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DallE Mini zeigt Berlin aus der Sicht einer künstlichen Intelligenz

DallE ist eine ziemlich unterhaltsame künstliche Intelligenz, die geschriebene Wörter in Bilder übersetzen kann. Ein Open-Source-Nachbau unter dem Namen DallE Mini unterhält derzeit das halbe Internet. An den hinterlegten Alt-Texten bei der Google-Bildersuche geschult, baut das Programm aus Texten Bilder – und das in beeindruckender Qualität. Wir haben DallE Mini mit Ideen gefüttert – von zerfließenden Gesichtern berühmter Berliner:innen bis zu Kunst, bei der man staunt, dass es sie so gar nicht gibt.


Wowereit und Knef in einer Bar

Die künstliche Intelligenz hat Probleme mit Gesichtern. Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Versuchen wir es zum Anfang mit einigen berühmten Figuren aus Berlin: mit der wunderbaren Schauspielerin und Musikerin Hildegard Knef sowie mit Klaus Wowereit, eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Berliner Landespolitik. Dass die beiden am Tresen gut miteinander ausgekommen wären, kann man sich ganz gut vorstellen. DallE Mini fehlt allerdings auch nach der Durchsicht unzähliger Bilder der beiden ein klares Bild von den Gesichtern der beiden. Der Versuch, sie gemeinsam in eine Bar zu setzen, hat etwas alptraumhaftes.


Franziska Giffey und ein Ei

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

DallE Mini hat mit Gesichtern ohnehin Schwierigkeiten, aber dann gibt es doch Merkmale, die ein bisschen bemerkenswerter sind als andere. Franziska Giffey, hier beim mal mehr und mal weniger eleganten Versuch, ein Ei zu verspeisen, ist für die künstliche Intelligenz ganz leicht zu erkennen: An der Frisur ändert sich wenig, und Outfits scheinen ihr nur in zwei Farben zur Verfügung zu stehen. Schmeichelhaft ist das nicht, DallE arbeitet da nahe an der Karikatur.


Marlene Dietrich auf dem E-Scooter

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

E-Scooter stehen im Weg rum, landen bisweilen im Landwehrkanal und sind vor allem für Jugendliche ein ganz witziger Zeitvertreib, die Verkehrswende haben sie nun aber nicht nennenswert vorangetrieben. Die künstliche Intelligenz hat aber immerhin ein recht genaues Bild vor Augen, wie sie aussehen: manche täuschend echt, andere sind mehr Vespa als Limescooter. Bei Marlene Dietrich hingegen versagt die Maschine: Ihr Gesicht ist schemenhaft, bemerkenswert scheinen eher ihre Outfits zu sein.


Frida Kahlos Ku’damm

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Wenn DallE Mini also Probleme hat, bestimmte Situationen nachzustellen und Gesichter zu erkennen, was kann die künstliche Intelligenz dann eigentlich? Nun, Berlin aus der Sicht bestimmter Künstler:innen, das scheint ganz gut zu funktionieren. Ein erster Versuch aber, der Kurfürstendamm, gemalt von Frida Kahlo, produziert nicht ganz die gewünschten Ergebnisse. Die Prachtstraße ist nun aber vielleicht auch der falsche Suchbegriff, kein Wunder, dass sich Abwandlungen von Kahlos berühmten Selbstportraits in den Vordergrund drängen.


George Grosz’ Kottbusser Tor

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

George Grosz, einer der kritischsten Künstler der Weimarer Republik, gewitzter Karikaturist und messerscharfer Analytiker, dem wenige Striche reichten, ist für eine künstliche Intelligenz vielleicht eh die sicherere Wahl. Und tatsächlich, das Grundgefühl stimmt: Das Gefühl einer vom Weltkrieg gezeichneten Großstadt schimmert auch in der Nachstellung durch Computerprogramme hindurch. Allein das ausgewählte Motiv haut nicht ganz hin: Das ikonische Neue Kreuzberger Zentrum und die Gleise der Hochbahn werden allenfalls angedeutet und missverstanden. Was bleibt: Altbaubrei. Schade, nächster Versuch.


Dall-E und Gauguin am Wannsee

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Wie umstritten Paul Gauguin als Künstler war, untersucht eine Ausstellung in der Alten Nationalgalerie. Aber was wir hier sehen, ist ja gar nicht von dem vielfach zu beanstandenden und dann aber auch wegen der Strahlkraft der Werke nur zu bewundernden Künstler, sondern von einer Maschine. DallE Mini hat Gauguin unter die Lupe genommen, und statt polynesischer Strandidylle ist so in seinem Stil – nicht ansatzweise so detailliert, aber von der Farbgebung her stimmig – eine Handvoll Wannsee-Szenen entstanden. Passt ja, in Berlin fühlt man sich im Sommer gern wie im Urlaub.


