Kunst

Diese Ausstellungen in Berlin könnt ihr zwischen den Jahren sehen

Ihr wollt zwischen den Jahren Ausstellungen in Berlin sehen? Kein Problem: Wir wissen, was in der Zeit geöffnet ist. Was es für die ganze Familie gibt, wohin Ihr den Besuch führen könnt, was sich in der Kunstwelt weiter lohnt und wohin ihr noch unbedingt müsst, bevor es zu spät ist, lest ihr in unserem Überblick. Unsere Tipps für Kunst zwischen den Jahren.


„Access Kafka” im Jüdischen Museum

Maria Lassnig, Zwei Arten zu sein (Doppelselbstporträt), 2000. Foto: © Maria Lassnig Foundation

Am Ende des Gedenkjahres zum 100. Todestag von Franz Kafka 2024 hat das Jüdische Museum groß aufgeschlagen: mit „Access Kafka”, „Zugang zu Kafka“. Und tatsächlich schließt die große Sonderschau das Werk des Schriftstellers auf, das nicht leicht zu lesen ist. Denn die “kafkaesken” Inhalte sind ja manchmal schwer auszuhalten: aussichtlose Kämpfe eines Einzelnen gegen die Willkür von Ämtern, Gefängniswärtern und Folterern. Mit Kunst etwa von Hito Steyerl, Maria Lassnig (Abb.) und Trevor Paglen, mit Textausschnitten, mit Tafeln zu historischen Zusammenhängen sowie Manuskripten und Zeichnungen aus Kafkas Hand macht die große Schau Werk und Wirken des Autors anschaulich, in thematischen Kapiteln etwa zu „Körper“ und „Gesetz“. Zu den künstlerischen Höhepunkten zählen Fatos Irwens filigrane Papierarbeiten, die die kurdische Künstlerin zwischen 2019 und 2022 in politischer Haft schuf, und Yael Bartanas „Mir Zaynen Do!“. In dem neuen Video der Künstlerin treffen in den Ruinen eines Theaters von Sao Paolo ein jüdisch-brasilianischer Chor und ein afro-brasilianisches Musikensemble aufeinander – sound- und bildgewaltig, wie bei Bartana üblich.

  • Jüdisches Museum Lindenstr. 9-14, Kreuzberg, Mo-So 10-18 Uhr, 24.12. geschl., 10/4 €, bis 18 J. frei, bis 4.5.

„Salz. Ton. Granit” in der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst

Csilla Nagy & Rita Süveges, Overcoming Time, 2024. Foto: © Gergely Ofner

Wohin mit dem hochradioaktiven Müll, der noch in Jahrtausenden strahlen wird? Wie geht es den Menschen, die ihre Dörfer für den Uranabbau räumen mussten? Und wie hat der Widerstand gegen AKWs und Endlager Gesellschaften verändert? Große Fragen, auf die elf Künstler:innen aus Ungarn und Deutschland in einer großzügigen Ausstellung mit teils großartigen Arbeiten ernstzunehmende Antworten geben. Denn der Ausstellung “Salz. Ton. Granit” in der nGbK gingen zwei Jahre Recherchen, Workshops und Veranstaltungen voraus, gefördert von der Bundeskulturstiftung und ihrem „Zero”-Programm für klimaneutrale Kulturprojekte. Nun bilden museal arrangierte Alltagsobjekte aus Uranbergbau und Protestbewegungen den Hintergrund für punktgenau platzierte Filme, Gemälde, Installationen und Skulpturen. So hat Ana Alenso zwei womöglich noch immer leicht strahlende Bohrhämmer von der Wismuth AG aufgestellt, und zwar so, dass ihre aggressive Schönheit die Faszination ahnen lässt, die der Abbau der gefährlichen Pechblende auf Bergleute und Ingenieur:innen ausgeübt haben muss. Marike Schreibers filigraner, multimedialer Wasserspender führt gedanklich zum Brandenburger Stechlinsee am stillgelegten Kraftwerk Rheinsberg und zur kirchlichen Umweltbewegung in der DDR. Und Csilla Nagy hat mit Rita Süveges und den Bewohner:innen eines Dorfes in Ungarn, neben dem womöglich ein Endlager entsteht, Keramik gebrannt (Abb.). Ihr Grubenbrand sollte schwer vorstellbare Größen wie radioaktive Hitze und die „Tiefenzeit” genannten geologischen Prozesse im Erdinnern anschaulich machen. Alles in allem: „Salz. Ton.Granit” ist informativ, ästhetisch gelungen und ein fundierter Beitrag zu Debatten um die Reaktivierung von Kernkraft in der Klimakrise.

