Berlin verstehen

Gefängnisse in Berlin: Stadtgeschichte hinter verschlossenen Türen

Wann das erste Gefängnis in Berlin entstand, ist nicht sicher bestimmt. Ganz sicher wurde bereits im 16. Jahrhundert die Zitadelle Spandau als Gefängnis für preußische Gefangene genutzt. Arrestzellen, Zuchthäuser, Kerker und Gefängnisse gehören zu Städten dazu.

Hier folgt die Geschichte von 12 Berliner Gefängnissen: Haftanstalten im Nationalsozialismus und in der DDR, prominenten Häftlinge, spektakuläre Fluchtversuche und der Alltag hinter verschlossenen Türen.


Zitadelle Spandau

Gefängnis Berlin: Zitadelle Spandau um 1892. Foto: Imago/Imagebroker
Zitadelle Spandau um 1892. Foto: Imago/Imagebroker

Die gewaltige Spandauer Festung entstand in der Ära der Hochrenaissance, knapp 40 Jahre wurde an ihr gebaut, von 1557 bis 1594. Schweden und Franzosen haben sie belagert, heute dient sie als Museum und Veranstaltungsort für Konzerte und Mittelaltermärkte und ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Spandau.

Im Laufe ihrer Geschichte nutzten die Stadtherren den massiven Bau immer wieder auch als Gefängnis. Bereits 1571 hielt man dort Anna Sydow gefangen, die Geliebte des verstobenen Kurfürsten Joachim II. Noch bis ins frühe 19. Jahrhunderte hat man in der Zitadelle Spandau preußische Gefangene untergebracht.

  • Zitadelle Spandau Am Juliusturm 64, Spandau

Frauengefängnis in der Barnimstraße

Das Frauengefängnis in der Barnimstraße, 1931. Foto: Imago/United Archives International
Das Frauengefängnis in der Barnimstraße, 1931. Foto: Imago/United Archives International

1864 ließ man im Herzen von Berlin, ein Stück oberhalb des Alexanderplatzes, ein so genanntes Schuldgefängnis errichten. Eine Haftanstalt für Personen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sind. Da die Schuldhaft in Preußen aber kurz darauf abgeschafft wurde, verwandelte man den Bau in das „Königlich-Preußischen Weiber-Gefängnis“. Mitsamt einer Entbindungs- sowie einer Mutter-und-Kind-Station.

Bis zu 500 Frauen konnten darin gefangen gehalten werden. Die Haftgründe waren meist mindere Delikte und die Prostitution, im frühen 20. Jahrhundert zunehmend aber auch politische Vergehen. Rosa Luxemburg, die zu den bedeutendsten Berlinerinnen des vergangenen Jahrhunderts gehört, saß gleich zweimal, 1907 und 1914, im Frauengefängnis in der Barnimstraße Haftstrafen ab.

Die Gestapo übernahm die Anstalt und nutzte sie bis 1945 als Untersuchungsgefängnis und hielt dort unter anderem Mitgliederinnen der Widerstandsgruppe Rote Kapelle und des Berliner Arbeiterwiderstands fest.

Nach dem Krieg wurde das Gefängnis bis 1977 weitergenutzt, danach erfolgte der Abriss. Heute befindet sich an dem Ort eine Gedenktafel, die an die dort gefangenen Widerstandskämpferinnen erinnert.

  • Gedenktafel Barnimstraße 10, Friedrichshain

SA-Gefängnis Papestraße

Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße. Foto: Imago/Schöning

Eigentlich waren die Ziegelsteinbauten an der General-Pape-Straße, die die Bezirke Schöneberg und Tempelhof verbindet, Kasernen der Eisenbahnpioniere. Doch ein Teil des Areals fiel in der Anfangszeit des Nationalsozialismus einem düsteren Zweck anheim.

Im Keller des Gebäudes am Werner-Voß-Damm 54a unterhielt die SA von März bis Dezember 1933 ein Gefängnis, in dem sie politische Gefangene, jüdische Geschäftsleute wie den Kaufhausgründer Nathan Israel, Freidenker und Befürworter der Weimarer Republik festhielt. Heute erinnert der Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße an die Geschichte des Ortes. 12 Gedenkstätten in Brandenburg haben wir in einer eigenen Liste zusammengestellt.

  • Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße Werner-Voß-Damm 54a, Tempelhof

Kriegsverbrechergefängnis in Spandau

Gefängnis Berlin: Kriegsverbrechergefängnis in Spandau, 1986. Foto: Imago/Sven Simon
Kriegsverbrechergefängnis in Spandau, 1986. Foto: Imago/Sven Simon

Im späten 19. Jahrhundert hat man unweit der Zitadelle Spandau eine so genannte Festungshaftanstalt für Militärangehörige errichtet. Ein Militärgefängnis also. Ab 1933 hielten dort die Nazis politische Gegner fest, darunter auch prominente Persönlichkeiten wie die Autoren Egon Erwin Kisch und Carl von Ossietzky.

