Inmitten der grünen Idylle Brandenburgs findet sich ein Ort, an dem alte, kranke und ungewollte Hunde Zuflucht finden. In „Stevies Hundesenioren Hospiz“ bekommen die Fellnasen auf ihrem letzten Weg ein liebevolles Zuhause geboten, in dem sie von Tierschützerin Stephanie Badura Rund um die Uhr betreut werden. Ende Oktober durfte sich der seit 2019 bestehende Verein über den ersten Platz des „Deutschen Tierschutzpreises“ freuen – neben der Ehrung bekam „Stevies Hundesenioren Hospiz“ ein Preisgeld von 4000 Euro verliehen. Wir haben mit Stephanie Badura alias „Stevie“ über die emotionale Arbeit im Hundehospiz gesprochen.
Stevies Hundehospiz: Ein alter Bauernhof in Brandenburg
tipBerlin Frau Badura, seit wann genau kümmern sie sich um alte Hunde?
Stephanie Badura Vor neuneinhalb Jahren habe ich das Hundehospiz ins Leben gerufen. Vor zwei Jahren habe ich in Heideblick einen 110 Jahre alten Bauernhof gekauft. Das kleine Brandenburger Örtchen ist nicht weit vom Spreewald entfernt. Die ruhige Umgebung und das viele Grün eignen sich perfekt für Hundesenioren, die es ähnlich wie ältere Menschen auch gerne entspannt mögen. Hier konnten wir dann vernünftig starten. Natürlich stand zunächst viel Arbeit an, schließlich musste der gesamte Hof hundegerecht umgebaut werden. Aber es hat sich definitiv gelohnt, hier haben die Hunde viel Platz und können sich auch mal aus dem Weg gehen.
tipBerlin Sie sagten gerade „wir“, das heißt, Sie kümmern sich nicht alleine um die Hunde?
Stephanie Badura Nein, mein Mann Frank unterstützt mich seit dreieinhalb Jahren bei meiner Arbeit. Mit ihm zusammen habe ich auch den Hof in Eigenregie hundegerecht umgebaut. Frank ist auch Vollzeit tätig. Morgens hilft er mir noch bei der Fütterung, danach bin ich acht Stunden alleine mit den Vierbeinern.
Mit dem Hundehospiz startete ein neuer Lebensabschnitt: „Ich widme mich voll und ganz den Hunden“
tipBerlin Wie kam es dazu, dass sie ein Hundesenioren Hospiz gegründet haben?
Stephanie Badura Tatsächlich kann ich das an einem Schlüsselerlebnis festmachen. Vor einigen Jahren, als ich festangestellt in einem Job gearbeitet habe, hatte ich eine kleine alte Hündin. Zu der Zeit hatte ich wenig Kapazitäten mich um sie zu kümmern, der Job und die Karriere haben mich täglich lange eingefordert. Ich hatte aber einen Hundesitter, der sich um meine Hündin gekümmert hat, wenn ich nicht da war.
Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als mein Hundesitter mich anrief und mir mitteilte, dass es meiner Hündin nicht gut geht. Sie hatte sich erbrochen, und nach einem Tierarztbesuch wurde festgestellt, dass ihre Lunge voll mit Wasser ist. Wir hatten keine Chance mehr und mussten sie leider einschläfern. Ich konnte sie nicht auf ihrem letzten Lebensabschnitt begleiten, das habe ich mir lange vorgeworfen. Bei mir fand dadurch ein Umdenken statt, ich habe meinen Job hingeworfen und neu angefangen. Schließlich habe ich mein ganzes Leben umgestellt und den Hunden gewidmet.
tipBerlin Verbinden sie die alten Hunde, um die sie sich heute kümmern mit ihrer damaligen Hündin?
Stephanie Badura Zum Teil schon. Für mich ist es wie eine Wiedergutmachung an den Fehler von damals. Ich versuche, den kleinen Seelen nur das Beste zu geben. Letztendlich ist es auch wie eine Wiedergutmachung an mich selbst, dafür, dass ich es damals – entschuldigen Sie die Wortwahl – so verkackt habe. Die Zeit kann uns keiner mehr zurück geben, deshalb versuche ich sie jetzt vernünftig zu nutzen. Ich wollte meine Tage nicht mehr für die Karriere verschwenden, mir ist es viel wichtiger, meine Zeit für etwas sinnvolles einzusetzen.
Stevies Hundehospiz: „Die Arbeit mit den Hundesenioren kann auch sehr emotional werden“
tipBerlin Wie sieht so ein Tagesablauf im Hundehospiz aus?
