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Berlin verstehen

Berlin 2003: Arm aber Sexy, der rbb und das HAU werden gegründet und Hotte Buchholz stirbt

Berlin 2003. Klaus Wowereit prägt die Ära mit seinem Slogan „arm aber sexy“. Tatsächlich ist die Stadt pleite, die Leute gehen gegen den sozialen Kahlschlag aber auch gegen den Irakkrieg von George W. Bush auf die Straße. Zugleich fusionieren der ORB und der SFB zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und in Kreuzberg findet eine Theaterfusion statt, ab 2003 verändert das HAU den Berliner Theaterbetrieb. Hier blicken wir in 12 Fotos auf das Jahr 2003 in Berlin zurück.

Berlin ist pleite

Demonstrantin mit "Berlin ist pleite"-T-Shirt auf einer Demo auf dem Alexanderplatz in Berlin, 2003. Foto: Imago/PEMAX
Demonstrantin mit „Berlin ist pleite“-T-Shirt auf einer Demo auf dem Alexanderplatz in Berlin, 2003. Foto: Imago/PEMAX

2003, das war auch das Jahr des von dem damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit geprägten Slogan: „Arm aber sexy“. Tatsächlich ging es der Stadt finanziell nicht gut, die Schuldenlast war enorm und es kam nicht so viel rein wie erhofft. Auch auf Demos wurde die missliche Lage thematisiert und nicht alle fanden den Spruch lustig. Berlin war pleite, das ließ sich nicht schönreden.


Berlin 2003: Good Bye, Lenin!

Filmplakate für Wolfgang Beckers Film "Good Bye, Lenin!". Foto: Imago/PEMAX
Berlin 2003: Filmplakate für Wolfgang Beckers Film „Good Bye, Lenin!“. Foto: Imago/PEMAX

Deutschland im Jahr 1990: Mutter Kerner (Katrin Saß) erwacht aus dem Koma. Vom Fall der Mauer weiß sie nichts. Weil ihr krankes Herz die Wende vielleicht nicht verkraften würde, spielt Familie Kerner auf Verlängerung der guten alten Zeit. Alex (Daniel Brühl) führt Regie, der flotte Wessi Denis (Florian Lukas) macht “Aktuelle Kamera”. Wolfgang Beckers „Good Bye, Lenin!“ sollte zu einem der prägendsten Berlin-Filme der letzten Jahrzehnte werden und ganz sicher zu einem der wichtigsten (und lustigsten) Filme, die den Zusammenbruch der DDR thematisieren.


Das Dosenpfand ist da

Hat sich nicht durchgesetzt, der Dosenpfandautomat am Brandenburger Tor. Das Dosenpfand blieb jedoch. Foto: Imago/PEMAX
Hat sich nicht durchgesetzt, der Dosenpfandautomat am Brandenburger Tor. Das Dosenpfand blieb jedoch. Foto: Imago/PEMAX

Bis 2003 landeten die Dosen einfach in der Mülltonne. Das damals eingeführte Pfandsystem erzürnte aber die Gemüter, man wollte die Neuerung nicht akzeptieren. Angeblich würde das Pfand Arbeitsplätze gefährden, so lautete die Befürchtung. Nachhaltigkeit wurde 2003 eben noch nicht ganz so groß geschrieben. Das ist heute anders. Die Dosenpfandautomaten, wie sie hier werbewirksam am Brandenburger Tor vorgestellt wurden, konnten sich (außer in Supermärkten) nicht im Stadtraum durchsetzen.


Berlin trauert um Horst Buchholz

Die Trauergemeinde bei der Beerdigung des legendären Schauspielers Horst "Hotte" Buchholz.  Foto: Imago/Eventpress/Herrmann
Die Trauergemeinde bei der Beerdigung des legendären Schauspielers Horst „Hotte“ Buchholz. Foto: Imago/Eventpress/Herrmann

Horst Buchholz galt als scheu und verschwiegen. 1933 in Neukölln geboren, begann er in der Nachkriegszeit seine Karriere am Theater. Schon bald wurde er für das Kino entdeckt. „Hotte“, wie er in seiner Jugend genannt wurde, spielte anfangs in Deutschland, später auch in den USA, Frankreich und Italien. Wegen seines guten Aussehens nannte man ihn auch den „deutschen James Dean“. Zu seinen wichtigsten Filmen gehören Billy Wilders „Eins, zwei, drei“, „Die glorreichen Sieben” von John Sturges, und noch 1993 wirkte er in Wim Wenders’ „In weiter Ferne, so nah“ mit. Der Berliner Weltstar starb im März 2003. Er gehört zu unseren 12 berühmten Berlinern, die man kennen sollte.


