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Verōnika im Fotografiska: Das beste Museumsrestaurant der Stadt

Im Fotografiska hat das Restaurant Verōnika eröffnet. Es formuliert in kulinarisch komplizierten Zeiten eine angenehm klare und vollmundige Position. Endlich ein Museumsrestaurant, das es ernst meint, findet tip-Kritiker Clemens Niedenthal.

Das Verōnika im Fotografiska zeigt, wie gut Museumsrestaurants sein können. Foto: PION Studio

Verōnika im Fotografiska: Ein rauschhaftes Restauranterlebnis

Die Heilige Veronika gilt als die Schutzpatronin der Fotografie. Aufgrund jenes Schweißtuchs, in das sich der Legende nach das Konterfei Jesu eingeprägt haben soll. Sozusagen ein ganz früher Negativprint. An diesem Abend aber bildete sich im neu eröffneten Restaurant Verōnika im vierten Stock des Fotografiska an der Oranienburger Straße vor allem ein rauschhaftes Restauranterlebnis in den eben noch schneeweißen Stoffservietten ab: Tomatenconfit, der Fleischsaft des trockengereiften und perfekt gegarten Pinzgauer Freilandrinds, das Fett unter der krossen Hühnerhaut. Einige Tropfen vom Pinot Noir aus dem Rheingau. Ein Wölkchen Pistazieneis und ein Krümel Brandteig von der Unterlippe.

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Stoffservietten, die so gegen 22.30 Uhr bildreich davon Zeugnis gaben, worum es diesem vorerst neuesten unter den besten Restaurants dieser Stadt also geht: Fine Dining, Family Style. Klare Aromen, bekannte Gerichte, exzellente Qualität. Viel Geschmack und noch mehr Selbstverständlichkeit. Aber der Reihe nach.

Das missverstandene Genre des Museumsrestaurants

Jeder findet seine Nische im Verōnika im Fotografiska. Foto: PION Studio

Am Anfang stand nämlich nicht nur die nicht gerade einfache Aufgabe, das in dieser Stadt bis dato gänzlich missverstandene Genre des Museumsrestaurants neu (und groß) zu denken. Wir leben und essen zudem gerade in Umbruchzeiten. Fine Dining kriselt. Das gesetzte Menü und eine miniaturschöne Pinzettenküche sind längst keine Statussymbole mehr. Zumal an einem Ort, der sich durchaus selbstbewusst zur Bühne der Stadtgesellschaft erkoren hat. Wer will, kann mit dem Glas Pinot Noir in der Hand aus dem Verōnika in die verschiedenen Ausstellungen des Fotografiska schlendern.

Aber wir sind ja zum Essen gekommen. In einen Gastraum, der seine sehr berlinerische Biografie weltläufig inszeniert. Der glamourös und gleichzeitig gemütlich ist, was auch an diesen beiden Details liegt: einer überragend guten Akustik und einer Lichtstimmung, die Gästen wie Tellern gleichermaßen schmeichelt. Dazu eine offene Küche, eine zentrale, angenehm belebte Bar und 180 Plätze, die sich doch nie wie in einer Wartehalle anfühlen. Wer es intimer mag, findet seine Nischen.

Verōnika im Fotografiska: Der geheime Star ist Butter

Selbstverständlich, aber nicht minder exzellent: sehr perfekt gegartes Weiderind im neu eröffneten Verōnika. Foto: EJEN Studios

Roel Lintermans, vormals Küchendirektor im Grill Royal, verantwortet eine Küche, die es sich selbstbewusst erlauben kann, das Vollmundige und Wohlfühlige zu betonen. Der geheime Star: Butter. Die Mission: eine zeitlose, in gewissem Sinne auch ortlose Küche. Ein Metropolenrestaurant, dem eine roh marinierte Gelbflossenmakrele mit Jakobsmuscheln (24 Euro) so mineralisch und aromentief gelingt, wie das als Brust und Keule zubereitete Freilandhähnchen uns knusprig-schmatzig  in den Arm nimmt (mit Fritten und Morcheln 36 Euro). Überhaupt erstaunlich, wie eine angenehm übersichtliche Karte viele Geschmäcker und Stimmungen einzufangen versteht, ohne auch nur für einen Bissen beliebig zu wirken.

Zum Abschluss fast aufreizend nostalgisch (und so gut!): der am Tisch flambierte Safran-Flan, zumal man den hinreißenden und aufmerksamen Service sowieso gerne um sich hat. Sollte also die These stimmen, dass wir uns nach all den Jahren einer gewissen kulinarischen Aufregung wieder nach selbstverständlichen, nicht minder exzellenten Orten sehnen, nicht nur dann hat das Verōnika alles richtig gemacht.

  • Verōnika im Fotografiska Berlin, Oranienburger Str. 54, Mitte, Di–Sa ab 17 Uhr, Küche bis 0 Uhr, online

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Baklava, Berufsbiografien und natürlich Berlin: Wir haben mit dem Fotografiska-Geschäftsführer Yousef Hammoudah über das Museum und Kulinarik gesprochen. Das Verōnika im Fotografiska gehört zweifelsohne zu den besten Neueröffnungen im November. Spannender fast als die Verleihung der Michelin-Sterne 2023 waren die Spekulationen innerhalb der Berliner Gastro-Szene, schreibt unser Autor Clemens Niedenthal. Wir lieben nicht nur die Sterne-Restaurants: Die besten Imbisse in Berlin. Gehobene Küche, vergleichsweise moderate Preise: Das zeichnet Bib-Gourmand-Preisträger aus. Diese Berliner Restaurants sind prämiert. Immer die besten Tipps für exzellentes Essen und vorzügliche Gastronomie findet ihr in unserer Rubrik Essen und Trinken. Immer neue spannende Orte und Klassiker findet ihr in unserer Museums-Rubrik.

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