Fernsehturm in Sternennacht

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Einer von Gauguins berühmteren Zeitgenossen war Vincent van Gogh, von dem wir uns eine Darstellung des Alexanderplatzes gewünscht hätten. DallE Mini liefert und gibt uns eine Stadtszene mit viel Textur und Berlins markantem Wahrzeichen immer im Blick. Der macht sich erstaunlich gut im Stil der „Sternennacht“, aber ein an der Textur von Van Goghs berühmtestem Selbstbildnis geschultes Pflaster ist da sogar noch kreativer.


Monets Hansaviertel

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Wie revolutionär der Impressionismus einst gewesen sein muss, kann man angesichts der Flut von Postkartenmotiven in diesem Stil gar nicht mehr wirklich nachvollziehen. Aber umso leichter ist es für die künstliche Intelligenz, aus dem Monet das herauszukitzeln, was den Monet ausmacht – auch wenn statt Seerosen die kühle, reduzierte Moderne im Hansaviertel zwischen bezaubernden Pflanzen hervorblitzt. Mehr Kunst-Tipps gibt’s hier.


Gerhard Richters triste Gropiusstadt

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Viel düsterer und im besten Sinne verwaschen ist das, was DallE Mini in Gerhard Richter entdeckt. Der teuerste Maler der Gegenwart schuldet uns noch einen tristen Werkzyklus über die Gropiusstadt, eine der berüchtigsten Großsiedlungen in Berlin, aber die Maschine hilft nach. Nur besonders wohnlich erscheint das nicht.


Das Tempelhofer Dada-Feld

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Das Tempelhofer Feld bedeutet Freiheit – für eine künstlerische Darstellung dann aber auch bestenfalls Weite, schlechtestenfalls Leere. Fragt man DallE Mini nach Hannah Höchs Stil, dann will das Programm von Leere aber nicht viel wissen. Landebahnen und sattes Grün erkennt man schon, fast charakteristisch ist das alles – aber wird dann von den bizarren Figuren im Stil der dadaistischen Künstlerin komplett in den Schatten gestellt. In seiner Geschichte hat das Tempelhofer Feld schon viel gesehen, aber fliegende Augäpfel haben bislang gefehlt.


Garten der irdischen Freuden

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Dass Details auf der Strecke bleiben, wenn Millionen Fotos ausgelesen und zu Näherungswerten vermengt werden, ist klar. Dass das aber bei einem Künstler wie Hieronymus Bosch gar nichts macht, ist dann umso erstaunlicher. Dessen Werke zeichnen sich ja bekanntlich dadurch aus, himmlische (oder apokalyptische) Wimmelbilder zu sein. DallE Mini hat sich für seine Darstellung des Mauerparks eher am Paradies als am Fegefeuer orientiert. Was für bizarre kleine Figuren man sehen würde, wenn man ins Karaoke-Amphitheater hineinzoomen könnte, bleibt der Fantasie überlassen. Aber eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Berlins ist dann doch erstaunlich gut getroffen.


Die Brücke im Berghain

Bild: DallE Mini/Created by Boris Dayma et al. 2021-2022

Getoppt wird das nur noch vom stimmungsvollen Nachtleben, das DallE Mini sich im Stil von Ernst Ludwig Kirchner ausmalt. Das Berghain, in dem bekanntlich Fotoverbot herrscht, ist dafür von außen wohl den allermeisten bekannt. Als Brocken in der Landschaft kriegt das Programm den Technoclub geradezu postkartentauglich hin. Und bei den Darstellungen der Figuren schwingt dann auch gleich alles mit, was auch in der Party-Wirklichkeit nicht ganz unbekannt ist. Die ausschließlich dunkle bis schwarze Kleidung, klar. Und dann noch die verzerrten Gesichter, die Schlangenbildung und der offensichtliche Schmerz all jener, die nicht reingekommen sind. Tipps für die Berghain-Tür gibt’s hier

… und Staunen über das Programm gratis hier: Ihr könnt euch einfach mal selbst an den Vorschlägen der künstlichen Intelligenz versuchen. Wir hatten viel Spaß mit weiteren Kunststilen, haben den Bundestag von Disney-Zeichner Carl Barks anfertigen lassen, Albrecht Dürer auf den Teufelsberg geschickt – und euch fällt sicher auch jede Menge ein. Wenn euch die Open-Source-Demo-Version von Boris Dayma und seinen Kolleg:innen nicht ausreicht, lohnt sich der Blick zu OpenAI: Dort ist das Dall-E-Original in Entwicklung, auf der Website könnt ihr die Fortschritte der künstlichen Intelligenz bewundern, auch wenn ihr sie nicht ausprobieren dürft.


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Die Technik macht Fortschritte: Mittlerweile können KIs wie Udio Erstaunliches produzieren – zum Beispiel Hip-Hop-Tracks über Berlin. Immer gut über das Leben in Berlin informiert: Abonniert jetzt unseren wöchentlichen tipBerlin-Newsletter. Ihr wollt wissen, was in der Gastro-Welt Berlins geschieht? Hier entlang. Unsere Empfehlungen für eure Ohren: Konzerte in Berlin. Tipps und News für Party in Berlin findet ihr in der Club-Rubrik. Mehr Lust auf Kultur? Alle wichtigen aktuellen Ausstellungen findet ihr hier.

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