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Gastrotipp

Dorle am Rio-Reiser-Platz glaubt an die Kreuzberger Mischung

Dorle hat am Rio-Reiser-Platz eröffnet: In den Räumen des Bateau Ivre, das schon in West-Berliner Zeiten eine Institution, ein Wohnzimmer für den Kiez gewesen ist – und leider schließen musste. Aber trotz Besitzerwechsel bleibt der Esprit des Gesellschaftslokals der gleiche. An den Tischen sitzen wie immer Stammgäste mit Zeitung, daneben Touristen und Kreuzberger Hipster mit Kater.

Dorle ist eine Café-Kneipe am Rio-Reiser-Platz in Kreuzberg.
Dorle ist Café und Kneipe. Foto: Clemens Niedenthal

Neustart am Rio-Reiser-Platz: Bateau Ivre heißt jetzt Dorle

Eine allseits liebgewonnene Institution zu übernehmen, ist keine leichte Aufgabe. Insbesondere nicht, wenn sie in einem Kiez gelegen ist, der von Verteilungskämpfen, Angst vor Gentrifizierung, Widerstand und Verdrängung geprägt ist. Und an die gefühlt jede:r Zweite:r in dieser Stadt persönliche Erinnerungen an die eigene Jugend oder Gegenwart knüpft. Ein Ort, der ein öffentliches Wohnzimmer und eine sichere Bank zugleich war.

Vielleicht hätte es schon allein deswegen niemand besseres als Enno Luckmann und Louis Greif geben können, die gemeinsam mit dem Moabiter Cateringunternehmer Jaroslav Hrbacek das alte Bateau Ivre am Kreuzberger Heinrichplatz übernommen haben. Nur, dass der Heinrichplatz jetzt Rio-Reiser-Platz heißt. Und das Bateau Ivre also Dorle, was vor allem an den Verbindlichkeiten liegt, die der ehemalige Betreiber hinterlassen hat. Auch deshalb, sagen Luckmann und Greif, sei ihnen geraten worden, den Neustart auch im neuen Namen festzuschreiben.  

Vom Dorle gibt's Ausblick auf Kreuzberger Kult wie Oranienstraße und SO36.
An der Oranienstraße trifft Spritz auf Weizen. Foto: Clemens Niedenthal

Aufgewachsen sind beide selbst auf der Oranienstraße. Luckmann zog es in die Gastronomie, lange managte er das Café in der Markthalle Neun. Greif ist eigentlich Feuerwehrmann, im Einsatz gleich die Straße rauf in der Kreuzberger Wache. Als sie hörten, dass neue Betreiber für das legendäre Lokal auf der Oranienstraße gesucht wurden, war klar: sie mussten es versuchen. Schon allein, weil es ein Stück zuhause ist, der Ort, an dem man die ersten Biere trank und sich mit Freund:innen traf. Herzland Kreuzberg,  gleich gegenüber das SO36 und die Rote Harfe, eine andere Kiezinstitution, die gerade einem gesichtlosen Burgerladen weichen musste.

Dorle hat das alte Bateau Ivre umgekrempelt

Alles zu belassen wie es war, war dennoch keine Option: Nach mehr als dreißig Jahren durchgetrunkener Kreuzberger Nächte musste das alte Bateau Ivre komplett umgekrempelt werden – vom Strom über die Toiletten bis hin zum Holz der Theke. Was so manch alteingesessene Kiezpflanze erst einmal kritisch beäugt hat, wie Luckmann andeutet. „Aber wir wollen niemandem etwas wegnehmen“, sagt Hrbacek. Veränderung macht Angst, klar, aber bei den Umbauten haben die drei darauf geachtet, nicht zu schick zu werden, nicht zu vornehm daher zu kommen. 

Im Dorle gibt's neben Kaffee auch frisch Gezapftes.
Im Dorle gibt’s Kaffee und frisch Gezapftes. Foto: Clemens Niedenthal

Jetzt ist die Theke direkt an der Tür, weil sie so näher an der Küche ist, aber vor allem auch, weil Besucher:innen so direkt willkommen geheißen werden können. Das Gelb der Wände wurde gegen ein zartes Grün getauscht, die Toiletten einmal auf links gedreht und das Mobiliar unaufgeregt und wohnlich erneuert. Der Wein kommt weiterhin von der Weinhandlung Suff, nur wenige Meter die Straße rauf, Wurst und Käse für die Frühstücksplatten von Hillmann nebenan, wo die Mutter von Louis Greif bis heute arbeitet. Es gibt weiterhin gedruckte Zeitungen, „gehört zu einem guten Café einfach dazu“, wie Luckmann sagt, Croissants, hausgemachte Limonade oder Eistee. 

Neu ist die große La Marzocco-Kaffeemaschine und eine Auswahl an sehr guten Cocktails für die Nacht. Und tagsüber wunderbare Frühstücksplatten, hausgemachtes, fair ausgepreistes Granola, wechselnde Quiches und belegte Baguettes. Geplant ist eine einfache, französisch grundierte Küche, lässig und unkompliziert. Aber das kommt mit der Zeit. Kehrt man an einem Freitagabend aber spät ein, ist die Kreuzberger Gesellschaft schon neugierig zurückgekehrt. Fast wirkt es, als sei sie niemals weg gewesen.

  • Dorle Oranienstraße 18, Kreuzberg, Di–Sa 10–0 Uhr, mittelfristig auch früher, Instagram

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