vergangenheit mit der Elbphilharmonie in Hamburg oder dem Olympiastadion in Peking für weltweites Aufsehen.
Seit September 2019 liegt die Entwurfsplanung mitsamt Termin- und Kostenplan vor. Die Fertigstellung ist laut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für 2026 vorgesehen. Der Neubau sei nötig, da der umfassende Bestand der Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts aus Platzmangel seit Jahrzehnten nur in Ausschnitten gezeigt werden kann.
- Museum des 20. Jahrhunderts Kulturforum, Tiergarten, im Bau
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