  • nGbK Karl-Liebknecht-Str 11-13 (1. Stock via Rolltreppe oder Aufzug), Mitte, Di-So 12-18 Uhr, Fr 12-20 Uhr, 24. + 31.12. geschlossen, nächstes Gespräch mit Führung: 23.1., 18 Uhr, bis 9.2.

„Berlin Program for Artists 2024” im KW Institute for Contemporary Art

Arash Nassiri, Untitled, 2024. Foto: der Künstler

Es gibt in Berlin ein zweijähriges Mentoring-Programm für Berliner Künstler:innen, gegründet 2016 von Berliner Künstler:innen: das „Berlin Program for Artists. Die Arbeiten der aktuellen Mentees hat Kuratorin Linda Franken in den Kunst-Werken (KW) zusammengeführt, was angesichts der unterschiedlichen Themen, Materialien und Formate sicher nicht einfach war. So zeigt Hamlet Lavastida, der Haft auf Kuba nach Berlin entkommen, Papierschnitte, in denen er die Bildsprache kommunistischer Propaganda analysiert. Gösku Kunaks Installation thematisiert einen Autounfall 1996 in der Türkei, der Verbindungen zwischen Politikern und organisiertem Verbrechen auffliegen ließ. Arash Nassiri beleuchtet buchstäblich (Abb.), wie globalisierte Produktions- und Vertriebsketten das Weltbild bereits von Kindern beeinflussen. Adriane Ramic will Thesen Wittgensteins veranschaulichen, führt jedoch in Wunder der Insektenwelt ein, die mit dem Artensterben verloren gehen können. Doch wie auch immer: Unter Linda Frankens Regie verdeutlichen die Beiträge, dass die ungelösten Aufgaben des 20. Jahrhunderts uns auch im 21. umtreiben werden.

Kunst-Werke (KW) Auguststr. 69, Mitte- Mi-Mo 11-19 Uhr, Do 11-21 Uhr, 24.-26.12., 31.12.2024 + 1.1.2025 geschlossen, diese Ausstellung Eintritt frei, bis 5.1.


Jelena Jeremejewa: „Frohes Neues Jahr С Новым Годом З Новим Роком Happy New Year“ im Museum Karlshorst

Frohes Neues Jahr С Новым Годом З Новим Роком Happy New Year, Ausstellungsansicht, Museum Berlin-Karlshorst, 2024, Foto: Silke Briel

Jedes Jahr am Silvesterabend gehört die Neujahrsansprache des oder der Kanzler:in zum festen Ritual – ein symbolischer Moment, der weit über Deutschland hinaus Tradition hat. Die Ausstellung Frohes Neues Jahr С Новым Годом З Новим Роком Happy New Year von Jelena Jeremejewa greift dieses politische Ritual auf und verwandelt es in eine eindringliche 18-Kanal-Installation. Dabei verschmelzen Reden von Staats- und Regierungschefs aus Deutschland und dem post-sowjetischen Raum von 1982 bis heute zu einem Klangteppich, der die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Gemeinschaft und Spaltung auslotet. Jeremejewa hinterfragt die Kraft politischer Rituale in einer zersplitterten Welt und lädt ein, die Bedeutung und Wirksamkeit politischer Rhethorik und ihr Potential für Gemeinschaftsstiftung – und auflösung zu hinterfragen.

Museum Karlshorst Zwieseler Str. 4, Kralshorst, Di–So 10–18 Uhr, 24.12.+31.12. geschl.,Eintritt frei, bis 5.1. 


