Genuss

Weinhandlung Wine Damager von Tony D: Vom Gangsterrapper zum Sommelier

Tony D war Teil von Aggro Berlin – und eigentlich als Graffitilegende und Rapper bekannt. Nun betreibt er den Weinladen Wine Damager in der in kulinarischen Dingen neuerdings so bewanderten Brunnenstraße. Der Laden ist undogmatisch herzlich, das Sortiment sehr persönlich.

Vom Bordstein bis zur Brunnenstraße – oder so ähnlich: Tony D vor seinem Weinladen Wine Damager. Foto: F. Anthea Schaap

Wine Damager: Die Liebe und der Wein

Ein kleines Fenster auf der Brunnenstraße, mit großer Aufschrift in Orange: Wine Damager. Das klingt nach leeren Flaschen, nach Exzess, nach Hedonismus. Und passt irgendwie, denn sein Gründer, Tony D aka Tony Damager aka Mohamed Ayad, ist vielen Berliner:innen – und auch darüber hinaus – eigentlich als Graffitilegende und Rapper bekannt. Als Teil von Aggro Berlin veröffentlichte der libanesisch-deutsche Kreuzberger 2007 Songs wie „Totalschaden“ und „Hundert Metaz“, sein erstes, legendäres Album landete auf dem Index, ein Ritterschlag für einen Gangsterrapper. Doch statt Kaviar und Exzess folgten damals dann eher selbstbestimmt ein leises Karriereende und eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann. Es kann – und vor allem will! – eben auch nicht jeder ein Sido oder Fler werden. 

Es folgten einige Stopps in der Gastronomie, aber zum Wein war es da noch weit. „Ich habe mich da auch nicht so herangetraut“, erzählt er heute. Bis die Liebe in sein Leben trat, erst in Form seiner heutigen Lebensgefährtin und dann, durch sie, auch zum Wein: „Wenn man frisch verliebt ist, ist man ja offener“, erinnert er sich und grinst. Bei einem Picknick trafen ihn also nicht nur Amors Pfeil – sondern auch jener von Dionysos. Und die Liebe wuchs. Stück für Stück erarbeitete er sich ein eigenes Weinvokabular, wechselte aus der Gastronomie auch in den Weinhandel. 2019 macht Gangsterrapper Tony D eine Ausbildung zum Sommelier in Koblenz. Natürlich mit Auszeichnung bestanden.

„Es war mein Traum, irgendwann einen eigenen Weinladen zu eröffnen“, erklärt er, aber dass es so schnell gehen würde, war doch nicht geplant. Im Sommer 2021 startete das Projekt Wine Damager als Pop-up-Shop. Und dann ging alles ganz rasch: Der Laden in der Brunnenstraße ergab sich, Ende August wurde Eröffnung gefeiert. 

Andere Rapper vermarkten einen Eistee, Tony D verkauft lieber Rieslinge aus der Pfalz: Foto: F. Anthea Schaap

Wine Damager ist im Kiez schon etabliert

Ein Nachbar schlendert am Laden vorbei, macht einen Witz über die Paletten voller neuer Weinlieferungen. Tony schäkert zurück. „Es ist ein richtiger Kiez hier, denkt man gar nicht“, sagt er, wieder zurück im Laden, „unter den Gewerbetreibenden hier gibt’s richtig Zusammenhalt.“ Man unterstützt und besucht sich gegenseitig, er geht gegenüber Kaffee trinken, andere kommen bei ihm auf einen Wein vorbei. Nicht die einzigen Stammkunden: mit seinen Pop-ups hat er sich schon eine kleine Fangemeinde erspielt. Von den alten Fans stehen auch manchmal welche im Laden: „Aber das ist meistens ganz nett, klar mache ich mit ihnen auch ein Foto. Und viele kaufen dann auch eine Flasche – wenn nicht für sich selbst, dann für die Mutter oder als Geschenk.“

So persönlich, wie Tony D den Laden führt, so persönlich ist auch die Weinauswahl: er spiegelt seinen eigenen Geschmack – und auch, wie der sich weiterentwickelt. „Mittlerweile gibt’s kaum noch einen Wein, der nicht biodynamisch, bio oder naturnah ist“, sagt er, „und bei denen, die noch übrig sind, frage ich mich auch, passen die noch?“

Zu Besuch im Chateau Totalschaden

Gedecktes Orange, abgezogene Wände: Bei Wine Damager gibt man wenig auf Dogmen, aber viel auf persönlichen Geschmack. Tony D ist einfach keiner, der mit Sendungsbewusstsein die Fahne für diese oder jene Art Wein zu machen schwenkt. Nein, der gemütliche Laden, mit nur wenigen Erinnerungen an das Vorleben seines Betreibers, bietet ein Angebot sowohl für Fans konventioneller, als auch biodynamisch, spontanvergoren oder mindestens naturnah ausgebauter Weine, viele aus Frankreich und Deutschland, aber auch aus Italien und künftig sogar aus dem Libanon, dem Land, aus dem seine Familie ursprünglich stammt. Besonders am Herzen liegt dem Sommelier aber die Pfalz – schon allein, weil seine Freundin, aus der Gegend kommt. Und auch sein Lieblingswinzer Jonas Seckinger, dessen 2021er-Jahrgang während unseres Besuchs gerade frisch angeliefert worden ist.

Überhaupt, persönliche Beziehungen und persönlicher Geschmack stehen im Fokus beim Wine Damager. Gut vernetzt in der Berliner Restaurantszene ist er bereits – Yannic Stockhausen aus dem seit jeher weinkompetenten Cordo zählt er etwa zu seinen engen Freund:innen. Darüber hinaus, und das ist Tony D wichtig, soll der Laden alle Welten und Geschmäcker zusammenbringen. Künftig sind thematische Tastings geplant, aber auch Streetart-Ausstellungen. Und Hiphop? Läuft im Laden eh die ganze Zeit.

Undogmatisch herzlich: Unter den jungen Weinläden Berlins ist Wine Damager vielleicht keiner der revolutionärsten – aber zumindest einer der herzlichsten. Und eindeutig der mit dem besten Musikgeschmack.

  • Wine Damager Brunnenstraße 6–7, Mitte, Di–Fr 13–20, Sa 11–19, online und auf Instagram

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