Barkultur

Bars mit Kneipen-Flair: Wie zwei Berliner den Durst der Stadt stillen

Was haben das Lamm, das Stück, der Bademeister und ein Krass Böser Wolf gemeinsam? Hinter all diesen Tresen stehen Dustin Franke und Johann Lautenschläger. Wobei ihr erster Laden, der Krass Böse Wolf an der Elsenbrücke in Friedrichshain, tatsächlich das Ergebnis einer durchzechten Nacht war. Die Erkenntnis: einfach mal selber machen. Für ihren Mut und ihre Konzepte, gerade in der Pandemie neue Läden zu eröffnen, wurden die jungen Barbetreiber anlässlich des Bar Convent Berlin gerade mit einem Mixology-Award ausgezeichnet. Wir haben uns auf einen Espresso Martini getroffen.

Haben den Lockdown auf Baustellen verbracht: Dustin Franke (l.) und Johann Lautenschläger. Foto: Clemens Niedenthal

Kiezkneipe? Bar? Kiez-Bar! Ein Gespräch über den Durst der Stadt

Dustin Franke und Johann Lautenschläger begeistern mit einem Paradox: Sie schaffen von Weißensee bis Neukölln Bars, die sich immer auch wie eine Kiezkneipe anfühlen.

tipBerlin Dustin Franke, Johann Lautenschläger, was ist nun der Unterschied zwischen einer Kneipe und einer Bar?

Johann Lautenschläger Eine Kneipe gibt es in jedem Dorf, sie ist der Treffpunkt für die Leute, ein Ort für Bier und für Gespräche. Eine Bar kann auch etwas Kulinarisches sein, etwas Jüngeres, Hipperes. Ein Ort für Erfahrungen, nicht für Erwartungen.

Dustin Franke Wobei ins Lamm in der der Wysbier Straße schon auch viele Leute kommen und sagen, hey, endlich mal eine richtig schöne Kneipe hier.

tipBerlin Deswegen habe ich die Frage auch gestellt: weil sich eure Bars immer auch wie eine familiäre Kiezkneipe anfühlen.

Dustin Franke Das Krass Böser Wolf an der Elsenbrücke haben wir anfangs ja auch selbst Cocktailkneipe genannt.

tipBerlin Nun hat euer Konzept der kiezigen Cocktailkneipe sogar einen Preis gewonnen: den Mixology-Award beim in der Szene etablierten Bar Convent Berlin

Johann Lautenschläger Und echt, sowas ist krassgut fürs Ego, aber wir hatten ehrlicherweise nicht einmal mitbekommen, dass es beim Mixology-Award diese spezielle Corona-Kategorie gab.

Dustin Franke Wir kommen eben nicht aus dieser spezifischen, gut vernetzten Barszene. Wir nehmen jetzt auch nicht jeden Monat an irgendeinem Mix-Wettbewerb teil.

„Wir erleben eine extreme Dankbarkeit – die Leute freuen sich so sehr, dass endlich etwas passiert“

tipBerlin Weshalb ihr einen neuen Laden eben nicht an der Torstraße  oder am Savignyplatz eröffnet – sondern „draußen“ in Weißensee?

Johann Lautenschläger Ehrlich gesagt ist es auch viel einfacher etwas zu machen, wo noch niemand ist.

Dustin Franke Wir erleben dort im Bademeister gerade eine extreme Dankbarkeit. Die Leute freuen sich so sehr, dass endlich etwas passiert.

Johann Lautenschläger Und mir fallen da noch jede Menge Ecken ein, die für die Berliner Nacht gänzlich unerschlossen sind und in denen ich sofort eine Bar eröffnen würde: der Weitlingkiez in Lichtenberg, Tempelhof, sogar außerhalb des Rings, oder in Charlottenburg der Mierendorffplatz oder der Danckelmannkiez.

tipBerlin Am Mierendorffplatz?

Johann Lautenschläger Okay, vielleicht nicht am Mierendorffplatz.

tipBerlin Gegenfrage: Wieso zog es euch mit dem Butter & Korn dann auf die Panierstraße, die ja eine ausgewiesene Ausgehmeile ist.

Dustin Franke Beim Butter & Korn hat mich ja genau das angemacht, auch mal einen Laden zu machen, der sich in so einer Lage behaupten muss. Es ist schon auch sexy, da mitten in der Brandung zu stehen. Das sind ja auch die Momente, die ich an meinem Beruf am meisten liebe: im Krass Böser Wolf hinter dem Tresen einmal durchzuatmen und zu realisieren, hier haben gerade 150 Leute eine gute Zeit, weil wir diesen Ort geschaffen haben.

