Dialekt

Berliner Kneipenbegriffe: So besteht ihr am härtesten Tresen

Berliner Kneipenbegriffe helfen euch durch die Nacht wie Molle mit Kompott. Mit dem richtigen Wortschatz besteht ihr sogar gegen den härtesten Spritti am Tresen. Wir erweitern euer Stammtischvokabular mit herrlichen Redewendungen und Bezeichnungen aus dem Dialekt der Kneipenhauptstadt. Habt ihr schon Mal von der Pullabrause gehört oder einen Rachenputzer bestellt? Wenn nicht, wird’s aber Zeit. Ab an den Tresen!


Berliner Kneipenbegriffe: Molle mit Kompott

Molle mit Kompott jeht imma. Foto: Imago/Seeliger

„Jemütlich ne Molle zischen jehn? Klar, aber nur mit Kompott!“ Am besten schmeckt das Bier in Alt-Berliner Eckkneipen, wenn es als Molle bestellt wurde. Bei so einem schönen berlinischen Wort gibt man sich ja auch besonders Mühe. Molle ist die Maß der Hauptstadt. Wobei sich diese Bezeichnung nicht auf ein Glas festlegt. Molle gibts aus der Tulpe, aus der Kugel, aus dem Willybecher, aus der Stange, aus dem Humpen und, wenns sein muss, sogar aus dem Maß. Wenn man dann richtig Eindruck machen will und Lust auf Hochprozentiges hat, bestellt man gleich Molle mit Kompott. Heutzutage eher bekannt als Molle und Korn oder Herrengedeck.


Tulpe/Kugel

Berliner Kneipenbegriffe: Am besten schmeckt dit Pils inna Tulpe. Foto: Imago/Sven Lambert

„Bringste uns paar Tulpen rüber, Klausi?“ Die Molle ist das Bier, so viel haben wir im Kneipen-Lexikon schon mal gelernt. Doch in welchem Glas? Klar, man könnte einfach ein Bier bestellen. Groß oder klein, 0,3, 0,4, 0,5 Liter. Wird schon passen. Die Gefahr dabei: Plötzlich steht so ein unsäglicher, dickwandiger Henkel auf dem Tisch und das Bier ist nach 2 Minuten schal. Das wäre doch schade, vor allem weil eine traditionelle Bierglasform aus Berlin zu den Allerschönsten gehört: Die legendäre Tulpe von Schultheiss oder Kindl.

Dünnes Glas, hübsche Rundung, stabiler Fuß, eleganter Hals und oftmals sogar noch ein goldener Trinkrand. Genuss pur und Kneipenkultur sowieso. Die Tulpe ist das Sinnbild der Berliner Eckkneipe und Sehnsuchtsobjekt am verkaterten Bundesliga-Sonntag in der passenden Bar zum Lieblingsfußballverein. Die ballförmige Tulpe kann spezifischer auch als Kugel bezeichnet werden. Wie bei der Blume gibt es tausende Varianten. Doch die Schultheiss-Tulpe bleibt die Hübscheste von allen.


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Berliner Kneipenbegriffe: Pilskragen

Tulpe ohne Pilskragen is doch nischt. Foto: Imago/Francis Joseph Dean/Dean Pictures

„Keule, hör uff, den Pilskragen abzupul’n jetzte!“ Den Hals der Tulpe und die Platte des Tisches schützt der Pilskragen. So ein typisches Objekt, bei dem niemand weiß, wie es heißt, was genau das alles soll, aber das man trotzdem nicht auf dem Fuß seines Bieres missen will. Weitere bekannte Bezeichnungen sind: Pilsdeckchen, Bierrosette oder Tropfenfänger. Da der Pilskragen unzertrennlich mit der Tulpe verbunden ist, lieben wir das saugfähige Papier genauso.


Pullabrause

Berliner Kneipenbegriffe: Abjestandenes Bier? Du meenst wohl Pullabrause. Foto: Imago/Bernd Friedel

„Verzieh dir, mit deene Pullabrause!“ Wenn ein Bierchen stundenlang mit lieblosen Minischlücken verärgert wird, rächt es sich. Der Schaum verzieht sich, es hat sich ausgesprudelt! Nur Bitterkeit bleibt. Plötzlich genießt man keine Molle mehr, auch keine Tulpe, sondern kämpft mit einer schalen Pullabrause. Der berlinische Begriff trifft mal wieder ins Schwarze.


Berliner Kneipenbegriffe: Qualmtüte

Diese Qualmtüten roochen allet voll. Foto: Imago/Thomas Lebie

„Allet volla Qualmtüten hier, ick seh nischt mehr.“ In Berliner Kneipen darf oftmals noch geraucht werden. Gerade in Traditionskaschemmen steht die Luft und die Augen brennen. Gehört halt irgendwie dazu. Meist geht das ja auch in Ordnung, doch selbst die besten Lüftungen kommen nicht gegen die Qualmtüten an. Die Profiquarzer stecken die neue Fluppe mit der vorherigen an und produzieren mehr Rauch als eine Dampflokomotive zu Zeiten der Industrialisierung. Gut geölte Nikotinmaschinen, richtige Qualmtüten halt. Bekannte Gesichter? Diese Kneipen-Charaktere trifft man immer.


Pulle

Berliner Kneipenbegriffe: Trinken wa mal eens direkt aus der Pulle? Foto: Imago/Emmanuele Contini

„Aus der Pulle direkt hinter die Binde jekippt.“ Leuten, die sich in Kneipen ein Bier aus der Flasche bestellen, sollte man nicht vertrauen, immerhin vertrauen sie nicht mal dem Zapfhahn. Gut, in der allerletzten Absteige, wo eh niemand mehr irgendwas schmeckt, ist ein geschlossenes Behältnis wahrscheinlich die sicherere Bank. Wer weiß, wann die Zapfanlage zum letzten Mal gereinigt wurde. Da bekommt man bestimmt Pullabrause und bestimmt nicht aus einer feinen Tulpe. Dann halt aus der Pulle. Besser is‘.