„An den Rändern taumelt das Glück. Die späte DDR in der Fotografie“ in der Station urbaner Kulturen / NGBK Hellersdorf

Foto: Nihad Nino Pušija
An den Rändern taumelt das Glück, Teil 2, Ausstellungsansicht, 2024, neue Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK). Foto: Nihad Nino Pušija

Fünf Fußminuten hinter dem U-Bahnhof Cottbusser Platz beginnt eine Zeitreise: Die Station urbaner Kulturen der NGBK zeigt den zweiten Teil einer Ausstellung mit Fotografie unter anderem von Matthias Leupold, Wolfgang Gregor und Ute Mahler aus den letzten Jahren der DDR. Die Schau kommt aus der Galerie des ACC Kunstvereins in Weimar und wurde hervorragend in die Hellersdorfer Station der Kunstvereins NGBK eingepasst. In den zwei Räumen hängen, stehen, liegen und laufen Aufnahmen meist als analoger Abzug, teils als projizierte Dias, vor allem in Schwarz-weiß, manchmal farbig, mal konventionell an der Wand gereiht, mal unkonventionell über Eck geordnet. Sie zeigen Momente der Arbeit in Fabriken und auf Äckern, speziell Pausen und kollegiale Begegnungen. Kontrapunkte setzen Porträts rebellischer Punks, Stadtansichten und eine zeitgenössische Installation von Anke Heelemann und ihrer „Fotothek für vergessene Privatfotografien“. Letztere thematisiert die Möglichkeit, dass sich das Vergangene nur unscharf sehen lässt, egal, wie scharf die Fotos sind.

  • Station urbaner Kulturen/ NGBK Hellersdorf Auerbacher Ring 41, Hellersdorf (U5 Cottbusser Platz), zwischen den Jahren wie üblich geöffnet: Do+Sa 14–19 Uhr, www.ngbk.de, bis 15.2.

Rineke Dijkstra in der Berlinischen Galerie

Rineke Dijkstra, Kolobrzeg, Poland, July 25, 1992, © courtesy of the artist, Galerie Max Hetzler, Marian Goodman Gallery and Galerie Jan Mot

Was für ein Wiedersehen: Rineke Dijkstra, 1998 Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms beim DAAD, zeigt im Museum Berlinische Galerie eine Auswahl ihrer Porträtserien. Prominent platziert hat Kurator Thomas Köhler die Porträts  Jugendlicher, die die niederländische Fotografin während ihres Berlin-Aufenthaltes im Tiergarten aufnahm. Weiter hinten in der großzügig gehängten Schau geht es schmerzhafter zu: Dijkstra porträtierte auch junge Mütter direkt nach der Geburt mit dem Neugeborenen und portugiesische Stierkämpfernach dem Verlassen der Arena.   Rineke Dijkstra interessiert sich für Menschen in Übergangssituationen. Sie wählt aber auch andere Themen wie in dem Video mit den britischen Schulkindern, die in einem Museum ein Gemälde von Picasso (das nicht zu sehen ist) beschreiben und deuten. Und so ihre Alltagserfahrungen preisgeben. Sehr berührend.

  • Berlinische Galerie Alte Jakobstr. 124-128, Kreuzberg, Mi-Mo 10-18, 24.+31.12. geschlossen, 10/6 €, bis 18 J., Geflüchtete  frei, bis 10.2.2025

Nan Goldin: „This Will Not End Well“ in der Neuen Nationalgalerie

Nan Goldin, Fashion show at Second Tip, Toon, C, So and Yogo, Bangkok (Modenschau im Second Tip, Toon, C, So and Yogo, Bangkok), 1992, Photographie, aus der Serie “The Other Side” © Nan Goldin. Courtesy the artist

Von den Rändern der Gesellschaft mitten hinein in ihre Kulturtempel: Nan Goldin (71) wird gefeiert als Fotografin, als Künstlerin, als streitbare Aktivistin. Dabei hat die US-Amerikanerin für ihre Kunst da hingeschaut, wo der Großteil der Gesellschaft, und noch mehr das Establishment, lange nur schiefe oder gar angewiderte Blicke übrig hatte. Queere Menschen, Transvestiten, Drag-Queens, Drogen-Party-People. Und Goldin hat da nicht nur hingeschaut, sondern sie hat da gelebt und alles, ja, wirklich alles, mit ihrer Kamera festgehalten. Ihr Lebenswerk tourt mit einer spektakulären Ausstellung durch Europa und macht Halt in Berlin in der Neuen Nationalgalerie. Endlich hat man die Möglichkeiten, ihre verschiedenen Werkreihen so zu erleben, wie Goldin das selber konzipiert und gezeigt hatte: als Diashows, unterlegt mit einem eklektischen Soundtrack. Alles sehr nah, alles sehr subjektiv, alles sehr emotional – und darin liegt auch die Kraft ihrer Arbeit.

