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Filmkritik

„Tribute von Panem“-Prequel: Der neue Film ist beste Kino-Unterhaltung

Die „Tribute von Panem“-Reihe zieht seit mehr als zehn Jahren Massen an Teenies in die Kinos. Jetzt bringt Hausregisseur Francis Lawrence mit dem Spin-off „The Ballad of Songbirds and Snakes“ ein bildgewaltiges Action-Spektakel auf die Leinwand, das von den Anfängen der „Hunger Games“ erzählt. tipBerlin-Kritikerin Paula Schöber findet, man kann sich in den zweieinhalb Stunden bestens entertainen lassen.

„The Ballad of Songbirds and Snakes“ widmet sich der Jugend des späteren Panem-Präsidenten Coriolanus Snow (Tom Blyth), der in den „Hunger Games“ Lucy Gray Baird (Rachel Zegler) als Mentor betreut. Foto: Lionsgate/Leonine Studios

„The Ballad of Songbirds and Snakes“ ist ein Prequel zu den alten „Tribute von Panem“-Filmen

Einige Kinos spielen die Sommer-Mega-Hits „Barbie“ und „Oppenheimer“ noch, aber so langsam hat fast jeder zumindest eine Hälfte von „Barbenheimer“ gesehen, und das Kino-Publikum ist wieder bereit für den nächsten Wummer aus Hollywood. Erst recht im grau-dunklen November, in dem obendrein noch der zweite Teil des Sci-Fi-Hits „Dune“ starten sollte, der aufgrund der Streik-Situation in Hollywood jedoch in den Frühling verschoben wurde. Ziemlich gute Bedingungen also für das „Tribute von Panem“-Spin-off „The Ballad of Songbirds and Snakes“.  

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Bei dem inzwischen fünften Teil der „Tribute von Panem“-Filmreihe handelt es sich um ein Prequel, das den Aufstieg des jungen Coriolanus Snow (Tom Blyth) erzählt, der in der Original-Trilogie kaltblütiger Präsident von Panem und Erzfeind der Heldin Katniss Everdeen ist. „The Ballad of Songbirds and Snakes“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Suzanne Collins aus dem Jahr 2020. Wie schon im allerersten „Tribute von Panem”-Film war Collins auch bei „The Ballad of Songbirds and Snakes” am Drehbuch beteiligt; Regie führte wie bei fast allen „Panem”-Filmen Francis Lawrence. 

Im neuen „Tribute von Panem“-Spinoff macht Jason Schwartzman als Moderator Lucretius „Lucky“ Flickermann Stanley Tucci („Hunger Games“-Moderator in den alten Panem-Filmen) Konkurrenz. Foto: Lionsgate/Leonine Studios

Schauplatz im Spin-off ist wieder das dystopische Panem, diesmal aber 64 Jahre, bevor die Handlung im ersten „Tribute von Panem”-Teil einsetzt: Der Bürgerkrieg ist erst zehn Jahre her, und damit findet auch die zehnte Ausgabe der „Hunger Games” statt. Für die barbarischen Abschlachtungs-Spiele, die nach dem Krieg eingeführt wurden, um die unterdrückten Distrikte von Widerstand und Auflehnung gegen das Kapitol abzuschrecken, aber auch, um die Kriegs-Gewinner im Kapitol zu unterhalten, interessiert sich nach zehn Jahren niemand mehr. Das Ganze muss irgendwie aufgepeppt werden. Also bekommt jeder Tribut einen Mentor zur Seite gestellt, und die Spiele werden Teil einer Fernseh-Show, mit Moderator und allem.  

Der junge Coriolanus Snow gibt alles für seinen Tribut aus Distrikt 12

Blöd ist das für den 18-jährigen Coriolanus Snow, dessen einst (einfluss-)reiche Familie im Krieg verarmt ist, und dessen einzige Chance, in der Welt des Kapitols wieder aufzusteigen, darin liegt, als Mentor den hoffnungslosen Tribut aus Distrikt 12, Lucy Gray Baird (Rachel Zegler), zum Sieg in den „Hunger-Games” zu verhelfen. Was anfänglich hoffnungslos scheint, wird im Laufe des Films immer realistischer: Nicht nur wegen des Show-Talents, das der jungen Musikerin Lucy Gray in den Spielen zugute kommt, auch dank der Gefühle, die Snow für die freche und furchtlose Sängerin entwickelt. Er setzt deswegen alles dran, seinen Tribut in der Arena so lange wie möglich am Leben zu halten. 