Berliner Kneipenbegriffe: Spritti

In Sprittis Fass passt allet rin. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

„Leg dir nich mit Spritti an, der trinkt alle unter’n Tisch.“ Spritti legt los, Spritti braucht Stoff, Spritti haut alles weg. Dieser schöne, wenn auch etwas ruppige Berliner Kneipenbegriff bezeichnet Kneipengäste, die niemals genug kriegen und so ziemlich alles vernichten, was eine Spur von Alkohol enthält. Spritti kann abwertend verwendet werden – oder mit einer Spur von Bewunderung.


Picheln

Berliner Kneipenbegriffe: Im Seeschloss Pichelsberg wurde noch ordentlich jepichelt. Foto: Imago/Arkivi

„Haut euch man, ick fang jetzt zu picheln an!“, heißt es bei Paul Lincke. Picheln beschreibt das Trinken in hohen Maßen. Nach Feierabend gemütlich picheln gehen. Zur Herkunft des Berliner Kneipenbegriffs, der immer noch oft verwendet wird, gibt es verschiedene Theorien. Ob es auf den rheinischen Pick, eine Bezeichnung für Tresterwein und Schnaps, die französische Version pique oder das niederdeutsche Verb pegeln, was soviel heißt wie saufen oder zechen, zurückgeht, ist nicht belegt.

Die schönste Theorie, warum das Wort so gerne im Berlinischen verwendet wird, dreht sich um den Pichelsberg. Hier wurde im 19. Jahrhundert nämlich richtig ordentlich gepichelt. In der Brauerei Spandauer Bock oder dem Seeschloss Pichelsberg, dessen großer Saal Platz für 1000 trinkfreudige Gäste bot, ging es rund. Schöne Vorstellung: „Komm, wir jehn picheln uff’m Pichelsberg!“


Berliner Kneipenbegriffe: Stampe

Imma jute Stimmung inna Stampe. Foto: Imago/F. Anthea Schaap

Gerade in Berlin wollen viele Bars den Kneipenbegriff neu definieren. Mit ausgefeilten Konzepten, Hängematten, obskuren Gläsern, Dolby-Surround und Live-DJs. Mal ganz nett, wenn überhaupt, aber garantiert nischt für alle Tage. Am Ende tut’s dann halt doch eine der vielen urigen Kneipen in Berlin. Hit-Radio, Tulpen, Sprittis, Qualmtüten, vielleicht eine Dartscheibe und gut ist. Nichts Weltbewegendes, ziemlich runtergerockt, aber gemütlich und um die Ecke. Eine richtige Stampe halt, wie es im Berlinischen heißt. Der Kneipenbegriff geht laut dem Duden auf das Niederdeutsche stampen zurück und beschreibt ein „Tanzlokal niederen Ranges“. Klingt schlimmer, als es ist.


Futschi

Berliner Kneipenbegriffe: Futschi für’n Euro. Da bin ick dabei! Foto: Imago/Schöning

„Futschi Eins fuffzig? Wat kost’ hier der Hektoliter?“, heißt es bei K.I.Z. Der raffinierte Drink aus Weinbrand und Cola ist für Berlin sowas wie die Caipi für Brasilien. Nun ja. Günstig, einfach, schmeckt aber gut. In vielen Alt-Berliner Kneipen hängen die Goldkrone-Flaschen kopfüber von der Wand. Da geht das Zapfen schneller. Schmeckt fast so gut zur Molle wie Korn.


Berliner Kneipenbegriffe: Rachenputzer

Rachenputzer räumt dir von Innen uff. Foto: Imago/Seeliger

„Einjefroren? Rachenputzer taut dir uff!“ Bei diesem Berliner Kneipenbegriff kann man sich direkt vorstellen, was gemeint ist. Ein hochprozentiger Schnaps, der sich ordentlich durch den Hals brennt und von Innen wärmt. Inzwischen tragen auch scharfe Pizzen großer Lieferdienste, Meerrettich aus Mittelfranken und Hustenkräutertees diesen schönen Namen. Wer gerne Starkes trinkt, sollte mal Berlins beste Spirituosenläden besuchen.


Bis in de Puppen

Mal wieda bis in de Puppen jepichelt. Foto: Imago/Panthermedia/tommyandone

„Na, kommste nich aus’n Federn? Wohl ma wieda bis in de Puppen jepichelt.“ Wenn man mal wieder den Absprung nicht geschafft hat und erst morgens aus einer Berliner 24-Stunden-Kneipe nach Hause stolpert, hat man bis in de Puppen durchgemacht. Die Redewendung geht auf die ehemals im weitläufigen Tiergarten aufgestellten Marmorfiguren zurück, zu denen immer ein ziemlicher Fußmarsch zurückgelegt werden musste. Lange hat das gedauert, wie eine ausufernde Kneipennacht.

Die 32 Standbilder von Markgrafen, Kurfürsten, Königen und Kaisern standen bis ins 20. Jahrhundert in der Siegesallee. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Statuen beschädigt, einige von ihnen sind bis heute verschollen. Der Prachtboulevard wurde eingeebnet und die „Puppen“, wie die Berliner Bevölkerung die imperialistischen Denkmäler abwertend bezeichnete, lagen jahrelang unter dem Park des Schlosses Bellevue begraben. Inzwischen kann man die restaurierten Statuen in der historischen Zitadelle Spandau besuchen. Oder man trifft sie in einer langen Nacht. Metaphorisch.


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