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–So 10–18 Uhr, 24.12. +31.12.2024 geschlossen, 25./26.12. 10-17 Uhr, 1.1.2025 12-18 Uhr,  12/ 6 €, bis 18 J. + TLE frei, bis 6.4.25

„Wertewirtschaft“ von Andrea Pichl im Hamburger Bahnhof

„Andrea Pichl. Wertewirtschaft“, Ausstellungsansicht Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, 8.11. – 4.5.2024 © Andrea Pichl / VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin / Jacopo La Forgia
„Andrea Pichl. Wertewirtschaft“ im Hamburger Bahnhof. Foto: @Jacopo La Forgia

Kosten und Wertschöpfung der deutschen Vereinigung sind das Thema der Solo-Ausstellung, die die Berliner Künstlerin Andrea Pichl im Hamburger Bahnhof zeigt und die sich für einen Kunst-Ausflug zwischen den Jahren anbietet. Die Schau ist etwas Besonderes, nicht nur, weil Pichl die erste in der DDR geborene Künstlerin ist, die in diesem Haus der Nationalgalerie eine Einzelpräsentarion hat. Sondern auch, weil sie mit ihrer Kritik an Architektur und Gestaltung in der DDR die Funktionsweise einer Diktatur offenlegt. Das macht sie unter anderem, indem sie die nebenan ausliegenden Arbeiten von Joseph Beuys und deren didaktisch-individuelle Selbstgewissheit konterkariert: mit genormten Ornamenten und Bauformen aus der sozialistischen Produktion. Das weckt Aufmerksamkeit für all jene Details aus Wirtschaft und Gesellschaft, die Pichl recherchiert, gezeichnet und fotografiert hat. Und hier in beklemmenden Pavillons präsentiert.

  • Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart  Invalidenstr. 50/51, Mitte, Di, Mi, Fr 10–10, Do bis 20 Uhr, Sa+So 11–18 Uhr, 24.12. +31.12.2024 geschlossen, 25./26.12. 10-17 Uhr, 1.1.2025 12-18 Uhr, bis 18 J., TLE + frei, smb.museum, bis 4.5.

„Die Mauer: vorher, nachher, Ost und West“ bei der Stiftung Brandenburger Tor

Ellen Fuhr: ohne Titel © Nachlass Ellen Fuhr, Foto: Peter Adamik
Ellen Fuhr: Ohne Titel, 1989, Mischtechnik auf Papier, Kunstsammlung der Berliner
Volksbank K1533, © Nachlass Ellen Fuhr, Foto: Peter Adamik

Darstellungen der deutsch-deutschen Grenze aus der Sammlung der Berliner Volksbank, Gemälde, Zeichnungen und Drucke von Annemirl Bauer, Rainer Fetting, Ellen Fuhr (Abb.) und vielen anderen. Die Arbeiten aus Ost und West unterschieden sich in Vielem, vor allem aber in einem: Im Osten war die Darstellung der tödlichen Grenze verboten. Mutige Künstler:innen taten es dennoch. Daher zeigt die Ausstellung Arbeiten, die vor 1989 entstanden, getrennt nach Ost und West. Doch auch im Nebeneinander der Arbeiten nach Mauerfall lassen sich Differenzen erkennen. Mit der Freiheit kam im Osten auch Unsicherheit, wie Wolfgang Mattheuers bereits 1988 entstandenes Tuschbild „Ausbruch“ vorwegnimmt. Da drängt eine Menge zu einer Öffnung, ohne sich hindurch zu wagen. In der ersten Reihe ist ein Mann gestürzt, dem niemand  aufhilft.  Informationen zur Mauer und Aufnahmen des Fotografen Michael Wesely von der Grenze in einem Seitenkabinett runden diese vorzügliche Schau ab.

  • Max Liebermann Haus Stiftung Brandenburger Tor Pariser Platz 7, Mitte, Do–So 11–18  Uhr, 6/4 €, bis 18 J. frei, stiftungbrandenburgertor.de, 8.11.24–2.3.25

„Zeitungsleser:innen“ von Eddy Posthuma de Boer und „Nachrichten“ im Museum für Kommunikation

© Eddy Posthuma de Boer
„Budapest Ungarn 1988“ © Eddy Posthuma de Boer

Griechen im Café, Japanerinnen an der Ladenkasse: Der international tätige niederländische Pressefotograf Eddy Posthuma de Boer (1931–2021) reiste viel. Und überall nahm er Zeitungslesende auf: konzentriert oder entspannt, ernst oder amüsiert – und ganz vertieft in die Nachrichten einer Zeit, in der sich mit dem Trägermedium der Meldungen noch nasse Schuhe ausstopfen ließen. Berührend. Die kleine Fotoschau, leider sehr nebensächlich an Haus- und Stellwände im zweiten Obergeschoss gehängt, bildet die Fußnote zu einer größeren Schau: einer interaktiven Präsentation zu Fake News und geprüften Nachrichten. Hier können Besucher:innen unter anderem ihre Medienkompetenz prüfen. Super gemacht.

