Berlin verstehen

Legendäre Staatsbesuche in Berlin: Kennedy, Stalin und die Queen

Staatsbesuche in Berlin haben eine lange Geschichte. Natürlich empfingen schon die preußischen Könige europäische Monarchen und hohe kirchliche Würdenträger. Nach der Gründung des Kaiserreichs gewann Berlin an politischer Bedeutung und hoher Besuch gehörte zum Stadtleben dazu. Noch 1909 etwa reiste der englische König Eduard VII. in die aufstrebende Großstadt. In der Weimarer Republik gaben sich die Könige von Afghanistan und Ägypten die Ehre und im Dritten Reich verschlug es nur Hitlerfreunde wie Mussolini und den ungarischen Reichsverweser Horthy an die Spree. So viel zur Vorgeschichte. Hier blicken wir auf 12 legendäre Staatsbesuche in Berlin seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.


Potsdamer Konferenz, 1945

Stalin, Truman and Churchill in Potsdam, 1945. Foto: Imago/Photo12/Photosvintages
Legendäre Staatsbesuche in Berlin: Stalin, Truman und Churchill in Potsdam, 1945. Foto: Imago/Photo12/Photosvintages

Der vielleicht bedeutendste Staatsbesuch in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg oder um genauer zu sein, nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa, fand in Potsdam statt. Stalin, Truman und Churchill berieten vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 bei der Potsdamer Konferenz, die übrigens offiziell „Dreimächtekonferenz von Berlin“ hieß, über die Zukunft der Welt. Das Ergebnis beinhaltete u.a. die Aufteilung Deutschlands (und Berlins) in vier Besatzungszonen und eine Westverschiebung Polens.


Legendäre Staatsbesuche in Berlin: US-Präsident John F. Kennedy in Berlin, 1963

US-Präsident John F. Kennedy besucht West-Berlin am 23.06.1963. Foto: Imago/Serienlicht
US-Präsident John F. Kennedy besucht West-Berlin am 23.06.1963. Foto: Imago/Serienlicht

Für die Geschichtsbücher: Der Besuch des legendären US-Präsidenten John F. Kennedy im Juni 1963 in West-Berlin gehört zu den politischen Sternstunden der Mauerstadt. Regierender Bürgermeister war damals Willy Brandt, der als Bundeskanzler schon bald selbst Geschichte schreiben sollte. Brandt empfing JFK, die Stadt war in Aufruhr und jubelte dem jungen Präsidenten vor dem Rathaus Schöneberg zu. Dort sprach der US-Amerikaner die vielleicht berühmtesten Worte, die in Berlin seit Kriegsende gesprochen wurden: „Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger Berlins, und deshalb bin ich als freier Mensch stolz darauf, sagen zu können ‚Ich bin ein Berliner‘!“


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Gegenbesuch: Chruschtschow in Ost-Berlin, 1963 

Der Oberste Sowjet Nikita Chruschtschow und der Staatsratsvorsitzende der DDR Walter Ulbricht in Berlin am 28. Juni 1963. Foto: Imago/frontalvision.com
Der Oberste Sowjet Nikita Chruschtschow und der Staatsratsvorsitzende der DDR Walter Ulbricht in Berlin am 28. Juni 1963. Foto: Imago/frontalvision.com

Nur wenige Tage nachdem John F. Kennedy seine „Ich bin ein Berliner“-Rede hielt, zog der Ostblock nach. Der Staatsratsvorsitzende der DDR Walter Ulbricht empfing Ende Juni 1963 in Ost-Berlin den Obersten Sowjet, Nikita Chruschtschow. Es war ein Wettlauf um die Sympathien der Deutschen, doch zeigte sich recht schnell, dass die realsozialistischen Bonzen mit dem sprühenden Charisma des jungen US-Präsidenten nicht mithalten konnten und der Welt kaum mehr als ideologische Inszenierung und plumpe Kriegsrhetorik zu bieten hatten.


Zeitenwende: Die Queen kommt nach Berlin, 1965

Staatsbesuch in Berlin: Die Queen besucht Deutschland und macht am 27. Mai 1965 in West-Berlin halt. Foto: Imago/Serienlicht
Die Queen besucht Deutschland und macht am 27. Mai 1965 in West-Berlin halt. Foto: Imago/Serienlicht

Die Königin besuchte in Begleitung ihres Ehemanns, des Herzogs von Edinburgh, vom 18. bis 28. Mai 1965 Deutschland. Dies war der erste Besuch eines britischen Monarchen in Deutschland seit 1913, als König Georg V. der Hochzeit von Prinzessin Victoria von Preußen beiwohnte. Ziel des Besuchs war die Förderung der Aussöhnung zwischen dem Vereinigten Königreich und Deutschland, und mehr als eine Million Menschen säumten die Straßen, um die Queen zu sehen. Sie verbrachte nur wenige Stunden in West-Berlin. Wir blicken zurück: Queen Elizabeth II. in Berlin – Das waren ihre Besuche in der Stadt.