Eine ganz schön schöne Kneipe, diese Bar: das Lamm in der Wysbier Straße. Foto: Marie Springer

tipBerlin Wie recherchiert man neue Orte? Wie bekommt man ein Gefühl für die Stadt?

Johann Lautenschläger Das sind fließende Prozesse. Man merkt, dass immer mehr Leute von Weißensee reden, dass sie vielleicht sogar dorthin gezogen sind. Man lernt jemanden kennen, der dort an der Kunsthochschule ist. Dann fährt man mal raus und denkt, das ist ja der Kollwitzkiez, nur vier Kilometer weiter draußen.

Dustin Franke Es gehört schon auch eine gewisse Vorstellungskraft dazu. Und Einfühlungsvermögen.

Johann Lautenschläger Eine Bar oder ein Club muss cool sein. Und cool ist es auf jedem Fall nicht, wenn es ein Franchise ist. Berlin hat da ziemlich gute Sensoren für.

Dustin Franke Das Stück zum Beispiel war vorher das Barbie Deinhoff und echt eine Instititution im Kiez. Die Leute fragen sehr, sehr kritisch nach, was macht ihr denn jetzt hier. Da kannst du nicht einfach ein Konzept nehmen und sagen, das wird jetzt hier reingeknallt.

Franke und Lautenschläger: Drei neue Bars in Pandemie eröffnet

tipBerlin Wobei die Pandemie nicht gerade der perfekte Zeitpunkt war, um gleich drei neue Läden zu eröffnen.

Johann Lautenschläger Im Gegenteil, wir hatten ja Zeit. Den Bademeister habe ich mit unserem dortigen Barchef während des Lockdowns selbst gebaut.

tipBerlin Was bleibt von der Pandemie? Wie hat sich die Berliner Nacht verändert?

Dustin Franke Dass wir hier im Stück vor allem Drinks aus dem Hahn anbieten, ist definitiv eine Covid-Entwicklung. Uns blieb ja nur das Take-away-Geschäft, also haben wir viel Energie in Bottled-Drinks gesteckt.

Johann Lautenschläger Das klingt vielleicht so einfach, schließlich ist ja in jeder Limoflasche Kohlensäure drin. Aber bis wir ein Ergebnis hatten, dass einem Drink an der Bar ebenbürtig war, sind viele Nächte vergangen.

Dustin Franke Was ich schon beobachtet habe: Unser Publikum ist jünger geworden, und gerade im Lamm am ja eher ruhigen Ende des Prenzlauer Bergs auch diverser. Dazu ist die Neugier und Experimentierfreude der Gäste definitiv gestiegen. Und wir haben plötzlich extrem viele Reservierungen. Die Leute scheinen sich bewusster die Zeit zu nehmen.

Gerührt, geschüttelt oder gezapft: Eine Auswahl an Drinks aus der Lamm Kiez-Bar von Dustin Franke und Johann Lautenschläger. Fotos: Marie Springer

tipBerlin Gibt es einen Drink der Stunde?

Dustin Franke Espresso Martini, definitiv!

tipBerlin Habt Ihr eine Erklärung dafür?

Johann Lautenschläger Weil er knallt und gleichzeitig wach macht. Das ist quasi ein Wodka-Energy, nur auf kultivierterem, kulinarischerem Niveau.

tipBerlin Kommt der auch aus dem Hahn?

Johann Lautenschläger Gute Frage. Jeder Drink mit Kaffee lebt unheimlich von seiner Textur, dem Schaumigen. Deshalb muss ein Espresso Martini geschüttelt werden, sonst bleibt er einfach nur flach.


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Einen heben kann man ganz traditionell auch in diesen 12 Alt-Berliner Kneipen: Hier pichelt Berlin seit mehr als 100 Jahren. Wer die Drinks lieber Zuhause auf dem Sofa genießt, findet in diesen Weinläden in Berlin: Empfehlungen für den erlesenen Geschmack. Fine Drinking funktioniert auch ganz Ohne Alkohol. Die Berlinerin Nicole Klauß hat einen nullprozentigen Cocktailabend für Zuhause konzopiert.

Noch mehr News und Empfehlungen aus der Berliner Gastro-Welt gibt es in der Rubrik Essen & Trinken. Hungrig, in Berlin? Mit der Berlin Food App von tipBerlin findet ihr immer das passende Restaurant.

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