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medien.barometer 2024: Wie wird die Kreativbranche nachhaltiger?

Das medien.barometer ist eine repräsentative Umfrage unter den Medien- und Kreativunternehmer:innen der Hauptstadtregion, die seit 2004 jährlich durchgeführt wird. Die Schwerpunktthemen wechseln von Jahr zu Jahr, diesmal ging es um Nachhaltigkeit. Das Barometer ist gerade neu für 2023/24 erschienen. Durchgeführt wird die Umfrage vom medianet berlinbrandenburg, dem Netzwerk-Verein der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft in Berlin und Brandenburg. Wir haben mit Jeannine Koch, Vorstandsvorsitzende des medianet berlinbrandenburg e.V., über die Ergebnisse gesprochen.

medianet-berlinbrandenburg-Vorstandschefin Jeannine Koch. Foto: Dominik Butzmann

medien.barometer: Nachhaltig in die Zukunft

Das medien.barometer 2023/24 hat mit einer Umfrage herausgefunden, wie Unternehmen aus der Kreativbranche in Berlin und Brandenburg in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz aktuell aufgestellt sind und ob soziale und ökologische Aspekte bei den Unternehmensentscheidungen berücksichtigt werden. Außerdem wurde gefragt, wie die befragten Unternehmen diese Verantwortung als Teil des Geschäftserfolges bewerten, welche Maßnahmen vielleicht schon ergriffen wurden und wo es noch Hürden gibt.

Hintergrund ist eine aktuelle EU-Maßnahme. In Zukunft sollen viele Unternehmen gesetzlich in die Pflicht genommen werden, Informationen zu ihren Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu dokumentieren. Der Gesetzesentwurf der EU-Kommission, „CSDR“, (Corporate Sustainability Reporting Directive) ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Seit Jahren werden von der Politik und Gesellschaft unterschiedliche Maßnahmen, die den Klimaschutz vorantreiben sollen, diskutiert, Bewegungen wie Fridays for Future und Letzte Generation

Aber auch die Wirtschaft kann und muss einen Beitrag dazu leisten, damit die Erde lebenswert bleibt. Der CSRD-Entwurf verlangt von Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten (bisher 500), standardisierte Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht zu veröffentlichen. Das bezieht sich seit Januar dann nicht mehr nur auf kapitalmarktorientierte Unternehmen. Außerdem werden kleine und mittlere börsennotierte Unternehmen (ab zehn Mitarbeiter:innen) dazu verpflichtet, ab 2026 Angaben zu Nachhaltigkeitsrisiken und -leistungen zu verzeichnen.

Dem Umfrageaufruf unter dem Thema „Wie können die Unternehmen der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft in Berlin und Brandenburg ihrer bedeutenden Rolle beim Klimaschutz gerecht werden?“ sind 181 Unternehmer:innen gefolgt, bis Ende Oktober konnte man anonym und freiwillig teilnehmen.

Letztes Jahr fand das People & Culture Festival im Kino Colosseum statt. Foto: Imago/Pop-Eye

Die Umfrageergebnisse wurden am 31. Januar live bei ALEX Offener Kanal Berlin veröffentlicht. Ob medianet 2024 das People & Culture Festival veranstaltet, steht bisher noch nicht fest. Letztes Jahr haben unter dem Motto „Filling the Gap“ verschiedene Unternehmen, Institutionen und Netzwerke aus dem Kreativ- und Medienbereich Vorträge, Workshops und Diskussionen im Kino Colosseum veranstaltet. Das Festival wurde mit einer Rede von Jeannine Koch eröffnet.

medien.barometer: 54 Prozent der Unternehmen schreiben Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert zu

tipBerlin Frau Koch, Ende Januar erscheint das neue medien.barometer des medianet. Was hat es damit auf sich?

Jeannine Koch Das medien.barometer gibt es bereits seit 2004. Mit der Studie beleuchten wir jedes Jahr die Stimmung, die wirtschaftliche Entwicklung und die Zukunftsaussichten in der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft in Berlin und Brandenburg. Also für die Branchen und die Regionen, für die das medianet seit 23 Jahren als interdisziplinärer Netzwerkverein ein enger Begleiter ist. Über die Jahre lassen sich über die Studienergebnisse diverse Dynamiken und Trends erkennen, man kann die Standortarbeit evaluieren und Standortaktivitäten ableiten. Dazu haben wir bei jeder Umfrage ein Kernthema, wie in diesem Jahr das Thema Nachhaltigkeit. Wir wollten herausfinden: Wie steht es um das Thema Nachhaltigkeit in unseren Wirtschaftszweigen?

tipBerlin Im vergangenen Jahr lag der Geschäftsklimaindex noch unter dem Niveau von vor der Pandemie. Wie sieht es jetzt aus?

