Ein Blick auf Private Kunstsammlungen in Berlin: Nach dem Mauerfall wurde die Stadt quasi über Nacht zu einem internationalen Hotspot der Kunstszene. Seit den frühen 1990er-Jahren zogen unzählige Galerien nach Mitte, Tiergarten und Kreuzberg, auch Künstler:innen aus aller Welt strömten hierher und nicht zuletzt folgten dem künstlerischen Treiben die Sammler:innen mit ihren Sammlungen. Auch sie bezogen zuweilen spektakuläre Räumlichkeiten, etwa Bunker und alte Fabriken, und bieten bis heute spannende Perspektiven auf die internationale Kunst. Von jahrhundertealten Werken aus dem chinesischen Kaiserreich über anarchische Positionen der „nach-Warhol-Ära“ bis zu zeitgenössischen Arbeiten der jüngsten Generationen kann man viel spannende Kunst in diesen privaten Kunstsammlungen in Berlin sehen.
Private Kunstsammlungen in Berlin: Boros Collection
Die Sammlung von Christian und Karen Boros gehört vermutlich zu den bekanntesten privaten Kunstsammlungen des Landes, das liegt nicht nur an der exquisiten Auswahl zeitgenössischer Werke von Künstler:innen wie Julius von Bismarck, Anne Imhof, Bernice Olmedo und Anna Uddenberg, sonder auch an dem Ort, in dem sie präsentiert werden. Der Hochbunker im Herzen von Berlin-Mitte war in den 1990er-Jahren der berüchtigte Techno-Club Bunker und bietet heute ein brutalistisch-aufregendes Ambiente für die gezeigte Kunst. Im „Penthouse“ des Bunkers lebt das Paar, die Kunst ist in den unteren Stockwerken zu sehen.
- Boros Collection Reinhardtstr. 20, Mitte, Voranmeldung über die Webseite
EAM Collection
Elke und Arno Morenz begannen 1968 Avantgardekunst zu sammeln. Im revolutionären Jahr der Pariser Studentenaufmärsche lebte das Paar noch in Paris und stand unter dem Eindruck der Revolte und vor allem der Kunst, die ihr zuvor ging. So stehen im Fokus der EAM Collection Werke herausragender Künstler der Nachkriegsavantgarden, allen voran der Lettristen um Isidor Isou, sowie ferner der Internationale Lettriste, Internationale Situationniste sowie Bauhaus Imaginista. Zu den bedeutendsten Künstlern der Sammlung gehören Asger Jorn, Guy Debord, Gil J. Wolman und natürlich Isidore Isou.
- EAM Collection Sybelstr. 62, Charlottenburg, Voranmeldung über die Webseite
___STEADY_PAYWALL___
Private Kunstsammlungen in Berlin: The Feuerle Collection
Die von der Sammlerin Désiré Feuerle gegründete Feuerle Collection hebt sich von anderen Privatsammlungen in Berlin, wenn nicht international, deutlich ab. Einmal überwältigt der aufwendig restaurierte Telekommunikationsbunker, in dem die spektakulären Ausstellungsräume eine mythisch-spirituelle Atmosphäre versprühen. Zum anderen vereint sich in der Sammlung jahrhundertealte Kunst aus dem chinesischen Kaiserreich, der frühen Khmer-Kultur sowie Möbelstücken aus den Han- bis Qing-Dynastien mit zeitgenössischen Positionen von Cristina Iglesias, Nobuyoshi Araki, Anish Kapoor u.a.
- The Feuerle Collection Hallesches Ufer 70, Kreuzberg, Voranmeldung über die Webseite
Fluentum
Der Berliner Software-Unternehmer Markus Hannebauer sammelt seit 2010 Videokunst. Fluentum ist die von ihm gegründete Plattform für die Präsentation und Produktion zeitgenössischer Kunst, mit schwerpunkt auf Bewegtbilder und zeitbasierte Medien. Beheimatet ist die Sammlung in einer ehemaligen Militäranlage in Dahlem, die einst von der Luftwaffe genutzt wurde und nach Kriegsende als Stützpunkt der US-Army diente. Das Programm wechselt zwischen thematischen Gruppenausstellungen und Einzelpositionen.
- Fluentum Clayallee 174, Zehlendorf, Voranmeldung über die Webseite
Private Kunstsammlungen in Berlin: Sammlung Hoffmann
Bis zum Mauerfall galt Berlin nicht unbedingt als wichtiger Kunststandort, so war es eine durchaus mutige Entscheidung, die das Sammler-Paar Erika und Rolf Hoffmann Mitte der 1990er-Jahre trafen (seit dem Tod ihres Mannes betreibt Erika Hoffmann die Sammlung allein) und mit ihrer Kunst in die deutsche Hauptstadt zogen, wo sie sich in einer ehemaligen Nähmaschinenfabrik ein würdiges Domizil suchten. Zu den Highlights der Sammlung gehören Werke von international bekannten Künstlern wie Bruce Nauman Günther Uecker und Frank Stella. Ergänzt wird die Liste von Positionen zeitgenössischer Künstler aus Polen, China und Japan.
- Sammlung Hoffmann Sophienstr. 21, Mitte, Voranmeldung über die Webseite
Kienzle Art Foundation
Der Kunsthistoriker und Sammler Jochen Kienzle hat nicht viel übrig für die großen Namen. Er sucht lieber nach Kunst abseits des etablierten Marktes. So wohnt vielen dieser Außenseiterpositionen ein anarchischer Geist inne und immer wieder wird auch harsch Systemkritik geübt. Eine radikale Kunstsammlung die sich vorrangig auf Arbeiten deutscher und amerikanischer Künstler „nach Warhol“ konzentriert. Dazu zählen Jack Goldstein, David Reed, Anne Oppermann, Louise Fishman u.a.
