Restaurants

Il Calice denkt den Sound der italienischen Küche neu

Das Ohr isst mit (und die Finger tun es jetzt auch): Im Il Calice hat man sich von einem Akustiker beraten lassen, DJs legen auf, die Karte ist auch anders – und all das erzählt von einem Generationenwechsel am Walter-Benjamin-Platz. tipBerlin-Food-Experte Clemens Niedenthal ist wieder einmal begeistert vom dienstältesten unter den sehr guten italienischen Restaurants der  Stadt.

Schneller Teller an der Bar oder abendfüllendes Fine Dining? Im Il Calice sind die Übergänge fließend. Foto: Clemens Niedenthal
Schneller Teller an der Bar oder abendfüllendes Fine Dining? Im Il Calice sind die Übergänge fließend. Foto: Clemens Niedenthal

Der Akustiker des Il Calice berät auch das Berliner Ensemble

Samstags gibt es jetzt einen DJ. Dazu ein Sounddesign von einem Akustiker, der auch das Berliner Ensemble (und das Nobelhart & Schmutzig) in Sachen Schall und dessen Gebrauch berät. Ein semitransparenter, eleganter Vorhang teilt jetzt den Barbereich hin zum Walter-Benjamin-Platz und den dahinter liegenden Gastraum.  Die Wirkung ist frappant: Während es an der Bar (mit einem Glas des wunderbaren Lambrusco von Cantina della Volta in der Hand) nur ein Hüftschwung wäre vom Tafeln bis zum Tanzen, perlen hinter dem Vorhang dezente Beats auf weiß eingedeckte Tische. Ein Hintergrundrauschen eher.

Nur dass – deshalb der Akustiker – in dieser Neuinterpretation des um Neuinterpretationen nie verlegenen Il Calice eben gar nichts rauscht.

Wer Antonio Bragato kennt, weiß um seine Liebe zur Musik

Wer Gastgeber Antonio Bragato kennt, weiß um seine Nähe, seine Liebe zur Musik. Till Brönner ist im Il Calice schon (unangekündigt) aufgetreten.  Auf dem Walter-Benjamin-Platz organisiert Bragato jährlich eine hochkarätige Konzertreihe. Im Restaurant hat der Sound nun einen, wenn schon nicht dienenden, so doch begleitenden Charakter. Wenngleich es auf der neuen Karte, auch das ist Konzept, jetzt eigentlich keine dezidierten Beilagen mehr gibt.

Dafür gibt es Klassiker: eine tiefenaromatische Carbonara etwa (23 Euro), für mich aktuell der begeisterndste Teller Pasta der Stadt. Wobei die Guanciale aus dem Friaul (mit Speck fängt man Menschen) exemplarisch für die ezxentrisch gute Produktqualität im Il Calice steht. Anschließend essen wir das saftige, nussige Milanese vom Iberico (24 Euro) einfach mit den Fingern, tunken es lustvoll in die Zitronenmayonnaise.  Wohin mit den Beilagen? Aber die Ofenpaprika auf einem Tomaten-Ragout (9,50 Euro) funktioniert auch ganz herrlich solo als veganer Gemüsegang.

Generationenwechsel im Il Calice

Dass sich das Il Calice, wohl das dienstälteste unter den sehr guten italienischen Restaurants der  Stadt, also mal wieder ein wenig neu erfindet, erzählt auch von einem Generationenwechsel. Im Restaurant selbst. Sohn Luis Bragato ist kraftvoll ins operative Geschäft eingestiegen, überhaupt ist das Team jung genug, um einige der zuletzt sehr feinen und sehr verfeinerten Teller zugunsten einer merklich intuitiveren Küche zu tauschen. Überhaupt passt die neue Speisekarte in eine sich wandelnde gastronomische Gegenwart: Die Übergänge von ein, zwei schnellen, tollen Tellern an der Bar bis zum abendfüllenden Fine Dining sind jetzt fließend. Und das volle Il-Calice-Erlebnis aufgrund der Idee des tischweisen Teilens zudem günstiger geworden.

Bliebe noch diese Kernkompetenz: die Weine,  nicht nur Antonio Bragatos eigene, er bewirtschaftet seit 20 Jahren Weinberge im Friaul. Die flaschenweise Auswahl unter 50 Euro gleicht einer entdeckungsdurstigen Reise jenseits wie diesseits der Alpen.  Zudem werden rund zwei Dutzend Weine offen ausgeschenkt.

  • Il Calice Walter-Benjamin-Platz 4, Charlottenburg, Di–Fr 12–23 Uhr, Sa 13–23 Uhr, online

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