Jeannine Koch Es gibt eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr: Der Geschäftsklimaindex ist von 126.5 auf 129.2 Punkte gestiegen. Der Wert von 2019 vor der Pandemie, 138,7 Punkte, ist aber noch nicht erreicht. Mit Blick auf die multiplen Krisen der letzten vier Jahre, wie z.B. der Pandemie, Inflation und Energiekrise, und den daraus resultierenden Unsicherheiten, ist es ein positives Ergebnis, weil wir uns deutlich über der Expansionsmarke, die bei 100 liegt, befinden. Viele Unternehmen konnten sich zum Glück über die letzten Jahre eine gewisse Resilienz, Krisen- und Transformationskompetenz aneignen.

tipBerlin Für über die Hälfte der Befragten hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert im Unternehmen. Was heißt das?

Jeannine Koch Sie sprechen die 54 Prozent an, für die Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert hat. Das heißt im Gegenzug aber leider auch, dass das für 46 Prozent, also für fast die Hälfte der Unternehmen, nicht der Fall ist. Dort, wo Nachhaltigkeit verankert ist, nehmen mehr als die Hälfte (55 Prozent) die anfallenden Mehrkosten in Kauf. Rund drei von zehn Unternehmen sehen durch ausgeführte Nachhaltigkeitsmaßnahmen neue Marktchancen (28 Prozent) bzw. sind diese für sie ein Innovationstreiber (32 Prozent). Bei den Motivationsgründen für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen haben etwa drei Viertel (76 Prozent) der Unternehmen die Zufriedenheit der Mitarbeitenden (76 Prozent) und 71 Prozent den daraus resultierenden Imagegewinn für das Unternehmen angegeben. Das ist ein spannender Aspekt, denn in Zeiten des akuten Fachkräftebedarfs präferieren viele Arbeitssuchende diejenigen Unternehmen, die nachhaltiges Wirtschaften in ihrer Unternehmensstrategie und -philosophie berücksichtigen.

tipBerlin Laut Barometer sieht sich ein nicht kleiner Anteil der Unternehmen mit hohen Kosten, viel Bürokratie und mangelnden personellen Ressourcen konfrontiert. Könnte das die Nachhaltigkeit erschweren?

Jeannine Koch Uns war es in der Studie wichtig herauszufinden, welche Hürden es bei der Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen gibt. Tatsächlich haben die Unternehmen zu 49% die entstehenden Kosten, zu 44 Prozent den bürokratischen Aufwand und zu 42 Prozent die fehlenden personellen Ressourcen angegeben. Diese Punkte erschweren die Umsetzungen zu mehr Nachhaltigkeit in jedem Fall. Ein Drittel der Unternehmen (34 Prozent) wünscht sich mehr Unterstützung seitens der Politik, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur, Finanzierung und Informationsbereitstellung. Nur 4 Prozent haben bereits eine Förderung bzgl. nachhaltiger Maßnahmen beantragt. Hier gibt es sicherlich konkreten Informations- und Handlungsbedarf. Unsere Aufgabe als Netzwerkverein ist es, solche Herausforderungen und Bedarfe der Branchen an die politischen Vertreter*innen zu adressieren. Das werden wir tun.

tipBerlin Wie sieht es in Zukunft aus?

Jeannine Koch Jeder von uns kann dafür Sorge tragen, dass die Klimaziele erreicht werden und unsere Erde ein lange bewohnbarer Planet bleibt. Aber es kommt nicht nur auf uns als Privatpersonen an, auch die Unternehmen sind gefragter als je zuvor. Dabei gilt es, alle Aspekte der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, nicht nur die ökologischen und ökonomischen, sondern auch die sozialen.

  • Zur Person Jeannine Koch, ist seit Januar 2021 Vorstandsvorsitzende des medianet berlinbrandenburg e.V., dem Netzwerk der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft der Hauptstadtregion. Die gebürtige Berlinerin und diplomierte Medienberaterin hat in Berlin und Sydney studiert und war sechs Jahre lang Marketing- und Kommunikationsleiterin der IGA Berlin 2017. Seit mehreren Jahren gestaltet Koch die Entwicklungen der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft der Hauptstadtregion mit.
  • Das medien.barometer 2023/24 ist seit 31. Januar auf der Website des medianet berlinbrandenburg e.V. zu finden

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