  • Museum für Kommunikation Leipziger Str. 16, Di 9–20, Mi–Fr 9–17, Sa + So 10–18 Uhr, 24., 25. +31.12 2024, 1.1.2025 geschlossen, 8/4 €, bis 18 Jahre frei, mfk-berlin.de, bis 12.1.2025

„Was ist Aufklärung?“ im Deutschen Historischen Museum

Foto: David von Becker
Blick in die Ausstellung „Was ist Aufklärung? Fragen an das 18. Jahrhundert“ © Deutsches Historisches Museum, Foto: David von Becker

Menschenrechte und  Sklavenhandel, Rationalität und üppiger Barock: Die Großausstellung „Was ist Aufklärung?“ veranschaulicht auf zwei Etagen des Deutschen Historischen Museums Widersprüche einer Epoche. Bücher, Dokumente, Modelle, Spiele, Filme und immer wieder Kunst kommen zum Einsatz. Hier kontrastieren Gemälde halb vergessener Künstlerinnen mit einem Ölbild, auf dem ein Mann seiner Frau den Zugang zu Texten verwehrt, hier entlarvt eine Seekarte mit den Routen von Sklavenschiffen die blinden Flecken der amerikanischen Verfassung. Der Parcours wirkt so abwechslungsreich, dass trotz der Fülle niemand ermüden muss. Auch Kinder kommen gut hindurch: mit Hilfe eines Rätselheftes, das unter anderem ausgestellte Gemälde unter die Lupe nimmt. Mehr über die DHM-Ausstellung „Was ist Aufklärung?“ lest ihr hier.

  • Deutsches Historisches Museum Hinter dem Gießhaus, Mitte, tgl. 10–18 Uhr, 24.12. 2024 geschl., 31.12.2024 10-14, Mi 1.1.2025 12-18 Uhr, 7/3,50 €, bis 18 J. frei, dhm.de, 18.10.2024–6.4.2025

„FOTOGAGA. Max Ernst und die Fotografie“ im Museum für Fotografie

Max Ernst: Lichtrad / la roue de la lumière, aus: Histoire Naturelle, Blatt 29, 1926. Lichtdruck nach Frottage, 32,5 x 50 cm. Sammlung Würth © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Augen, zunächst und überall Augen. Betritt man den Ausstellungsraum zu „FOTOGAGA. Max Ernst und die Fotografie“ im Museum für Fotografie, erblickt man viele Zeichnungen von Augen. Max Ernst, seines Zeichens einer der wichtigsten Künstler des Surrealismus und der Moderne überhaupt, war fasziniert vom Auge, natürlich. Denn über das Auge nehmen wir die Umgebung nicht nur war, das Auge konstruiert sie regelrecht für uns und dann kann man dieses Sinnesorgan auch noch schön austricksen. Und wirklich spannend wird es sowieso jenseits des Sichtbaren. Mit der Kamera kam quasi ein weiteres, technisches Auge dazu. Auch wenn Max Ernst selber nicht als Fotograf tätig war, posierte er doch gerne mal alleine oder mit Künstlerkollge:innen. Diese Dokumente der Kunstgeschichte im Backstage der Kunst machen diese Ausstellung unterhaltsam und nahbar. Ernsts Arbeit wurde stark durch die technischen und künstlerischen Entwicklungen der Fotografie beeinflusst, die ihm als Inspirationsquelle und Arbeitsmaterial für seine Collagen diente. Mit fotografischen Reproduktionstechniken wie Vergrößerungen und Fotopostkarten gelang es ihm, die Bildwirkung seiner Werke zu steigern und ihre Verbreitung zu fördern. Neben seinen Werken befinden sich unter den rund 270 Exponaten auch Arbeiten seiner surrealistischen Zeitgenoss:innen. Die Ausstellung ist zwischen den Jahren geöffnet, nur an Heiligabend und Silvester bleiben die Türen zu.