Mahnwachen gegen den Irakkrieg

Demonstration gegen den Irakkrieg. Foto: Imago/Sven Lambert
Demonstration gegen den Irakkrieg. Foto: Imago/Sven Lambert

US-Präsident George W. Bush wurde in Berlin mit wenig Begeisterung empfangen. Am 22. und 23. Mai 2002 besuchte er die Bundeshauptstadt und das neue Bundeskanzleramt. Deutschland war diplomatisch unwegsames Gelände für den Republikaner: Die Teilnahme am sich abzeichnenden Irakkrieg lehnte eine breite Mehrheit der Deutschen ab. 2003 kam es zu massiven Protesten gegen die US-Intervention. Auch in Berlin.


Berlin 2003: Aus SFB und ORB wird der rbb

rbb-Sendezentrum in Berlin, Herbst 2003. Foto: Imago/Raimund Müller
rbb-Sendezentrum in Berlin, Herbst 2003. Foto: Imago/Raimund Müller

Die Wende hat viel verändert. Die DDR-Firmen wurden privatisiert oder gingen ein, die Berlin-Zulage und die Subventionen fielen weg und Berlin wurde als Industriestandort unattraktiver. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kam es zu Umwälzungen. Der Sender Freies Berlin, kurz SFB, versorgte von 1953 bis 2003 die Berliner und das Umland mit Radio- und Fernsehprogrammen. Viele Sendungen gelten bis heute als legendär. Im Mai 2003 fusionierte der SFB mit dem ORB, woraus der RBB wurde, der Rundfunk Berlin-Brandenburg. Die Berliner Marke SFB ist damit Geschichte.


Neue Weltrekordzeit beim Berlin-Marathon

Sieger Paul Tergat (Kenia) zeigt stolz auf seine neue Weltrekordzeit von 2:04:55 Stunden, 28. September 2003. Foto: Imago/Camera 4
Berlin-Marathon: Sieger Paul Tergat aus Kenia zeigt stolz auf seine neue Weltrekordzeit von 2:04:55 Stunden, 28. September 2003. Foto: Imago/Camera 4

Der Berlin Marathon ist ein sportliches Highlight in der Stadt. Jedes Jahr kamen zigtausende Läufer aus aller Welt nach Berlin und liefen gemeinsam die 42,195 Kilometer. Es gab Weltrekorde, irre Verkleidungen und die ganze Stadt, die von der riesigen Veranstaltung zwangsläufig lahmgelegt wurde, stellt sich an den Streckenrand und jubelt mit. Musiker geben aller paar hundert Meter spontane Konzerte, und überhaupt herrscht eine tolle Atmosphäre, die sogar Sportmuffel mitreißen kann. 2003 stellte Paul Tergat aus Kenia eine neue Weltrekordzeit von 2:04:55 Stunden auf. 20 Jahre später hält Eliud Kipchoge den Weltrekord mit einer Zeit von 2:01:09 Stunden.


Berlin 2003: Das HAU geht an den Start

Hebbel am Ufer Berlin, kurz HAU, ging 2003 aus der Fusion dreier Kreuzberger Theater hervor. Foto: Imago/DRAMA-Berlin.de
Hebbel am Ufer Berlin, kurz HAU, ging 2003 aus der Fusion dreier Kreuzberger Theater hervor. Foto: Imago/DRAMA-Berlin.de

2003 begann eine neue Ära im Berliner Theaterbetrieb. Aus drei Kreuzberger Theatern, dem renommierten Hebbel-Theater sowie den kleineren Bühnen Theater am Halleschen Ufer und dem Theater am Ufer, entstand die Theaterinstitution Hebbel am Ufer, kurz HAU. Die künstlerische Leitung übernahm der Dramaturg und Intendant Matthias Lilienthal, der mit dem HAU ein modernes Stadttheaterkonzept verfolgte, das bis heute nachwirkt.