Nach dem Krieg übernahmen die Alliierten das Gefängnis und brachten dort sieben hochrangige in Nürnberg verurteilte Kriegsverbrecher unter, unter ihnen waren Hitlers Architekt Albert Speer, der NSDAP-Reichsjugendführer Baldur von Schirach und Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß, der ab 1966 der einzige Häftling im Kriegsverbrechergefängnis in Spandau war. Nach dessen Tod im August 1987 wurde das Gebäude abgerissen.

  • Kriegsverbrechergefängnis in Spandau (abgerissen) Wilhelmstraße, Spandau

Ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit in Hohenschönhausen

Gedenkstätte Hohenschönhausen, 1996. Foto: Imago/Teutopress
Gedenkstätte Hohenschönhausen, 1996. Foto: Imago/Teutopress

Schon während des Zweiten Weltkrieges existierte auf dem Gelände in Hohenschönhausen ein Zwangsarbeiterlager. Nach dem Kriegsende hat der sowjetische NKWD dort ein Speziallager für politische Häftlinge eingerichtet, in dem bis zu 20.000 „feindliche Elemente“ gefangen gehalten wurden.

1951 übernahm das kurz zuvor gegründete Ministerium für Staatssicherheit (MfS) auf dem Gelände ein zentrales Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit, das bis 1990 in Betrieb war. In dem wichtigsten Gefängnis der Stasi wurde mehr als 10.000 Häftlinge vernommen, in Isolationshaft gesteckt und gefoltert, teilweise über Jahre und stets vor dem eigentlichen Gerichtsprozess.

Die Untersuchungshaftanstalt in Hohenschönhausen gilt als eine der grauenvollsten Institutionen der DDR. Heute erinnert eine Gedenkstätte an das dort begangene Unrecht.

  • Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Genslerstraße 66, Lichtenberg

Gefängnis Rummelsburg

Stacheldraht auf den Wachturm im alten Gefängnis in Stralau, um 2000. Foto: Imago/Enters
Stacheldraht auf den Wachturm im alten Gefängnis in Stralau, um 2000. Foto: Imago/Enters

Nach früherer Nutzung als Arbeitslager und als „Städtisches Arbeits- und Bewahrungshaus Berlin-Lichtenberg“ mit einer Sonderabteilung für Homosexuelle in der NS-Zeit, übernahm ab 1945 die Volkspolizei das Gefängnis Rummelsburg. Mehrere tausend Häftlinge wurden dort untergebracht. Im Oktober 1990 wurde das Gefängnis geschlossen.

Nach der Wiedervereinigung standen die Gebäude viele Jahre leer, bis sie 2007 von der Maruhn-Immobiliengruppe übernommen und zu Miet- und Eigentumswohnungen umgebaut wurden. Heute heißt das Areal „BerlinCampus“. Ein aus drei Stelen bestehender Gedenk- und Informationsort erinnert an die Vergangenheit des Geländes.

  • Informations- und Gedenkort Rummelsburg Hauptstraße 8, Lichtenberg

Justizvollzugsanstalt Moabit

Gefängnis Berlin: JVA Moabit. Foto: Imago/Jürgen Ritter
JVA Moabit. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Es ist vielleicht das berühmteste Gefängnis in Berlin. Mitten in Moabit, unweit des Amtsgerichts steht der gut geschützte Klinkerbau mitten in der Stadt. Die Justizvollzugsanstalt Moabit. Knapp 1000 Haftplätze hat die Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Haftanstalt. Sie ist derzeit für den Vollzug der Untersuchungs- und Auslieferungshaft von Männern über 21 zuständig.

Die Liste der prominenten Inhaftierten liest sich wie ein Geschichtsbuch: Der RAF-Terrorist Andreas Baader, DDR-Liedermacher Kurt Demmler, der Karstadt-Erpresser Arno Funke alias „Dagobert“ und die Spitzenpolitiker der SED wie Erich Honecker, Egon Krenz und Erich Mielke saßen hier ein.

  • Justizvollzugsanstalt Moabit Alt-Moabit 12a, Mitte

Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg

Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg, 2018. Foto: Imago/Bernd Friedel

Seit 1923 werden in Deutschland Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren nach dem Jugendgerichtsgesetz behandelt. Eine Institution, die sich in Berlin um die minderjährigen Delinquenten kümmert ist die Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg am Friedrich-Olbricht-Damm 36.

36 Jungs und sechs Mädchen haben hier Platz. Es gibt einfache Zimmer, einen Küchenbereich, Gruppenraum, TV-Raum und Duschräume, zudem organisiert ein Förderverein in der Einrichtung Lesungen und Filmabende sowie weitere Projekte.

  • Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg Friedrich-Olbricht-Damm 36, Charlottenburg-Nord

Justizvollzugsanstalt für Frauen (Lehrter Straße)

Gefängnis Berlin: Justizvollzugsanstalt für Frauen Lehrter Straße 61, 2009. Foto: Imago/Sven Lambert
Justizvollzugsanstalt für Frauen Lehrter Straße 61, 2009. Foto: Imago/Sven Lambert

In der Lehrter Straße befanden sich einst gleich mehrere Gefängnisse. Die Straße, die den Hauptbahnhof mit Moabit verbindet, war einst weitläufig, leer und industriell geprägt. Heute stehen dort viele Neubauten mit schicken Eigentumswohnungen. Die Gefängnisse gehören jedoch zu ihrer Geschichte dazu.

In der Lehrter Straße 1-5 befand sich das 1840 errichtete Zellengefängnis Lehrter Straße, es existierte dort bis zum Abriss in den späten 1950er-Jahren. An der Hausnummer 61 befand sich hingegen bis 1985 die Justizvollzugsanstalt für Frauen. Nach dem geglückten Ausbruch von vier Terroristinnen im Jahr 1976 entschied man sich gegen den historischen Standort und verlegte die Insassinnen 1985 in die neu gebaute Vollzugsanstalt für Frauen am Friedrich-Olbricht-Damm in Charlottenburg.

  • Ehemalige Justizvollzugsanstalt für Frauen Lehrter Straße 61, Tiergarten

Justizvollzugsanstalt Hakenfelde

Justizvollzugsanstalt Hakenfelde, um 2005. Foto: Imago/Mauersberger
Justizvollzugsanstalt Hakenfelde, um 2005. Foto: Imago/Mauersberger

Die Justizvollzugsanstalt Hakenfelde, liegt beschaulich am nördlichen Rande der Altstadt Spandau. Es handelt sich hierbei um eine Anstalt des Offenen Vollzuges. Was bedeutet, dass weit weniger bis nahezu keine Vorkehrungen gegen Flucht und Ausbrüche getroffen werden. Die Häftlinge haben meist geringe Haftstrafen, gehen oft einer geregelten Arbeit nach, haben ein Anrecht auf Urlaub und Ausgang, müssen aber ansonsten ihren Alltag in der Anstalt verbringen.

  • Justizvollzugsanstalt Hakenfelde Niederneuendorfer Allee 140 – 150, Spandau

Justizvollzugsanstalt Plötzensee

Gefängnis Berlin: Justizvollzugsanstalt Plötzensee, Friedrich-Olbricht-Damm, Charlottenburg. Foto: Imago/Joko
Justizvollzugsanstalt Plötzensee, Friedrich-Olbricht-Damm, Charlottenburg. Foto: Imago/Joko

Die Berliner Gefängnisgeschichte hat durchaus Kontinuitäten, vor allem in Plötzensee. Am Friedrich-Olbricht-Damm befindet sich ein Jugendarrest, ein Frauengefängnis sowie die JVA für Männer, die historisch zum Königlich Preußischen Strafgefängnis Plötzensee führt.

Die Anstalt blickt auf bald 150 Jahre zurück: Im Kaiserreich, während zwei Weltkriegen und während der Teilung der Stadt bis ins wiedervereinigte Berlin saßen hier „schwere Jungs“ ein. In der NS-Zeit wurde in Plötzensee auch die Todesstrafe vollstreckt, woran unter anderem die Gedenkstätte Plötzensee erinnert. 2018 gelang es mehreren Häftlingen, in kürzester Zeit aus der JVA Plötzensee zu entfliehen, was die Strafanstalt in die Schlagzeilen brachte.

  • Gedenkstätte Plötzensee Hüttigpfad 16, Charlottenburg-Nord

Justizvollzugsanstalt Tegel

JVA Tegel, 2020. Foto: Imago/Jürgen Ritter
JVA Tegel, 2020. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Seit 1898 ist die Justizvollzugsanstalt Tegel in Betrieb, sie gehört zu den größten und ältesten Gefängnissen des Landes. 13 Wachtürme und eine knapp 1,5 Kilometer lange Mauer umschließt die knapp 1000 Häftlinge.

Zu den bekanntesten Insassen gehörten Wilhelm Voigt, der als Hauptmann von Köpenick Geschichte schrieb. Der Theologe Dietrich Boenhoeffer war in der NS-Zeit in Tegel inhaftiert und auch der als Deso Dogg bekannt gewordene Rapper und spätere Islamist Denis Cuspert verbüßte in Tegel eine Haftstrafe.

  • Justizvollzugsanstalt Tegel Seidelstraße 39, Tegel

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