  • Museum für Fotografie Jebensstr. 2, Tiergarten, Di–So 11–19/ Do bis 21 Uhr, 24.12. +31.12.2024 geschlossen, 25./26.12. 10-17 Uhr, 1.1.2025 12-18 Uhr 12/ 6 €, bis 27.4.

„Hip-Hop: Conscious, Unconscious“ im Fotografiska Berlin

Mehr als hitverdächtig: „Salt n Pepa Lower East Side NYC (1986)“, Fotografie von Janette Beckman

„Hip-Hop war sich anfangs seiner selbst nicht bewusst. Es ging einfach darum, dass junge Menschen ihr Leben lebten, sich so kleideten, wie sie es taten, versuchten, sich mit begrenzten Mitteln zu unterhalten und eine Ästhetik zu schaffen, die unter ihnen Anklang fand“, sagt Kurator Sacha Jenkins über die aktuelle Ausstellung im Fotografiska Museum. Es geht um die legendären Gründungszeiten, beschränkt sich aber längst nicht darauf. Den Porträts der frühen Acts, allesamt auf der Straße aufgenommen, folgen aufwendige Studioproduktionen. Queen Latifah etwa ist 1990 als royale Schönheit mit viel Schmuck und in einer Haltung inszeniert, die an die legendäre ägyptische Königin Nofretete erinnert. Die Ausstellung war zuvor in New York zu sehen und wird in Berlin, wo sie kurz nach der Art Week beginnt, um einen lokalen Teil unter anderem mit Beiträgen des einstigen Labels Aggro Berlin erweitert. Sie schlägt den Bogen von den wilden Anfängen bis zur maximalen Vermarktung. Von der Stadt, also dem New York der 1970er- und 1980er-Jahre, sieht man jenen Ausschnitt, der damals die Heimstatt der Gangsta wie der Rapper war: die Straßen, auf denen sie sich bewegten, und die Fenster, aus denen sie auf die Straßen blickten. Mehr über „Hip-Hop: Conscious, Unconscious“ im Fotografiska Berlin lest ihr hier.

  • Fotografiska Berlin  Oranienburger Str. 54, Mitte, Mo–So 10–23 Uhr, Mo–Mi 14, geschlossen 24.-26.12. + 31.12.2024-1-12025, sDo + Fr 15/ Sa+So 16/8 €, bis 26.1. 25, weitere Infos und Tickets hier

Noah Davis im Minsk, Potsdam

© The Estate of Noah Davis. Courtesy The Estate of Noah Davis Und David Zwirner
Noah Davis: “Pueblo Del Rio: Arabesque”, 2014. Miguel Pimentel © The Estate of Noah Davis. Courtesy The Estate of Noah Davis Und David Zwirner

Wir verlassen Berlin, aber diese Ausstellung in Potsdam lohnt sich und ist zwischen den Jahren geöffnet, sogar am 24. und 31. Dezember. Das Kunsthaus Minsk in Potsdam zeigt die erste Einzelausstellung von Noah Davis in Deutschland. Der Maler aus Los Angeles, der 2015 mit 32 Jahren an Krebs starb, malte Schwarzen Protagonist:innen in alltäglichen Situationen: in Interieurs, auf der Straße, im Schwimmbad. Mit diesen Bildern widersprach er dem Klischee von Schwarzen als Verkörperung sozialer Probleme oder als Subjekt, das sich Tag und Nacht um Menschenrechte kämpft. Bezaubernd lebensnah sind seine großen Formate, die er nach alten Farbfotos aus den Alben seiner Mutter schuf. Und von kritischem, scharfem Witz zeugt der Nachbau einer Ausstellung aus dem von ihm mitbegründeten Kulturzentrum. Da Museen Davis und seinen Mitstreiter:innen keine Kunst ausleihen wollten, baute er sie kurzerhand nach, etwa Duchamps berühmten Flaschenhalter. Heute dagegen befinden sich Davis’ eigene Arbeiten in großen Museen der USA. Seine Potsdamer Ausstellung geht im Anschluss ans Londoner Barbican Center.

  • Das Minsk Max-Planck-Str. 17, Potsdam, Mi–Mo 10–19 Uhr, 24.+31.12. 10-15 Uhr, 25.+26.12.2024 10-19 Uhr, 1.1.2025 13-19 Uhr,  10/ 8 €, bis 18 J., ALG + letzter So im Monat frei, dasminsk.de, bis 5.1.2025

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