Deutsches Historisches Museum mit dem gläsernen Treppenturm

Einweihung des Erweiterungsbaus des Deutschen Historischen Museums in Mitte mit dem gläsernen Treppenturm. Foto: Imago/Olaf Wagner
Einweihung des Erweiterungsbaus des Deutschen Historischen Museums in Mitte mit dem gläsernen Treppenturm. Foto: Imago/Olaf Wagner

Der chinesisch-amerikanische Architekt Ieoh Ming Pei (1917–2019) gehörte zu den Großmeistern der klassischen Moderne. Von ihm stammt die Glaspyramide vor dem Louvre in Paris, der Bank of China-Tower in Hongkong und die John-F.-Kennedy Präsidentenbibliothek neben der Harvard University. In Berlin hat er ab 1997 mit dem Ausstellungsbau des Deutschen Historischen Museums ein relativ kleines Projekt verwirklicht, das jedoch kongenial die preußische Tradition des Haupthauses mit zeitgenössischer Ästhetik vereint. So erlaubt die Glas-und Stahlkonstruktion verschiedene Blicke auf das Zeughaus und überzeugt durch eine grandiose Lichtgestaltung. Am 23. Mai 2003 wurde der Erweiterungsbau feierlich eröffnet.


Berlin 2003: Klaus Wowereit wird 50!

Geburtagsfeier zum 50. Geburtstag von Klaus Wowereit, auch Hape Kerkeling kam vorbei. Foto: Imago/Eventpress/Herrmann
Geburtagsfeier zum 50. Geburtstag von Klaus Wowereit, auch Hape Kerkeling kam vorbei. Foto: Imago/Eventpress/Herrmann

Klaus Wowereit feierte 2003 seinen 50. Geburtstag, der Tempelhofer SPD-Politiker regierte von 2001 bis 2014 im Roten Rathaus. Unter dem meist gut gelaunten Wowereit stieg Berlin von einer sich neu orientierenden und verschuldeten Pleitestadt zu einer schillernden Metropole auf. „Berlin war 2001 in einer depressiven Phase, ein Grauschleier zog sich über die Stadt. Eine Käseglocke, wo man nicht nur schöne Gerüche hatte. Ich hoffe, ich habe dazu beigetragen, das zu durchlüften”, sagte Klaus Wowereit viele Jahre später.  


Demo gegen die Agenda 2010

Demonstration mit dem Motto "Alle gemeinsam gegen Sozialkahlschlag". Foto: Imago/PEMAX
Demonstration mit dem Motto „Alle gemeinsam gegen Sozialkahlschlag“. Foto: Imago/PEMAX

2003 wurde das ganze Land umgebaut, die rot-grüne Regierungskoalition unter Kanzler Schröder sorgte für drastische Einschnitte bei der Krankenversicherung, beim Bezug von Arbeitslosenhilfe und in vielen anderen Bereichen des Lebens. Dagegen gingen die menschen auf die Straße, auch in Berlin, wie hier bei der Demonstration mit dem Motto „Alle gemeinsam gegen Sozialkahlschlag“.


Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas wird gebaut

Baustelle des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, Dezember 2003. Foto: Imago/PEMAX
Baustelle des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, Dezember 2003. Foto: Imago/PEMAX

Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, wie das Holocaust-Mahnmal in Berlin in der Nähe des Brandenburger Tors offiziell heißt, wurde 2005 vor mehr als tausend Gästen eröffnet, unter ihnen der damalige Bundespräsident Horst Köhler und der Bundeskanzler Gerhard Schröder. Das Foto entstand 2003 während der Bauarbeiten.


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2003 reicht nicht? So sah es zehn Jahre früher aus: Berlin 1993: Tacheles, Loveparade und russischer Abzug. Oder doch lieber ins Berliner Jahr 1983? Und hier geht es ins turbulente Berliner Jahr 1973 und noch weiter zurück nach Berlin im Jahr 1963, zu Hilde Knef, JFK-Besuch, und noch mal zehn Jahre früher Berlin 1953: 12 Fotos der Stadt – Aufstand am 17. Juni, Hollywood und Knautschke. Mehr zur Geschichte Berlins lest ihr in dieser Rubrik.

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