Stephanie Badura Wir starten jeden Tag schon früh morgens. Los geht es mit der Fütterung der Hunde. Das braucht immer seine Zeit, da alle ein individuelles Frühstück bekommen. Manche haben Allergien und vertragen selbst das Spezialfutter nicht. Fast alle bekommen Medikamente ins Futter, das muss natürlich auch individuell abgestimmt werden. Das ist auch einer der Gründe, weshalb wir nicht mehr als 15 oder 16 Hunde aufnehmen wollen. Schließlich soll jeder einzelne Vierbeiner die Aufmerksamkeit bekommen, die er auch benötigt. Nach der Fütterung gehen wir gemeinsam eine Runde spazieren, wenn wir wieder im Hof sind geht für mich das große Putzen los. Näpfe, Decken und das Hofinnere müssen sauber gehalten werden. Dann startet meist schon die zweite Medikamentenrunde, viele Hunde kommen in einem sehr schlechten Zustand zu uns. Um alles Medizinische kümmere ich mich dann.
tipBerlin Das klingt nach einem straffen Terminkalender, was steckt für Sie hinter der Arbeit mit alten, kranken Hunden?
Stephanie Badura In erster Linie macht es mich unheimlich glücklich, dass alte, kranke und ungewollte Hunde bei uns einen Zufluchtsort finden. Meistens kommen sie aus Haushalten mit überforderten Besitzern. Manche können sich die Medikamente und Tierarztkosten nicht leisten und geben den Hund dann lieber ab, in letzter Zeit kommen vermehrt auch jüngere Hunde zu uns. Meistens sind das Qualzuchten wie Möpse oder französische Bulldoggen. Die sind dann so krank, dass es die Besitzer nicht mehr händeln können.
Vor kurzem haben wir einen Mops ohne Augen bekommen. Da frage ich mich, wo ist das Tierschutzgesetz? Warum werden Qualzuchten nicht endlich verboten? Ab und zu kommt es auch vor, dass das Herrchen selbst verstorben ist und der Hund dann nirgendwo unterkommen kann. Bei uns können sie sich nochmal gut erholen und einen schönen Ruhestand genießen. Das ist mir das Wichtigste, dass die Hunde nach ihrer Zeit glücklich und zufrieden in den Himmel gehen können. Ich begleite sie auf diesen letzten Abschnitt, und das gibt mir viel Kraft und macht mich glücklich.
tipBerlin Sie sagen, es gibt Ihnen Kraft, die Hunde auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Trifft es Sie, wenn ein Vierbeiner von der Welt geht?
Stephanie Badura Natürlich! Gerade die letzten Monate waren extrem hart für mich. Meine langjährige Begleiterin ist dieses Jahr verstorben – sieben Jahre hat sie bei mir gelebt. Gegen den Krebs konnte man nichts mehr machen, es war dann schnell vorbei. Ihre beste Freundin ist kurz danach auch gegangen. Das tut einfach weh. Natürlich liebe ich alle Hunde, aber es gibt trotzdem immer wieder welche, die einen ganz besonders am Herz liegen. Dieses Jahr sind leider alle verstorben, die mir besonders ans Herz gewachsen sind. Dieses Jahr war bis auf den Tierschutzpreis ein sehr trauriges. Mit einem selbst macht das eine ganze Menge, die Verluste müssen wir erstmal verdauen. Dennoch muss es weiter gehen, die Trauer darf nicht den Alltag bestimmen. Die Hunde haben bei uns all das bekommen, was sie sich gewünscht haben, und das macht mich letztendlich glücklich.
Stevies Hundehospiz hat den Deutschen Tierschutzpreis gewonnen: „Damit haben wir nicht gerechnet“
tipBerlin Sie haben es eben schon erwähnt, am 19. Oktober haben sie in Berlin den Deutschen Tierschutzpreis gewonnen, erstmal herzlichen Glückwünsch dafür!
Stephanie Badura Vielen Dank!
tipBerlin Der Deutsche Tierschutzbund musste sich unter mehr als 500 Einsendungen von engagierten Tierschützer:innen entscheiden, Sie haben mit ihrem Hundehospiz den ersten Platz gemacht. Haben Sie damit gerechnet?
Stephanie Badura Überhaupt nicht, wir haben nicht mal damit gerechnet, dass wir überhaupt daran teilnehmen dürfen. Eine Bekannte hatte uns nominiert. Als wir ihn dann in Berlin gewonnen haben, war die Freude riesig! Über das Preisgeld in Höhe von 4000 Euro haben wir uns natürlich auch sehr gefreut, schließlich finanziert sich das Hundehospiz ausschließlich durch Spenden. Da ist jeder Euro eine willkommene Unterstützung. Außerdem sparen wir gerade für ein Unterwasser-Laufband für Hunde, da kam das Geld sehr gelegen. Das alles war eine Streicheleinheit für die Seele.
- Stevies Hundesenioren Hospiz ist vor allem auf Spenden angewiesen. Die Tierarztbesuche, das Futter sowie die vielen Medikamente sind für die Hundesenioren Lebensnotwendig. Auf der Website findet ihr alle Infos rund um Spenden (per Paypal oder Überweisung) und Partnerschaften.
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