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„Großes Kino“ in der Kunstbibliothek: Filmplakate der 1900er- bis 2020er-Jahre

Etwa so lange, wie es Kino gibt, gibt es auch Filmplakate, die in Erinnerung bleiben. Die Ausstellung „Großes Kino“ in der Kunstbibliothek am Kulturforum präsentiert bis zum 3. März 2023 originale Filmplakate der 1900er- bis 2020er-Jahre. Aus der Sammlung Grafikdesign der Kunstbibliothek wurden aus 5000 Filmplakaten 300 für die Ausstellung „Großes Kino“ ausgewählt. Das Ergebnis umfasst Arbeiten aus zwölf Jahrzehnten – also im wahrsten Sinne Filmplakate aller Zeiten.

Die großen Blockbuster wie „Star Wars“ oder „Jaws“ wurden künstlerisch per Hand gemalt. Foto: Leonie Kratz

Großes Kino in der Kunstbibliothek: 26 Menschen aus der Kino- und Filmbranche waren bei der Auswahl beteiligt

Eine Frau schwimmt im offenen Meer, unbekümmert krault sie durch das kühle Nass. Was sich in den Tiefen des Ozeans verbirgt, ahnt sie nicht. Nur knapp unter ihr befindet sich ein riesiger weißer Hai, seine spitzen Zähne liegen blank. Das 1975 erschienene Filmplakat für Steven Spielbergs „Jaws“ („Der weiße Hai“) ist wohl eines der prägnantesten Filmplakate aller Zeiten. Es lässt die Augen groß werden, schürt Spannung und macht ein wenig Angst. Vor allem lässt es uns aber eines denken: Wie steht es um das Schicksal der Frau im Wasser?

Kinofilme brauchen Filmplakate, selbst in der heutigen digitalen Zeit ist ein Plakat das wichtigste Medium der visuellen Kommunikation. Filmplakate verdichten die Handlung des Films zu einem einzigen prägnanten Bild, sie fangen die Atmosphäre ein, stellen gleichzeitig die Protagonist:innen vor – sie sind ein Zusammenspiel von Werbung und Kunst. Filmplakate machen uns neugierig auf den Film, verraten aber gleichzeitig nicht zu viel.

Für die Ausstellung „Großes Kino“ haben zwei Kuratorinnen Filmplakate und ihre Geschichten von 1905 bis heute zusammengetragen. Was ein Filmplakat ausmacht, hat natürlich viel mit individuellem Geschmack zutun, deshalb haben Christina Thomson und Christina Dembny die Ausstellung kollaborativ kuratiert. 26 Menschen aus der Kino- und Filmbranche wurden gebeten bei der Auswahl aus 5000 gesammelten Filmplakaten aus der Sammlung Grafikdesign der Kunstbibliothek zu helfen. Jeder von ihnen konnte sich für ein Lieblingsplakat entscheiden. In einem Audioguide können sich die Besucher:innen die jeweilige Erläuterung zur Entscheidung anhören. Neben deutschen Plakaten sind Frankreich, die USA, Polen und weitere Länder vertreten.

Film- und Kinoplakate Anfang des 20 Jahrhunderts: Neben Filmen wurden vor allem Kinos beworben. Foto: Leonie Kratz

Beteiligt an der Auswahl waren unter anderem die Schauspieler:innen Jasmin Tabatabai, Maria Fuchs und Adrian Curry sowie der Yorck-Kinobetreiber Christian Bräuer und der Filmregisseur Pierre Sanoussi-Bliss. „Das ist eines der Highlights der Ausstellung, die Besucher:innen bekommen gezeigt, was ein gutes Filmplakat für die Leute aus der Kinowelt ausmacht“, erklärt Kuratorin Christina Dembny. Die Chronologie der Filmplakate umfasst rund 300 Filmplakate mit Blockbustern wie „Pulp Fiction“ oder „Herr der Ringe“ wie auch Plakate für Arthouse- und Independent-Filme von Neorealismo über New Hollywood bis Pedro Almodovar.

Großes Kino in der Kunstbibliothek: Künstlerische Filmplakate mit Hintergrund

Die Handlung der Filme hat für die Kurator:innen eine zweitrangige Rolle gespielt – vielmehr wurde auf die künstlerische Grafik der Plakate geachtet. Auch die Entwicklung des Kinos und gesellschaftliche Realitäten wurden im Entscheidungsprozess mit einbezogen. Das Ergebnis: Neben besonders künstlerischen Plakaten sind auch solche zu sehen, die sich mit Ideologien und Konventionen beschäftigen.

Um 1900, kurz nach Erfindung des Kinematografen, kamen erste Film- und Kinoplakate im Stadtraum zum Einsatz. Im ersten Teil der Ausstellung sind Filmplakate von 1905 bis 1979 zu sehen. Mit dabei sind unter anderem Blockbuster wie „Godzilla“, „King Kong“, „Der weiße Hai“ oder „Star Wars“, alle noch handgemalt. Mitte des 20. Jahrhunderts hatte sich die Plakatmalerei weltweit als Standard für Filmwerbung etabliert und wurde erst mit der zunehmenden Digitalisierung im 21. Jahrhundert vorwiegend abgelöst.