Legendäre Staatsbesuche in Berlin: Leonid Breschnew, 1972

Leonid Breschnew (Generalsekretär KPdSU) mit Erich Honecker am 1. Juni 1972 in Ost-Berlin. Foto: Imago/Gerhard Leber
Leonid Breschnew (Generalsekretär KPdSU) mit Erich Honecker am 1. Juni 1972 in Ost-Berlin. Foto: Imago/Gerhard Leber

Die Welt im Jahr 1972 stand im Schatten der beiden Weltmächte: USA und Sowjetunion. Das Wettrüsten erreichte einen Höhepunkt und US-Präsident Richard Nixon und Leonid Breschnew zogen die Konsequenzen und unterzeichneten den ersten SALT-Vertrag zur Begrenzung strategischer Atomwaffen. Im Juni reiste Breschnew in die Hauptstadt der DDR und ließ sich von den Genossen feiern. Das Volk stand am Straßenrand und musste winken.  


Geschickte Einladungspolitik: Präsident Jimmy Carter, 1978

US-Präsident Jimmy Carter und Dietrich Stobbe (Regierender Bürgermeister) betrachten den Todesstreifen auf einer Plattform an der Berliner Mauer am 13. Juli 1978. Foto: Imago/Sven Simon
US-Präsident Jimmy Carter und Dietrich Stobbe (Regierender Bürgermeister) betrachten den Todesstreifen auf einer Plattform an der Berliner Mauer am 13. Juli 1978. Foto: Imago/Sven Simon

Jimmy Carter war vielleicht der sympathischste US-Präsident der letzten Jahrzehnte, auch wenn ihm in dieser Hinsicht Clinton und Obama sicherlich Konkurrenz machen dürften. 1978 besuchte er die Mauerstadt und stellte sich am 13. Juli mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister Dietrich Stobbe (SPD) an die Mauer und schaute rüber. Am 15. Juli gab es zudem eine Fragerunde mit geladenen Berlinerinnen und Berlinern. Ganz so offen war die Veranstaltung nicht, da die Verantwortlichen im Senat befürchteten, es würden „die ganzen Irren“ kommen und unbequeme Fragen stellen. Es wurde versucht, durch eine geschickte Einladungspolitik für ein freundlich gesinntes Publikum zu sorgen.


Legendäre Staatsbesuche in Berlin: Ausschreitungen beim Reagan-Besuch in West-Berlin, 1982

Strassenkampf rund um den Nollendorfplatz anlässlich des Besuchs von Präsident Reagan, 11. Juni 1982. Foto: Imago/Michael Hughes

Am 11. Juni 1982 legten sich bürgerkriegsähnliche Zustände über den Nollendorfplatz und die umliegenden Straßen. Wenn der Besuch des damaligen US-Außenministers Haig ein Dreivierteljahr zuvor einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte, so wartete auf Berlin mit Ronald Reagans Besuch im Juni ’82 ein Orkan. Schon am Vortag von Reagans Rede versammelten sich Gewerkschaften, Parteien und Friedensgruppen, um gegen die atomare Aufrüstung zu protestieren, zehntausende Menschen kamen. Einen Tag später wurde der Protest gewaltsam und Schöneberg ging unter in Rauch und Tränengasdämpfen. Nicht jeder Berlin-Besuch von US-Präsidenten verlief so turbulent – unser Rückblick.


The Rose of England: Lady Di bezaubert 1985 die Stadt

Staatsbesuch in Berlin: Lady Di bei einem Besuch in Berlin am 18. Oktober 1985. Foto: Imago/Teutopress
Die britische Traumprinzessin, Gattin des Thronfolgers Prince Charles, die betörende Lady Di bei einem Besuch in Berlin am 18. Oktober 1985. Foto: Imago/Teutopress

Wer die letzten beiden Staffeln der Erfolgsserie „The Crown“ geschaut hat, dürfte einen guten Eindruck davon bekommen haben, wie es Lady Diana in den 1980er- und 1990er-Jahren erging. Die Gemahlin des britischen Thronfolgers Prince Charles litt enorm unter dem Druck des Königshauses und der Beziehung ihres Ehemanns zu Camilla. Bei öffentlichen Auftritten bezauberte die Prinzessin aber die Menschen. Auch wenn es sich hierbei nicht um einen Staatsbesuch im eigentlichen Sinne handelte, schließlich war die Princes of Wales zu keinem Zeitpunkt ein Staatsoberhaupt, schlug sie im Herbst 1985 die Berliner und Berlinerinnen in ihren Bann.