- Kienzle Art Foundation Bleibtreustr. 54, Charlottenburg, Voranmeldung über die Webseite
Private Kunstsammlungen in Berlin: Collection Regard
Dem 1971 in Paris geborenen Marc Barbey wurde das Kunstsammeln in die Wiege gelegt. Der Spross einer zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz verzweigten Familie ist in einem Umfeld von Kunstliebhabern aufgewachsen. In seiner Berliner Sammlung zeigt er vor allem Schwarz-Weiß-Fotografie, die von den Anfängen der Fotografiegeschichte bis zu zeitgenössischen Positionen reicht. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Nachlass des Fotografen der Neuen Sachlichkeit Hein Gorny.
- Collection Regard Steinstraße 12, Mitte, Voranmeldung über die Webseite
Julia Stoschek Collection
Julia Stoscheks Kunstsammlung konnte man bis 2016 exklusiv in Düsseldorf besichtigen, seit einigen Jahren betreibt sie im ehemaligen tschechischen Kulturinstitut an der vermeintlich unwirtlichen Leipziger Straße eine Depandance. Längst ist die private Kunstsammlung zu einer amtlichen Institution herangewachsen. Zu den bedeutendsten Position der Sammlung zählen Arbeiten von Ed Atkins, Josh Kline, Cao Fei, Hito Steyerl uvm. Warum die Leipziger Straße Berlins neue Kunstmeile ist, erklären wir hier.
- Julia Stoschek Collection Leipziger Strasse 60, Mitte, Samstag+Sonntag 12-18 Uhr, Voranmeldung über die Webseite
Private Kunstsammlungen in Berlin: Sammlung Ivo Wessel
Ino Wessel gehört lange zum berliner Kunstbetrieb, er organisiert gemeinsam mit Olaf Stüber die Videokunstreihe „Videoart at Midnight“, nimmt häufig an Podiumsdiskussionen teil und führt in seinen Räumen in Moabit durch die Sammlung mit dem Schwerpunkt auf Fotografie, Konzept- und Videokunst. Sehen kann man dann u.a. Arbeiten von Stefan Panhans, Julian Rosenfeldt, Via Lewandowsky und Christian Marclay.
- Sammlung Ivo Wessel Lehrter Strasse 57, House 2, Moabit, Terminanfrage per E-Mail
Salon Dahlmann
Timo Miettinens Mutter sammelte finnische Landschaftsmalerei des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Sohn aber war von zeitgenössischer Kunst begeistert, was auch von dessen Frau, der Architektin Iiris Ulin verstärkt wurde. Ihre Sammlung umfasst heute über 300 Kunstwerke mit einem Schwerpunkt auf zeitgenössischer Malerei in verschiedensten Ausführungen, sowohl abstrakt als auch figurativ, geometrisch und expressionistisch. Mit dem Salon Dahlmann hat die Familie Miettinen eine Begegnungsstätte für Kunst und Kreativität geschaffen, die sich zur Aufgabe gemacht hat, eine kulturelle Brücke zwischen Deutschland und Finnland zu bauen.
- Salon Dahlmann Marburger Straße 3, Charlottenburg, Samstag 12–18 Uhr, Voranmeldung über die Webseite
Private Kunstsammlungen in Berlin: Sammlung Ulrich Seibert
Ulrich Seibert hat einen Showroom in den Heckmannhöfen in Mitte eingerichtet, der nicht nur Kunstfans begeistern dürfte. Denn Seibert fokussiert seine Leidenschaft auf eine Nische, den Pop-Comic-Surrealismus. Schrille, lustige, bunte Kunst. Kein theoretischer Überbau ist hier notwendig, eher viel Spaß an Genres wie Fantasy, Manga, Science Fiction und Mystery. Die Bilder sind farbig, figurativ, schräg, leicht surreal und gelegentlich auch sexy. Vertreten sind u.a. Julie Heffernan, Victor Castillo, John Brophy und Ray Caesar.
- Sammlung Ulrich Seibert Oranienburgerstr. 32 (Heckmannhöfe, Vorderhaus 1. OG), Mitte
- Voranmeldung über E-Mail oder die Webseite
Sammlung Arthur de Ganay
Als Arthur de Ganay während seines Kunststudiums in Paris auf das Werk des japanischen Fotografen Hiroshi Sugimoto stieß, fasste er den Entschluss, Kunst zu sammeln. Seitdem spezialisiert er sich auf Fotografie und zeigt in der ehemaligen Marmeladenfabrik am Kreuzberger Spreeufer vorrangig großformatige Werke zum Thema Landschafts- und Architekturfotografie.
- Sammlung Arthur de Ganay Köpenicker Str. 10A, Kreuzberg, Voranmeldung über die Webseite
Mehr Kunst und Ausstellungen in Berlin
Geht immer: Wir zeigen euch wichtige Ausstellungshäuser, Galerien und Museen für Kunst in Berlin. Bloß nicht verpassen: Die wichtigsten Ausstellungen im Berliner Kunstjahr 2023 im Überblick. Gut zu wissen: Am Museumssonntag ist der Eintritt kostenlos, jeden ersten Sonntag im Monat. Ein ehemaliges Luxushotel wird Ort für Kunst: Wir haben das Studio Mondial am Ku’damm besucht. Immer auf dem Laufenden bleibt ihr mit unseren aktuellen Ausstellungs-Tipps. Alles zum Thema findet ihr in der Kunst-Rubrik.