Das Filmplakat für den Pop-Klassiker „The Rocky Horror Picture Show“ wurde von der Schauspielerin Jasmin Tabatabai ausgewählt. Foto: Leonie Kratz

Für den Pop-Klassiker „The Rocky Horror Picture Show“, der sich mit sexueller Freiheit und Genderrollen der 1970er- Jahren beschäftigt, hat sich die Schauspielerin Jasmin Tabatabai entschieden. „Das Plakat und vor allem die Musik hat einen besonderen Platz in meinem Leben, es ist sinnlich und sexy, wenn man es einmal gesehen hat vergisst man es nicht mehr“, sagt Tabatabai. Für sie ist das Filmplakat von „The Rocky Horror Picture Show“ seiner Zeit voraus gewesen.

Großes Kino in der Kunstbibliothek: Metropolis, Matrix, Avatar und Barbie

Der Superstar unter den Filmplakaten ist „Metropolis“, ein 1927 von Boris Bilinsky entworfenes Großformat für den Film von Fritz Lang. „Nach unserer Kenntnis, ist das wohl das einzige Exemplar, das in einer grafischen Sammlung erhalten geblieben ist“, sagt Dembny. Ein besonderes Highlight also. Zahlreiche aufeinander gestapelte graue Hochhäuser strahlen eine düstere Atmosphäre aus, das menschliche Individuum spielt hier in der Masse der Stadt keine Rolle mehr. Das „Metropolis“-Plakat ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Plakat all das, was wichtig ist am Film, verdichtet und auf den Punkt bringt. Dass die ungefähre Handlung eines Filmes anhand des Plakates rasch erahnt werden kann.

Der Film „Metropolis“ spielt in einer riesigen Stadt – das große Plakat für den Film ist beinahe hundert Jahre alt. Foto: Leonie Kratz

An den blauen Wänden sind die Filmplakate chronologisch aufgereiht, an den roten Wänden findet sich ein Glossar. Wie entstehen Filmplakate überhaupt? Was gibt es für verschiedene Plakate? Was ist ein Uraufführungsplakat? All das wird den Besucher:innen an den roten Wänden erklärt. An den blauen Wänden sind Phänomene wie plakatierte Propaganda oder die Geburtsstunde des Starkults in Europa und Hollywood beschrieben.

Der zweite Teil der Ausstellung zeigt Plakate von 1980 bis heute. Zu sehen sind „Das Schweigen der Lämmer“, „Matrix“, „Avatar“ oder „Barbie“. Die Kosten für Filmproduktionen stiegen ab den 1990er-Jahren rasant an, Filmplakate waren dazu angehalten besonders viel Publikum in die Kinos zu ziehen. Eine breite Masse musste angesprochen werden und so etablierten sich nach und nach Filmplakate auf denen die Hauptdarsteller:innen im Vordergrund und die Nebendarsteller:innen im Hintergrund zu sehen sind. In einem YouTube-Tutorial wird den Besucher:innen gezeigt wie ein solches Filmplakat gestaltet wird.

Filme funktionieren auch als Marke: „Batman“, „Jurassic Park“ oder „Barbie“ sind ein gutes Beispiel dafür. Foto: Leonie Kratz

Auch das Bewegtbild fehlt hier nicht: Ein integriertes „Vorspannkino“ zeigt Filmintros und Titelsequenzen, die einen gestalterischen Dialog mit Plakaten eingehen. Mit „Jurassic Park“, „Ghostbusters“ oder „Batman“ wird erklärt, wie Filme als Marketingmaschine funktionieren können. Filmplakate von Blockbustern, die sich als Marke etabliert haben, kommen meist ganz ohne Schrift aus. Eine Fledermaus, ein weißer Geist oder die langen Krallen eines T-Rex reichen hier schon.

Rund zehn Filmplakate sind der DDR gewidmet. Dass hier nicht alle Mainstream-Filme ausgestrahlt wurden, ist kaum überraschend. Dass aber jeder Film, egal aus welchem Land, in der DDR ein individuelles Plakat bekommen hat, ist dann doch verwunderlich. „Die Bildideen der Plakate sind total spannend, denn sie haben zum Teil gar nichts mit dem Original zu tun“, erklärt Dembny.

Filmplakate aus der DDR: Der Western war hier besonders beliebt. Foto: Leonie Kratz

Fast am Ende angekommen, finden sich vor allem zeitgenössische Filmplakate von Blockbustern, die vor geraumer Zeit noch im Kino gelaufen sind. Eine weitere Wand zeigt Plakate von internationalen Gestalter:innen, diese soll vor allem als ein Ausblick angesehen werden. Welche Länder und welche Personen fehlen noch in der Ausstellung? Am Ende haben die Besucher:innen die Möglichkeit, weitere Impulse für die Sammlung zu geben. Die Ausstellung zeigt den jetzt Stand an Filmplakaten, aber wir finden es wichtig, dass alles noch offen bleibt und wir weiter sammeln. So lange es Kinos und Filmplakate gibt, wird die Ausstellung Großes Kino in der Kunstbibliothek wohl nie abgeschlossen sein.

  • Großes Kino: Filmplakate aller Zeiten Matthäikirchplatz, Mitte, 3.11.-3.3., Di-Fr 10-18 Uhr, Sa+So 11-18 Uhr, Tickets 10 €, Ermäßigt 5 €, mehr Infos hier

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