Kurz vor Schluss: Michael Gorbatschow in Ost-Berlin, 1989

Staatsbesuch in Berlin: Erich Honecker und Michael Gorbatschow bei den Feierlichkeiten anlässlich des 40. Geburtstages der DDR am 7. Oktober 1989. Foto: Imago/Sven Simon
Erich Honecker und Michael Gorbatschow bei den Feierlichkeiten anlässlich des 40. Geburtstages der DDR am 7. Oktober 1989. Foto: Imago/Sven Simon

Die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989 wirken heute bizarr. Doch damals wusste noch niemand, dass die SED nur noch wenige Wochen die absolute Kontrolle über den Osten Deutschlands haben würde. Am 9. November fiel die Mauer, wenige Monate später wurde die DDR abgewickelt. Das lag nicht zuletzt auch an dem damaligen Staatsgast Michael Gorbatschow, der zum gefeierten Symbol des Wandels wurde. Honecker wanderte hingegen ins Gefängnis und setzte sich später nach Chile ab, wo er 1994 starb.


BFF: Wladimir Putin und Gerhard Schröder, 2000

Ministerpräsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Gerhard Schröder am 15.Juni 2000 in Berlin. Foto: Imago/bonn-sequenz
Ministerpräsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Gerhard Schröder am 15. Juni 2000 in Berlin. Foto: Imago/bonn-sequenz

Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Im Jahr 2000 regierte SPD-Kanzler Gerhard Schröder mit der rot-grünen Koalition, Russland galt noch als befreundeter Staat und als Putin am 15. Juni 2000 nach Berlin kam, wurde er mit offenen Armen und allen Ehren empfangen. Heute kaum noch vorstellbar. Schröder jedoch, der nach seiner Amtszeit lukrative Jobs bei russischen Konzernen ergatterte, steht immer noch zu seinem alten Kumpel.


Legendäre Staatsbesuche: „Wo Gott ist, da ist Zukunft“ – Papst Benedikt XVI in Berlin, 2011

Empfang Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI durch Bundespräsident Christian Wulff im Schloss Bellevue in Berlin, 22.September 2011. Foto: Imago/Seeliger
Empfang Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI durch Bundespräsident Christian Wulff im Schloss Bellevue in Berlin, 22. September 2011. Foto: Imago/Seeliger

Berlin gilt nicht als Stadt, in der Religion eine besonders wichtige Rolle spielt. Da sind in Deutschland München und Köln weiter vorn, und der Katholizismus hat im protestantischen Preußen ohnehin einen schweren Stand, so sind Papstbesuche an der Spree recht selten. Doch 2011 kam Papst Benedikt XVI nach Berlin. Er landete am 22. September in Tegel, traf den Bundespräsidenten Wulff und später Kanzlerin Merkel und im Olympiastadion fand am Abend eine riesige Messe unter freiem Himmel statt. Das Motto der Reise lautete: „Wo Gott ist, da ist Zukunft“.


In der Hitze des Tages: Barack Obama, 2013

Staatsbesuch in Berlin: Barack Obama mit Joachim Gauck am 19. Juni 2013.  Foto: Imago/Sammy Minkoff
Legendäre Staatsbesuche in Berlin: Barack Obama mit Bundespräsident Joachim Gauck am 19. Juni 2013. Foto: Imago/Sammy Minkoff

In glühender Hitze hielt Barack Obama im Juni 2013 eine Rede am Brandenburger Tor. Berlin bezeichnete er als „Stadt der Freiheit“, ließ die von seinen Reden mittlerweile gelangweilten Töchter entschuldigen und genoss den Jubel der Gäste.


Mehr Berlin verstehen

Der erste queere Film der DDR sollte auch ihr letzter sein: „Coming Out“ feierte seine Premiere ausgerechnet am 9. November 1989. Wir zeigen euch mehr Fotos, nämlich vom Kriegsende, und vergleichen Bilder von 1945 und 2020. Außerdem haben wir uns mit Beton und Brutalismus beschäftigt, da darf die Berliner Mauer nicht fehlen. Wanderungen auf den Spuren der Geschichte: Wir waren auf dem Mauerweg unterwegs. Zwei DDR-Flüchtlinge erinnern sich an den 13. August 1961 und den Mauerbau. Interesse am Blick zurück? Wir zeigen euch mehr aus der Berliner Geschichte.

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