Lucy Gray Baird (Rachel Zegler) muss für Distrikt 12 in den „Hunger Games“ antreten. Musikalische Begabung und Show-Talent helfen ihr dabei. Foto: Lionsgate/Leonine Studios

Der neue „Tribute von Panem“-Film ist in drei Kapitel aufgeteilt: die Zeit vor den Spielen, in der sich die Romanze zwischen Snow und Lucy Gray entwickelt, die Spiele selbst, und die Zeit danach, die Snow als Soldat in einem äußeren Distrikt verbüßen muss. Während die ersten beiden Teile ziemlich kohärent und kurzweilig daherkommen, verliert das letzte Kapitel schnell seinen roten Faden. In den ersten zwei Dritteln des Films wird man als Zuschauer fast schon an die Hand genommen (was bei so einem Film durchaus nicht schlecht ist – man kann sich einfach zurücklehnen und entertainen lassen), im letzten Drittel aber kommt man ganz schön durcheinander, und muss jeden Handlungsstrang selbst interpretieren. 

Es ist also gar nicht die Spiellänge von zweieinhalb Stunden – die ein High-Budget-Teen-Action-Dystopie-Spektakel wie dieses durchaus vertragen kann – die dafür sorgt, dass „The Ballad of Songbirds and Snakes” sich am Ende so unbequem zieht, sondern vielmehr ein schlechtes drittes Kapitel, dem jede Logik fehlt. 

Das „Tribute von Panem“-Spinoff wartet mit großen Hollywood-Namen und Berliner Kulissen auf

Gute Unterhaltung ist „The Ballad of Songbirds and Snakes” trotzdem, nicht zuletzt wegen der starken schauspielerischen Leistungen und großen Effekte. Tom Blyth spielt Coriolanus Snow in seiner Ambivalenz zwischen Gut und Böse genau richtig, und Rachel Zegler, die mit der Rolle der Maria in Steven Spielbergs Neuverfilmung von „West Side Story” ihr Kinodebüt feierte, darf als lebensfrohe Country-Folk-Sängerin auch das ein oder andere Mal ihr Musical-Talent zum Besten geben. Jason Schwartzman als erster Moderator der „Hunger Games” macht Stanley Tuccis Moderations-Performance in den Original-Filmen alle Ehre. Und Hollywood-Größen wie Viola Davis als oberste Spielemacherin und Peter Dinklage als verbitterter Erfinder der brutalen Spiele überzeugen in ihren exzentrischen Rollen genauso wie ihre jüngeren Kollegen Hunter Schafer und Josh Andrés Rivera. 

Farbenfrohe und exzentrische Outfits sind Panem-Fans schon aus den alten Filmen gewohnt: Die oberste Spielemacherin Dr. Gaul alis Viola Davis ist aber auch ziemlich stylish. Foto: Lionsgate/Leonine Studios

Was zudem ebenso verwirrend wie aufregend ist: Vor allem am Anfang des Films kann man im neuen „Tribute von Panem“-Prequel immer neue Berlin-Kulissen entdecken. Gedreht wurde nämlich hauptsächlich in Babelsberg, Berlin, im Ruhrgebiet und in Polen. Man muss aber sagen: So cool und gut für die deutsche (Film-)Wirtschaft es auch ist, dass ein Großteil der Szenen in Deutschland, insbesondere Berlin und Babelsberg gedreht wurden, so makaber ist es an einigen Stellen. Die Industrie-Überreste im Ruhrgebiet, Berliner Schinkel-Bauten, ja sogar das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig und die stalinistische Architektur der Karl-Marx-Allee mögen ja starke Kulissen bieten. Aber wenn ein Nazi-Monumentalbau als Kulisse für eine Arena herhalten muss, in der ein faschistoides Regime Jugendliche dazu zwingt, sich gegenseitig abzuschlachten, hat das doch einen ziemlich fragwürdigen Effekt. Bei den unübersehbaren Mengen an CGI, die im Film verwendet wurden, wäre es vielleicht verkraftbar gewesen, auf das Olympiastadion als Drehort zu verzichten und die Arena nicht nur zur Hälfte, sondern komplett zu animieren. Welche Berliner Drehorte ihr in „Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds & Snakes“ seht, zeigen wir euch hier

Wenn man diese diskutable Kulissen-Entscheidung außer Acht lässt, Regisseur Francis Lawrence das durcheinandergeratene dritte Kapitel verzeiht, und außerdem damit klarkommt, dass die Gewalt in den „Hunger Games” diesmal deutlich expliziter als in den vorangegangenen Filmen dargestellt wird, ist „The Ballad of Songbirds and Snakes” nicht mehr und nicht weniger als spannende Kino-Unterhaltung. 

  • Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes USA 2023; 157 Min.; R: Francis Lawrence; D: Tom Blyth, Rachel Zegler, Viola Davis, Peter Dinklage; Kinostart: 16.11.

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